Die Schülerin aus der Oberstufe eines Gymnasiums im Berliner Osten schildert einen Vorfall, der schon Jahre zurückliegt. Mitschüler haben damals die Hakenkreuzschmierereien entdeckt und prompt reagiert. Die Schulleitung ist eingeschritten, wie sich die Lehrerin erinnert:
In dem Fall haben wir Eltern- und Lehrergespräche mit demjenigen geführt und schulorganisatorische Schritte eingeleitet. Wir haben aber gedacht, dabei kann es nicht bleiben, wir wollen mehr tun, um aufzupassen.
Seitdem gibt es an ihrer Schule die von Lehrern und Schülern ins Leben gerufene "Aradi" - die "Antirassistische Demokratische Initiative", in der sich heute neben zwölf Schülern nur noch eine Lehrerin engagiert, die das, was sie als alltäglichen Rassismus, Diskriminierung und Aktionen rechtsradikaler Gruppen erleben, nicht hinnehmen wollen.
Bei mir in der Nähe wohnen Neonazis. Da erlebe ich böse Blicke. Früher war ich noch eher so angezogen wie eine Linke, was immer das heißt. Ich wurde auch angespuckt mit Kaugummi. Aber es gibt auch den Alltagsrassismus wie blöde Witze oder so etwas. In meiner Familie erlebe ich das auch, das Stammtischgerede, über die Ausländer, die Arbeitsplätze nehmen, und so etwas, wo mir die Hutschnur platzt. Aber ich kann dann nichts sagen, ich bin ja die brave Tochter. Bei meinen Eltern ist das anders, mit denen bin ich offen und kann auch über politische Fragen reden, die teilen meine Haltung, aber es sind schon diese kleinen Sachen.
Die 17-Jährige wird von Mitschülern unterstützt. Sie versucht, sich gegen rechtsradikales Gedankengut zu wehren
Ich sage eigentlich immer was. Aber dann wird man so hingestellt, als habe man unrecht, als hätte ich den Fehler gemacht. Das finde ich, also, da kriege ich die Krise. Es werden oft Witze über Ausländer gerissen und man steht schlecht da, wenn man nicht lacht. Wir sind eine Minderheit, stehen mit unserer Meinung, auch mit Aradi nicht in der Mehrheit.
Eine organisierte Einflussnahme durch rechtsextremistische Gruppierungen oder radikale Parteien würden sie an ihrem Gymnasium nicht spüren, aber Provokationen sind sie offenkundig ausgesetzt:
An unsere Schule werden oft Plakate geklebt. Ich kann da nichts tun. Einmal war es besonders krass, da war die Schultür voll geklebt mit NPD-Aufklebern. Das war schon irgendwie geplant, die hingen auch ganz hoch und spontan läuft ja keiner mit einer Leiter rum, also, da ging es mir nicht so gut dabei. Es war auch gar nicht möglich, die ganz zu entfernen, es hängen da immer noch Reste, was ich ganz schlimm fand.
Mehrheitlich sind es so genannte Propaganda-Delikte, derer sich die äußerste Rechte schuldig macht. Laut Statistik hat sich die Zahl dieser Vorkommnisse an Berliner Schulen innerhalb eines Jahres um ein Drittel erhöht.
Wir hatten auch einen Typen, der hat es ganz offen gezeigt, der war angezogen, wie ein Rechter, Bomberjacke, Springerstiefel mit Stahlkappen und manchmal mit einem Eisernen Kreuz um den Hals. Das war schon krass. Er hat auch versucht zu provozieren. In unserer Schule war er aber nur einen Randfigur. Der hatte keine Möglichkeit, eine große Aktion zu starten oder so etwas.
Diese Randfigur, Urheber von Hakenkreuzschmierereien, war ein Achtklässler - ein Schüler also, der laut Lehrplan im Geschichtsunterricht noch lange nichts über den Nationalsozialismus erfahren würde, dessen Wissen über Politik, über Ausländer oder über das Judentum sich aus dubiosen außerschulischen Quellen speist. Eines aber weiß er genau: wie leicht es ist, mit einem Symbol einer verfassungsfeindlichen Organisation am Kragen zu provozieren. Was in der Schule dann hohe Wellen schlägt, wird nach außen wiederum sorgsam verschwiegen.
Es wird wie ein Makel auch in den Kollegien gesehen. Da sind viele, die sagen, das gibt ´s bei uns nicht. Aber natürlich haben wir auch Schüler, die labil sind. Das haben die Kollegen jetzt begriffen. Und wenn sie jetzt zum Beispiel komische Schnürsenkel in gelb sehen, fragen sie, was das zu bedeuten hat. Da gab es schon eine Sensibilisierung.
Gemeinhin wird lieber der Mantel des Schweigens über Vorfälle mit rechtsradikalem Hintergrund gebreitet. Es ist selten, dass Schulen den Mut haben, über Vorfälle zu berichten, auch hier werden Schule und Schüler anonym bleiben. Dass Ilona Nack, Deutsch-, Geschichts- und Politik-Lehrerin, ihren Namen nennt, beunruhigt die Schüler; sie fürchten um die Sicherheit ihrer Lehrerin. Frau Nack selbst befürchtet keine Racheakte. Und hegt sie insgeheim Angst vor Provokationen im Unterricht?
Jein. Aber ich muss sagen, das würde mich krass treffen. Das sind ja Schüler, die man kennt. Auf der anderen Seite hätte ich keine Angst, mich dem zu stellen. Also jein.
In dem Fall haben wir Eltern- und Lehrergespräche mit demjenigen geführt und schulorganisatorische Schritte eingeleitet. Wir haben aber gedacht, dabei kann es nicht bleiben, wir wollen mehr tun, um aufzupassen.
Seitdem gibt es an ihrer Schule die von Lehrern und Schülern ins Leben gerufene "Aradi" - die "Antirassistische Demokratische Initiative", in der sich heute neben zwölf Schülern nur noch eine Lehrerin engagiert, die das, was sie als alltäglichen Rassismus, Diskriminierung und Aktionen rechtsradikaler Gruppen erleben, nicht hinnehmen wollen.
Bei mir in der Nähe wohnen Neonazis. Da erlebe ich böse Blicke. Früher war ich noch eher so angezogen wie eine Linke, was immer das heißt. Ich wurde auch angespuckt mit Kaugummi. Aber es gibt auch den Alltagsrassismus wie blöde Witze oder so etwas. In meiner Familie erlebe ich das auch, das Stammtischgerede, über die Ausländer, die Arbeitsplätze nehmen, und so etwas, wo mir die Hutschnur platzt. Aber ich kann dann nichts sagen, ich bin ja die brave Tochter. Bei meinen Eltern ist das anders, mit denen bin ich offen und kann auch über politische Fragen reden, die teilen meine Haltung, aber es sind schon diese kleinen Sachen.
Die 17-Jährige wird von Mitschülern unterstützt. Sie versucht, sich gegen rechtsradikales Gedankengut zu wehren
Ich sage eigentlich immer was. Aber dann wird man so hingestellt, als habe man unrecht, als hätte ich den Fehler gemacht. Das finde ich, also, da kriege ich die Krise. Es werden oft Witze über Ausländer gerissen und man steht schlecht da, wenn man nicht lacht. Wir sind eine Minderheit, stehen mit unserer Meinung, auch mit Aradi nicht in der Mehrheit.
Eine organisierte Einflussnahme durch rechtsextremistische Gruppierungen oder radikale Parteien würden sie an ihrem Gymnasium nicht spüren, aber Provokationen sind sie offenkundig ausgesetzt:
An unsere Schule werden oft Plakate geklebt. Ich kann da nichts tun. Einmal war es besonders krass, da war die Schultür voll geklebt mit NPD-Aufklebern. Das war schon irgendwie geplant, die hingen auch ganz hoch und spontan läuft ja keiner mit einer Leiter rum, also, da ging es mir nicht so gut dabei. Es war auch gar nicht möglich, die ganz zu entfernen, es hängen da immer noch Reste, was ich ganz schlimm fand.
Mehrheitlich sind es so genannte Propaganda-Delikte, derer sich die äußerste Rechte schuldig macht. Laut Statistik hat sich die Zahl dieser Vorkommnisse an Berliner Schulen innerhalb eines Jahres um ein Drittel erhöht.
Wir hatten auch einen Typen, der hat es ganz offen gezeigt, der war angezogen, wie ein Rechter, Bomberjacke, Springerstiefel mit Stahlkappen und manchmal mit einem Eisernen Kreuz um den Hals. Das war schon krass. Er hat auch versucht zu provozieren. In unserer Schule war er aber nur einen Randfigur. Der hatte keine Möglichkeit, eine große Aktion zu starten oder so etwas.
Diese Randfigur, Urheber von Hakenkreuzschmierereien, war ein Achtklässler - ein Schüler also, der laut Lehrplan im Geschichtsunterricht noch lange nichts über den Nationalsozialismus erfahren würde, dessen Wissen über Politik, über Ausländer oder über das Judentum sich aus dubiosen außerschulischen Quellen speist. Eines aber weiß er genau: wie leicht es ist, mit einem Symbol einer verfassungsfeindlichen Organisation am Kragen zu provozieren. Was in der Schule dann hohe Wellen schlägt, wird nach außen wiederum sorgsam verschwiegen.
Es wird wie ein Makel auch in den Kollegien gesehen. Da sind viele, die sagen, das gibt ´s bei uns nicht. Aber natürlich haben wir auch Schüler, die labil sind. Das haben die Kollegen jetzt begriffen. Und wenn sie jetzt zum Beispiel komische Schnürsenkel in gelb sehen, fragen sie, was das zu bedeuten hat. Da gab es schon eine Sensibilisierung.
Gemeinhin wird lieber der Mantel des Schweigens über Vorfälle mit rechtsradikalem Hintergrund gebreitet. Es ist selten, dass Schulen den Mut haben, über Vorfälle zu berichten, auch hier werden Schule und Schüler anonym bleiben. Dass Ilona Nack, Deutsch-, Geschichts- und Politik-Lehrerin, ihren Namen nennt, beunruhigt die Schüler; sie fürchten um die Sicherheit ihrer Lehrerin. Frau Nack selbst befürchtet keine Racheakte. Und hegt sie insgeheim Angst vor Provokationen im Unterricht?
Jein. Aber ich muss sagen, das würde mich krass treffen. Das sind ja Schüler, die man kennt. Auf der anderen Seite hätte ich keine Angst, mich dem zu stellen. Also jein.