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Schülerengagement gegen den täglichen Rassismus

Die Gertrud-Bäumler-Realschule in Dortmund hat vor zwei Jahren das Zertifikat "Schule ohne Rassismus" erhalten. Denn mindestens 70 Prozent der Schüler und Lehrer setzen sich gegen jegliche Form von Rassismus, Gewalt oder Mobbing ein.

Von Dirk Biernoth | 16.03.2013
    Gleich in der Eingangshalle der Schule hängt eine riesige Weltkarte. Die Schüler haben hier eingezeichnet, aus welchen Ländern sie beziehungsweise ihre Vorfahren stammen. Es war das erste Projekt im Rahmen der Anti-Rassismus-Zertifizierung. Insgesamt sind 27 Länder auf der Karte zusammengekommen. Die Gertrud-Bäumler-Realschule liegt in der nördlichen Innenstadt von Dortmund. Der Ausländeranteil in diesem Stadtviertel liegt bei 42 Prozent, in der Realschule selbst sogar bei 90 Prozent. Einige Schüler haben schon erlebt, was Rassenhass auslösen kann. So auch die 16-jährige (*Anmerkung der Redaktion: Name auf Bitte der Protagonistin entfernt). Ihre Familie stammt aus Mazedonien.

    "Bei mir war es so, dass meine Mutter mir mal erzählt, als wir klein waren, haben wir noch woanders gewohnt, dass unser Haus halt angezündet wurde. Und in diesem Haus haben ja nur Ausländer gewohnt und darum herum nur Deutsche. Und dann meinten die Deutschen: 'Verbrennt doch ihr Ausländer!'"

    Während die Dortmunder Nordstadt einen hohen Ausländeranteil hat, fällt der Westen der Stadt durch einen hohen Skinhead-Anteil auf. Der Stadtteil Dorstfeld gilt als Hochburg der Neonazis. (*Anmerkung der Redaktion: Name auf Bitte der Protagonistin entfernt), eine Mitschülerin von (*Anmerkung der Redaktion: Name auf Bitte der Protagonistin entfernt), meidet dieses Gebiet deshalb.

    "In Dorstfeld kann ich mir vorstellen, dass ich auffalle mit meinem Aussehen. Ich habe da jetzt einen Zahnarzt, da gehe ich jetzt nicht so gerne hin. Ich muss da eigentlich nur aussteigen und dann bin ich direkt davor, aber ich fühle mich da nicht wohl irgendwie, weil ich weiß ja nicht, wie die aussehen. Aber ich weiß, dass die da sind."

    Dortmund ist also ein heißes Pflaster, was das Miteinander der verschiedenen Nationen und Kulturen angeht. Deswegen sei es wichtig, gerade in der Schule einen vernünftigen Umgang zu üben, sagt Lehrerin Ursula Kortmann, die sich um das Rassismus-Projekt an der Gertrud-Bäumler-Realschule kümmert. Ihr ist es wichtig,

    "dass wir respektvoll miteinander umgehen, dass wir mehr auf uns achten, dass wir an Projekten, an Aggressionstrainings teilnehmen. Solche Projekte versuchen wir zu organisieren mit den Schülern in allen Jahrgangsstufen. So etwas geht nicht in einer Woche. So etwas dauert eben."

    Die Dortmunder Realschule macht erst seit zwei Jahren bei der Aktion "Schule ohne Rassismus" mit. Viele Dinge sind noch im Aufbau. Ein Mentalitätswechsel geht eben nicht von heute auf morgen. Aber immerhin sind bisher schon drei Projekte auf den Weg gebracht worden. Neben der Erstellung der Weltkarte haben die Schüler einen Lauf gegen Rechts organisiert. Fast 2000 Euro sind dabei für eine Opferschutzorganisation zusammengekommen. Außerdem hat eine Ausschwitz-Überlebende in den Klassen über ihre Erfahrungen mit Rassenhass berichtet. Durch die Projekte werden alle Schüler sensibilisiert für das Thema Rassismus und Mobbing. Gerade deutsche Schüler hätten es bisher nicht immer leicht gehabt, erzählt (*Anmerkung der Redaktion: Name auf Bitte der Protagonistin entfernt).

    "Wir hatten in der sechsten Klasse einen Schüler, der war Deutscher und der wurde, weil er auch so gut deutsch sprechen konnte, ein bisschen viel gemobbt. Ich sage das Mal so harmlos, aber das war schon ein bisschen krass, weil er hat geredet und alle haben gelacht. Es gab schon drei, vier Leute, die gesagt haben: "Hört auf!", aber er hat sich selbst anscheinend nicht wohlgefühlt. Und er hat dann auch die Schule gewechselt."

    Das ist jetzt fünf Jahre her. Heute – da sind sich (*Anmerkung der Redaktion: Name auf Bitte der Protagonistin entfernt) und (*Anmerkung der Redaktion: Name auf Bitte der Protagonistin entfernt) einig – könnte das zwar gerade in niedrigen Klassenstufen immer noch vorkommen, aber durch das Projekt "Schule ohne Rassismus" gebe es auch immer mehr Schüler, die andere vor Gewalt und Mobbing schützen würden.