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Schürfen am Meeresgrund

Lagerstättenkunde. - Weil Bodenschätze wie Gold, Silber und Kupfer immer rarer werden, sind allmählich auch Lagerstätten interessant, deren Erschließung bislang zu kostspielig war - Vorkommen tief unten am Meeresgrund beispielsweise. Dort zu finden sind die so genannten Massivsulfide: Schwefelverbindungen, die jede Menge Metall enthalten, auch Silber und Gold.

Von Frank Grotelüschen |
    Er sei der erste Geologe überhaupt gewesen, der Anfang der 80er Jahre diese Dinger auf dem Meeresboden hat herumliegen sehen. Er, das ist Steven Scott, Professor an der Universität Toronto in Kanada. Diese Dinger, das sind so genannte Massivsulfide - schwefelhaltige Erze reich an Metallen wie Kupfer, Silber, Zink, und Gold.

    " Sie sitzen direkt auf dem Meeresboden. Man könnte sie abbauen, ohne viel Gestein wegschaffen zu müssen: Man schnappt sich einfach sich das Erz und bringt es an die Oberfläche. Einige der Vorkommen sind extrem reich an Kupfer und Gold, zum Beispiel vor Papua-Neuguinea. Der Metallgehalt ist deutlich höher als das, war man heutzutage an Land findet. "

    Zu verdanken sind die Bodenschätze dem unterseeischen Vulkanismus: Kilometer unter dem Meeresgrund erhitzt glühendes Magma Wasser auf mehrere hundert Grad und presst es mit Hochdruck nach oben.

    " Die Flüssigkeit drängt sehr schnell hoch. Auf dem Weg nach oben reagiert sie mit dem Gestein und löst Metalle heraus. Dann sprudelt das Wasser mit Temperaturen bis zu 420 Grad aus dem Boden und vermischt sich mit dem kalten Seewasser. Die Metalle werden ausgefällt und bilden lange, dünne Schlote. Irgendwann fallen diese dünnen Schlote dann um, und im Laufe der Zeit stapeln sie sich zu Hügeln. Die größten dieser Hügel würden ein Fußballstadion ausfüllen. "

    Manche dieser Massivsulfid-Schichten werden 20 Meter dick. Pro Tonne können bis zu 100 Kilogramm Kupfer enthalten, 400 Gramm Silber und immerhin 15 Gramm Gold. Der Haken: Die Schätze ruhen in der Tiefsee, etwa in der Bismarcksee vor Papua-Neuginea in 1600 Metern Tiefe. Um sie zu bergen, sagt Steven Scott, braucht es ferngesteuerte Roboter.
    " Man würde die Maschinen auf dem Meeresboden absetzen. Diese Maschinen hätten vorne ein Schneidesystem, mit faustgroßen Metallzähnen, die das Erz abbrechen und zermahlen. Zum Glück ist das Zeug ziemlich weich - man könnte es sogar mit der Hand abbrechen. Das zermahlene Erz soll dann mit Druckluft durch Röhren zu einem Schiff transportiert werden - eine im Großen und Ganzen bewährte Technologie. "

    Umweltschützer befürchten, dass das Schürfen am Meeresgrund der Fauna und Flora gehörig zusetzen wird. Steven Scott aber hält das für verantwortbar.

    " Natürlich gibt es den Umweltaspekt. Und den muss man ernst nehmen. Aber die Tiere leben vor allem dort, wo die heißen Quellen sind. Und dort können und wollen wir unseren Roboter ja gar nicht betreiben - das heiße Wasser würde sie zerstören. Nein, wir würden nur die toten Berge abbauen, wo kein heißes Wasser mehr rauskommt. Da leben zwar auch Tiere, aber die sind nicht besonders selten. Also: Die Wahrscheinlichkeit, ökologische Schäden anzurichten, ist sehr begrenzt. "

    Zurzeit sind zwei Firmen dabei, die Meeresböden gezielt nach Massivsulfiden zu durchforsten. Die eine, Neptun Minerals, erkundet die Gewässer vor Neuseeland. Die andere, Nautilus Minerals, sucht ihr Glück in der Bismarcksee vor Papua-Neuguinea.

    " Beide haben schon Probebohrungen gemacht und wissen nun ungefähr, wie viele Tonnen es da unten gibt und welchen Metallgehalt das Gestein hat. Sobald diese Firmen dann glauben, dass sich das Ganze lohnt, werden sie Lizenzen für den Abbau beantragen. Und wenn alles klappt, könnte es 2009 mit dem Tiefseebergbau losgehen - also schon sehr bald. "