In Deutschland findet mehr Elternbeteiligung statt als noch vor zehn Jahren. Zu diesem Schluss kommt die Studie des Sachverständigenrats deutscher Stiftungen für Integration und Migration, kurz SVR. Hauptmotor für diese positive Entwicklung sei vor allem der deutschlandweite Ausbau der Ganztagsschulen, sagt Cornelia Schu, Direktorin des Forschungsbereiches beim SVR. Denn daheim bekommen Eltern gar nicht mehr so viel von den Leistungen ihrer Kinder mit. Darum waren neue Kooperationsformen notwendig:
"Unsere Studie hat gezeigt, dass es vor allem in rhythmisierten Ganztagsschulen besonders gut gelingt. Rhythmisierten Ganztagsschulen sind solche, wo eben Lernphasen und andere Phasen im Wechsel stattfinden. Im Gegensatz zu den sogenannten additiven Ganztagsschulen, wo eben vormittags traditionell der Unterricht läuft und nachmittags dann Hausaufgabenbetreuung stattfindet. "
Inzwischen sei es an allen Grundschulen Usus, dass sich Eltern bei Schulfesten oder Projekten engagieren und in Gremien mitarbeiten. Jedoch erreicht man mit diesen Angeboten nicht alle Väter oder Mütter, stellt die Studie fest. Die Beteiligungsmöglichkeiten an vielen Grundschulen seien offenbar noch zu wenig an den Bedürfnissen der Eltern ausgerichtet, monierte darum Forschungsdirektorin Cornelia Schu. So böte noch immer ein Viertel aller Grundschulen den Eltern überhaupt keinerlei Bildungsangebote an. Besser gelingt dies den Ganztagsgrundschulen, die den Vätern und Müttern Bildungskursen anbieten. Davon würden vor allem Eltern aus bildungsfernen und migrantischen Familien profitieren:
"Wo die Eltern also auch noch einmal lernen können, wie sie ihren Kindern zuhause eine lernförderliche Umgebung gestalten. Dabei ist es gar nicht so wichtig, dass die Eltern konkret bei den Hausaufgaben helfen. Sondern, dass sie Schule für wichtig nehmen, Schule mit was Positivem verknüpfen. Dass sie zum Beispiel nach den Hausaufgaben fragen und Kinder loben, wenn sie Hausaufgaben gemacht haben."
Politik sollte Elternbeteiligung also ernst nehmen. Doch für strukturelle Veränderungen fehle oft nötige Finanzierung, so Cornelia Schu. Die meisten Schulen seien leider auf Projektmittel angewiesen. Der SVR empfiehlt darum den Ländern, einen Teil ihrer Schulmittel künftig für die Elternbeteiligung zur Verfügung zu stellen.
Elternbeteiligung als wichtiger Bestandteil
Über mehr Geld würden sich auch die Lehrer, Schüler und Eltern der Fichtelgebirge-Grundschule in Berlin-Kreuzberg freuen. Elternbeteiligung ist dort seit knapp zehn Jahren ein wichtiger Bestandteil, weil er die Leistungs- und Bildungserfolge der Kinder deutlich verbessert hat. In der Holzwerkstatt zum Beispiel können einmal in der Woche Mütter oder Väter mit ihren Kindern gemeinsam hobeln und feilen. Dieser Ort sei kein typischer Lernort, sagt Werkpädagogin Ute Fritsch. Für viele Erziehungsberechtigten liege darum die Hemmschwelle viel niedriger, sich in den Unterricht einzubringen. Und noch ein Vorteil ergebe sich aus diesem gemeinsamen Lernen, meint Ute Fritsch:
"Ich sehe dann auch, welche Konflikte die miteinander haben und wir haben teilweise die gleichen Konflikte hier in der Schule wie die Eltern auch. Und da sehe ich noch einmal eine Verbindungsmöglichkeit, dass man sich mit den Eltern austauscht: Okay, wo können wir jetzt mit ihnen gemeinsam am Kind das noch fördern."
Karina Rohmann, Mutter von zwei Söhnen, lobt die vielen unterschiedlichen Möglichkeiten der Elternbeteiligung, die Ganztagsgrundschule bietet. Sie arbeitet regelmäßig mit ihren Söhnen in der Holzwerkstatt und engagiert sich im Elterncafé. Ein lockerer Treffpunkt, wo sich Mütter und Väter austauschen, aber auch konkrete Themen mit den Schulpädagogen ansprechen können:
"Weil das Entscheidende für eine Beteiligung für mich persönlich das Gefühl der Zugehörigkeit ist und das Gefühl der Zusammengehörigkeit unter den Eltern auch. Und um die Schwelle zu überwinden, in ein öffentliches Gremium zu gehen, ist es ja wichtig, sich irgendwo eingebunden zu fühlen. Und das, glaube ich, findet noch auf einer Etage tiefer statt als ein öffentliches Gremium."
Diese Erfahrung hat auch Schulpädagoge Aydin Bulut gemacht. Nicht alle Eltern haben dieselben Ansprüche an die Schule. Die manche sei es wichtig, sich in den Gremien zu engagieren. Andere wollen sich einfach nur gut über den Schulalltag ihrer Kinder informiert fühlen:
"Da gibt es glaube ich keine Zauberformel. Eltern sind im Endeffekt Menschen und jeder hat seine eigenen Interessen. Wichtig ist es nur, ihnen gegenüber eine gewisse Wertschätzung zu geben, sie als Bildungspartner aber auch als Experten anzuerkennen."