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Schulfach Wirtschaft
Wie Lehrpläne entwickelt werden

Wenn einmal die politische Entscheidung gefallen ist, dass ein neues Schulfach in den Lehrplan übernommen wird, müssen die Lehrpläne entwickelt werden. Es ist eine Mammutaufgabe, in die Wissenschaftler, Pädagogen und Behörden involviert sind. Die Arbeit beginnt aber im Schulministerium.

Von Moritz Börner | 03.11.2018
    Eine junge Lehrerin schreibt an eine Schultafel
    Wie kann das, was das Innenministerium beschlossen hat, auch tatsächlich im Unterricht umgesetzt werden? (dpa/ picture alliance/ Julian Stratenschulte)
    Bis zur ersten Unterrichtsstunde ist es ein langer Weg, viele Gremien müssen in unzähligen Sitzungen ausarbeiten, wie der Unterricht im Fach Wirtschaft aussehen soll. Grundlage für das neue Schulfach ist der Koalitionsvertrag zwischen CDU und FDP. Darin heißt es ziemlich weit gefasst:
    "Christdemokraten und Freie Demokraten werden an allen weiterführenden Schulen das Schulfach Wirtschaft etablieren, in dem unter anderem Kenntnisse unserer Wirtschaftsordnung ebenso wie Aspekte der Verbraucherbildung vermittelt werden!"
    Federführend ist anfangs die Schulabteilung im Ministerium für Schule und Bildung. Die ist in die Referate für die einzelnen Schulformen unterteilt, erklärt Daniel Kölle, der im Ministerium arbeitet:
    "Das heißt, da sind verschiedene Experten an den einzelnen Schulformen mit involviert, die ein solches Fach dann entsprechend erarbeiten, und in der Zusammenarbeit dieser verschiedenen Referate wird dann entsprechend hier im Haus die Grundlage erarbeitet. Diese wiederum geht dann an den Schulausschuss, der zustimmen muss, vorher werden Verbände beteiligt, da werden ganz viele Experten gehört, Gewerkschaften, Verbände und so weiter."
    Experten helfen bei der Erarbeitung der Kernlehrpläne
    So legen die Referate der einzelnen Schulformen beispielsweise fest, wie viel Gewicht das Fach Wirtschaft künftig im Stundenplan haben soll. Nach jetzigem Stand soll es im Lehrplan an den Gymnasien eine größere Rolle spielen als bisher, wird aber weiter zusammen mit Politik unterrichtet. An Gesamtschulen und Realschulen dagegen wird Wirtschaft ein eigenständiges Schulfach.
    In einem Bürogebäude in Soest, das von außen aussieht wie ein Schulzentrum, ist "QUA-LiS" untergebracht. "QUA-LiS" ist die Qualitäts- und Unterstützungsagentur des Landes NRW, Eugen-Ludwig Egyptien leitet das Institut. Hier werden im Moment die Kernlehrpläne für das Fach Wirtschaft von einer Fachkommission erarbeitet:
    "Das sind aber keine Mitarbeiter von QUA-LiS, sondern da sind auch wirklich Experten aus der Wirtschaft dabei, aus der Lehrerschaft, Gewerkschaften, Arbeitgeber, Wirtschaftsverbände und so weiter. Und die legen dann die Inhalte fest. Das ist ein Prozess, der auf Fachebene stattfindet."
    Es geht ganz konkret um die Frage, wie das, was das Innenministerium beschlossen hat, dann auch tatsächlich im Unterricht umgesetzt werden kann. Dabei sind die schon vorhandenen Lehrpläne durchaus eine wichtige Grundlage, denn Wirtschaftsthemen werden auch jetzt schon an den Schulen unterrichtet. Zum Beispiel gibt es bereits Unterrichtsstunden zum Thema Marktwirtschaft. Ganz neu ist dagegen Unternehmertum. Wie ein Start-up gegründet wird, das wurde bisher noch nicht an nordrhein-westfälischen Schulen im Regelunterricht vermittelt. Aber es gab dazu unter der rot–grünen Vorgängerregierung ein Modellprojekt. 70 Realschulen hatten NRW-weit probeweise ein Jahr lang das Schulfach Wirtschaft eingeführt. Sven Christoffer von der Gewerkschaft "lehrer nrw" hat das Projekt begleitet:
    "Es sind Schülerfirmen gegründet worden, die Kolleginnen und Kollegen haben da wirklich auch Pionierarbeit geleistet, indem sie schuleigene Lehrpläne entworfen haben, man hat sehr viele Kontakte vor Ort zu Wirtschaftsunternehmen geknüpft."
    Das Ministerium muss den Lehrplan genehmigen
    Neu bei diesem Modellprojekt war insbesondere, dass die Schüler gelernt haben, wie Unternehmen arbeiten:
    "Da muss man eben dann auch Rechenkalkulationen erstellen, um dann auch Gewinne zu erzielen, man muss sich vorher über den Absatzmarkt Gedanken machen, wie man das Produkt vermarkten will, ich denke das sind all diese Dinge, die sehr stark in die Praxis zielen, wo die Schülerinnen und Schüler auch direkt dann verstehen, warum es wichtig ist, all das zusammen zu führen, bevor man ein Unternehmen gründet."
    Einige der Ergebnisse des Modellprojekts werden wahrscheinlich Bestandteil der Kernlehrpläne, die im Moment ausgearbeitet werden. Wenn diese stehen, können Wirtschaftsverbände, Lehrergewerkschaften und Schülervertretungen ein letztes Mal Kritik äußern und Verbesserungsvorschläge machen. Eugen-Ludwig Egyptien:
    "Da gibt es schon auch immer noch hilfreiche Rückmeldungen von Lehrerverbänden, müsste auf dieses stärker geachtet werden und diese Formulierungen ist überzogen, in der Wirklichkeit so nicht zu realisieren. Dann werden die Stellungnahmen entsprechend gesichtet, und auf der Grundlage der Stellungnahmen werden dann die endgültigen Fassungen der Kernlehrpläne erarbeitet."
    Die wird "QUA-LiS" dann dem Ministerium vorlegen, das den Lehrplan genehmigen muss. Erst dann steht der Lehrplan für das neue Schulfach verbindlich fest.