"Da ist hier unser Neubau, der Anbau, hier kommen wir in die Mensa, die ist sehr schön geworden."
Miriam Pech zeigt ihre Schule in Berlin-Weißensee. Aus der früheren Haupt- wurde die integrierte Sekundarschule "Heinz Brandt" – mit gebundenem Ganztagsbetrieb, Bibliothek und Lernbüro. Hier können die Schülerinnen und Schüler mittags versäumten Lernstoff nachholen.
"Du musst Dir genau ansehen, was ist eine Lauge, hast Du den Unterschied zwischen Lauge und Säure verstanden?"
Die Hauptschule von früher hat mit der Sekundarschule von heute fast nichts mehr zu tun, erzählt Schulleiterin Miriam Pech. Aus der Restschule von damals sei eine attraktive Ganztagsschule mit starker Berufsorientierung geworden.
"Also wir finden, es war eine wunderbare Entscheidung. Als ehemalige Hauptschule haben wir nur Vorteile gesehen und sehen das auch jetzt so."
Zusammensetzung hat sich laut Schulleiterin positiv verändert
Die ehemaligen Realschulen sehen die Schulreform nicht ganz so positiv wie die ehemaligen Hauptschulen. Vielen Lehrerinnen und Lehrern fällt es nach wie vor schwer, eine heterogene Schülerschaft zu unterrichten. Nicht so an der Heinz-Brandt-Schule. Die Zusammensetzung unserer Schüler hat sich positiv verändert, meint die stellvertretende Schulleiterin Daniela Strezinski.
"Also wir finden sehr deutlich. Wir waren früher eine Schule, die Schüler hatte, die einmal vom Gymnasium durchs System gerauscht waren, also Misserfolge hinter sich hatten. Wir sind jetzt eine Schule mit einer tatsächlichen Mischung der Schüler."
Schüler, die nach dem Mittleren Schulabschluss eine Ausbildung machen, aber auch Schüler, die noch ein Abitur draufsetzen wollen. So wie der 14jährige Cameron Rother.
"Mit dem Abitur will ich dann zur Polizei gehen, also mich dort bewerben. Und der Gedanke Abi war erst nach der achten Klasse nach dem Praktikum. Da habe ich Praktikum bei der Polizei gemacht, da kam mir die Idee mit dem Abitur."
In Berlin kann man sowohl am Gymnasium als auch an den Sekundarschulen Abi machen, einmal in 12, einmal in 13 Jahren. Vielleicht ein Grund dafür, dass die bundesweit scharf geführte Debatte über G8 oder G9 in der Hauptstadt kein Thema ist. Bildungssenatorin Sandra Scheeres, SPD:
"Ich bin davon überzeugt, dass das damit zusammenhängt, weil sich die Eltern genau überlegen, ob sie möchten, dass ihr Kind in 12 oder 13 Jahren Abitur machen soll. Und dass sich Eltern auch bewusst für eine Integrierte Sekundarschule entscheiden. Und die Gespräche mit Eltern bestätigen das auch, dass sie es für eine gute Alternative für ihre Kinder halten."
Allerdings verfügen nicht alle Sekundarschulen in Berlin über eine eigene Oberstufe. Deshalb droht ein Zwei-Klassen-System, meint der Leiter der Friedrich-Bergius-Schule Michael Rudolph. Die guten Schüler würden eine Sekundarschule mit eigener Oberstufe wählen, die schlechten eine Sekundarschule, die mit der 10.Klasse endet.
"Nach meiner Beobachtung bildet sich wieder so ein kleines bisschen ein gegliedertes Schulsystem heraus. Man muss auch die Realitäten sehen. Und ich hoffe, dass sich da in Zukunft noch etwas verändern wird, dass wir da eine größere Gleichmäßigkeit unter den Sekundarschulen erreichen werden."
Wenig bekannter Weg
Sekundarschulen ohne eigene Oberstufe können mit den Oberstufenzentren – also den Berufsschulen – kooperieren, und so gute Schülerinnen und Schüler zum Abitur führen. Dieser Weg ist noch zu wenig bekannt, gibt Bildungssenatorin Scheeres zu.
"In der Kooperation mit den Oberstufenzentren, hier müssen wir noch stärker werben, dass das ein guter Weg ist für die Familien, für die Schüler, auch so zum Abitur zu kommen, also da haben wir auf jeden Fall noch was zu tun."
Eine wissenschaftliche Evaluierung der Schulreform steht noch aus, doch es gibt erste Hinweise, dass die Abschaffung der Hauptschule sinnvoll war. So haben weniger Jugendliche als zuvor die Schule ohne Abschluss verlassen – vor der Schulreform waren es zehn Prozent, jetzt knapp acht.