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Schützen statt Jagen

Schneeleoparden wurden jahrzehntelang wegen ihres Felles gnadenlos gejagt. Die Raubkatzen zogen sich immer weiter in die eisigen Höhen des Himalayas und des Karakorums zurück, aber die Jäger folgten ihnen. Ein Umweltprojekt versucht nun, aus den ehemaligen Leopardenjägern Leopardenschützer zu machen.

Von Günther Keiffenheim | 20.11.2007
    Skardu war einst Sitz des mächtigen Königreiches Baltistan. Heute ist der unscheinbare Flecken nördlich des pakistanischen Kaschmir Startpunkt für Trekkingtouren in die Himalaja- und Karakorum-Berge und Expeditionen von Ökotouristen. In Baltistan leben die letzten Himalaja-Braunbären, Wölfe, Steinböcke, Murmeltiere und Schneeleoparden.

    "In unserem Gebiet finden wir das Habitat des Schneeleoparden. Du kannst sie hauptsächlich in den Gebirgszügen des Karakorum und des Himalaja finden. Ich schätze, hier bei uns leben augenblicklich zwischen einhundert und dreihundert Tiere. Aber ihre Zahl wächst und soll in Zukunft weiter wachsen."

    Erzählt Ghulam Muhammad, Chef des Project Snow-Leopard, PSL, das sich dem Schutz der seltenen Großkatzen verschrieben hat. Skrupellose Trophäenjäger haben dem Schneeleoparden in der Vergangenheit arg zugesetzt. Sie haben seine Hauptnahrungsquelle - den Himalajasteinbock - fast ausgerottet, haben Murmeltiere wegen ihrer Felle gejagt. Schneeleopardenfelle sind in der Mongolei sehr beliebt und werden nahezu mit Gold aufgewogen. Doch leopardensichere Ställe für die Bergbauern und ein Jagdverbot verschaffen der kleinsten unter den Großkatzen einen gewissen Schutz. Im Baschatal, nördlich von Skardu, führt Faraz Besil, Bergführer aus dem Dorf Sisko zum Gletscher Gan Chang, denn dort lebt der König der Gletscher.

    "Ich erinnere mich noch genau, wann ich als junger Mann zum ersten Mal einen Schneeleoparden gesehen habe. Zuerst dachte ich, nun, da sitzt eine große Hauskatze, die sich in die Höhe verirrt hat. Dann setzte er sich in Bewegung und ich war vollkommen überrascht von seiner Größe. Ich stand wie festgenagelt, unfähig irgendetwas zu tun. Nach einer Weile lief er aber weg und da erkannte ich erst wie groß er war."

    Noch heute zittern seine Hände, wenn er von der unheimlichen ersten Begegnung spricht. Der Dorfälteste Ali Hasan sagt, unsere Haltung hat sich gewandelt:

    "Früher dachten die Leute hier, dass er unser Feind ist. Heute zählen wir ihn dank dieser Organisation zu unserem Reichtum, den wir schützen müssen. Wir müssen einfach unsere Rinder und Ziegen schützen und besser auf sie achten, dann können wir gemeinsam hier leben. Das haben sie uns beigebracht."

    Seit zehn Jahren arbeitet PSL und seit sie den Leoparden schützen, hat sich deren Anzahl verdreifacht. Die Bergbauern in Sisko haben Kameras an bevorzugten Plätzen des Schneeleoparden im ewigen Schnee installiert, verkaufen Fotos und verdienen mit Touristen ihr Geld. Ghulam Muhammad betreibt neben Tierschutz auch ein Trekkingunternehmen. Wer mit ihm zum Schneeleoparden will, muss sich an Ökoregeln halten:

    "Alle Touristen und alle, die bei meinen Touren mitmachen wollen, müssen ein Umweltbewusstsein entwickeln. Die saubere Umwelt spielt doch eine wichtige Schlüsselrolle in unserem Leben. Ein Beispiel: Wir müssen darauf achten, während der Trecks keinen Abfall in der Gegend zurück zu lassen. Jeder Einzelne sollte auf den Umweltschutz achten."

    Um die bizarre, saubere Bergwelt und ihre Tiere zu erhalten, sucht Muhammad ständig nach internationaler Unterstützung, denn alleine, so weiß er, schaffen das die Bewohner Baltistans nicht.