Tamsin ist selig. Die Grundschule um die Ecke hat ihr einen Platz angeboten. Welch ein Glück. Ihre Eltern feiern, als hätten sie im Lotto gewonnen: ein stimmiger Vergleich, denn in Brighton und Hove, den Badeorten an der Südostküste Englands, sind die Schulplätze so knapp, dass sie tatsächlich verlost werden. Einziger Wermutstropfen für Tamsin: Ihre beste Freundin bekam eine Absage, obwohl auch sie direkt im Einzugsbereich wohnt. Die ihr zugewiesene Schule liegt am anderen Ende der Stadt.
"Dies ist das fairste Zuteilungssystem in einer ungewöhnlich schwierigen Situation","
… sagt Bildungsminister Ed Balls zu dem Experiment, das in Brighton und Hove vor etwas über einem Jahr anlief und inzwischen auch von einigen anderen Kommunen übernommen wurde. Natürlich würden manche Eltern enttäuscht werden, aber zumindest habe man die Gewissheit, dass sich keine Eltern auf unlautere Weise einen Platz erschleichen könnten.
Nicht nur in Brighton, auch in anderen Städten sind Plätze in guten Primärschulen zunehmend Mangelware. Ein plötzlicher Anstieg der Geburtenrate seit dem Jahr 2003 und die Zunahme an kinderreichen Migrantenfamilien seien die Ursache, sagen Beobachter. Ein weiterer wichtiger Faktor ist die Rezession: Viele Eltern können sich Privatschulen nicht mehr leisten. Am schwierigsten ist die Situation in London. Kommunen warnen, dass ihnen 50.000 Schulplätze fehlten. In zwei Dritteln der Bezirke sind die Klassen voll.
Wer es sich leisten kann, zieht um: Je näher eine Familie bei der Schule ihrer Wahl wohnt, desto besser ihre Chance auf einen Platz. Wohnviertel mit guten Schulen sind entsprechend teuer. Dort kosten Häuser bis zu 20 Prozent mehr. Nicht jeder kann sich das leisten. Manche Eltern geben auf dem Aufnahmeformular eine falsche Adresse an. Andere mieten sich in der Gegend pro forma eine winzige Zweitwohnung. Manche tun so, als lebten sie getrennt.
""Das ist glatter Diebstahl, weil jemand einem anderem den ihm rechtmäßig zustehenden Platz wegnimmt","
… sagt Ian Craig. Er hat das Problem im Auftrag der Regierung untersucht und berichtet, dass man in 123 Kommunen insgesamt 1100 Eltern beim Mogeln erwischt habe. Die Dunkelziffer sei mindestens dreimal so hoch. Manche Schulen haben drastische Gegenmaßnahmen ergriffen.
""Wir haben einen Privatdetektiv angeheuert, weil uns der Antrag eines Elternpaars besonders suspekt vorkam."
Ihr Kind hat seinen Platz prompt verloren, sagt Norman Hoare, Direktor einer begehrten Schule nördlich von London. Die anderen Eltern seien seit diesem Vorfall sehr viel ehrlicher und vielleicht auch etwas vorsichtiger geworden.
Umfragen zufolge scheinen aber viele weiterhin zum Mogeln bereit, wenn es um die Zukunft ihrer Kinder geht.
"Ich habe viel Verständnis dafür, weil ich selbst ein Riesenproblem damit hatte","
… sagt diese Mutter in London. Ihre Freundin nickt.
""Die Leute sind verzweifelt, was können sie tun?"
Inzwischen schlagen immer mehr Eltern den Rechtsweg ein. Seit dem letzten Jahr sei die Zahl der Einsprüche um 24 Prozent gestiegen, berichten Anwälte. Es sei wohl immer noch preiswerter, einen guten Rechtsvertreter anzuheuern, um einen Platz in der besten staatlichen Schule einzuklagen, als die Gebühren für eine Privatschule zu bezahlen.
Andere Eltern wiederum gehen plötzlich jeden Sonntag in die Kirche. Mit staatlichen Geldern geförderte Konfessionsschulen haben nämlich einen ausgezeichneten Ruf, geben aber nur wenige Plätze für die Kinder nichtgläubiger Eltern frei.
""Das finde ich echt, unfair so zu tun, als wäre man ein guter Christ, nur damit die Kinder in die Schule kommen","
… meint diese Mutter in einer katholischen Schule in Nordlondon.
Erst vor Kurzem hatte die Labour-Regierung angekündigt, das Einschulalter von fünf auf vier Jahre herabzusetzen: ein Plan, der die Situation weiter verschärfen und Millionen von Pfund kosten dürfte. Woher das Geld kommen soll ist nicht klar. Immer mehr Eltern greifen gezwungenermaßen zur Eigeninitiative. Manche gründen kleine Nachbarschaftsschulen, andere unterrichten ihre Kinder zu Hause. Das ist in Großbritannien durchaus möglich, solange sich die Eltern an schulische Vorgaben halten und regelmäßig von der lokalen Behörde kontrolliert werden.
"Dies ist das fairste Zuteilungssystem in einer ungewöhnlich schwierigen Situation","
… sagt Bildungsminister Ed Balls zu dem Experiment, das in Brighton und Hove vor etwas über einem Jahr anlief und inzwischen auch von einigen anderen Kommunen übernommen wurde. Natürlich würden manche Eltern enttäuscht werden, aber zumindest habe man die Gewissheit, dass sich keine Eltern auf unlautere Weise einen Platz erschleichen könnten.
Nicht nur in Brighton, auch in anderen Städten sind Plätze in guten Primärschulen zunehmend Mangelware. Ein plötzlicher Anstieg der Geburtenrate seit dem Jahr 2003 und die Zunahme an kinderreichen Migrantenfamilien seien die Ursache, sagen Beobachter. Ein weiterer wichtiger Faktor ist die Rezession: Viele Eltern können sich Privatschulen nicht mehr leisten. Am schwierigsten ist die Situation in London. Kommunen warnen, dass ihnen 50.000 Schulplätze fehlten. In zwei Dritteln der Bezirke sind die Klassen voll.
Wer es sich leisten kann, zieht um: Je näher eine Familie bei der Schule ihrer Wahl wohnt, desto besser ihre Chance auf einen Platz. Wohnviertel mit guten Schulen sind entsprechend teuer. Dort kosten Häuser bis zu 20 Prozent mehr. Nicht jeder kann sich das leisten. Manche Eltern geben auf dem Aufnahmeformular eine falsche Adresse an. Andere mieten sich in der Gegend pro forma eine winzige Zweitwohnung. Manche tun so, als lebten sie getrennt.
""Das ist glatter Diebstahl, weil jemand einem anderem den ihm rechtmäßig zustehenden Platz wegnimmt","
… sagt Ian Craig. Er hat das Problem im Auftrag der Regierung untersucht und berichtet, dass man in 123 Kommunen insgesamt 1100 Eltern beim Mogeln erwischt habe. Die Dunkelziffer sei mindestens dreimal so hoch. Manche Schulen haben drastische Gegenmaßnahmen ergriffen.
""Wir haben einen Privatdetektiv angeheuert, weil uns der Antrag eines Elternpaars besonders suspekt vorkam."
Ihr Kind hat seinen Platz prompt verloren, sagt Norman Hoare, Direktor einer begehrten Schule nördlich von London. Die anderen Eltern seien seit diesem Vorfall sehr viel ehrlicher und vielleicht auch etwas vorsichtiger geworden.
Umfragen zufolge scheinen aber viele weiterhin zum Mogeln bereit, wenn es um die Zukunft ihrer Kinder geht.
"Ich habe viel Verständnis dafür, weil ich selbst ein Riesenproblem damit hatte","
… sagt diese Mutter in London. Ihre Freundin nickt.
""Die Leute sind verzweifelt, was können sie tun?"
Inzwischen schlagen immer mehr Eltern den Rechtsweg ein. Seit dem letzten Jahr sei die Zahl der Einsprüche um 24 Prozent gestiegen, berichten Anwälte. Es sei wohl immer noch preiswerter, einen guten Rechtsvertreter anzuheuern, um einen Platz in der besten staatlichen Schule einzuklagen, als die Gebühren für eine Privatschule zu bezahlen.
Andere Eltern wiederum gehen plötzlich jeden Sonntag in die Kirche. Mit staatlichen Geldern geförderte Konfessionsschulen haben nämlich einen ausgezeichneten Ruf, geben aber nur wenige Plätze für die Kinder nichtgläubiger Eltern frei.
""Das finde ich echt, unfair so zu tun, als wäre man ein guter Christ, nur damit die Kinder in die Schule kommen","
… meint diese Mutter in einer katholischen Schule in Nordlondon.
Erst vor Kurzem hatte die Labour-Regierung angekündigt, das Einschulalter von fünf auf vier Jahre herabzusetzen: ein Plan, der die Situation weiter verschärfen und Millionen von Pfund kosten dürfte. Woher das Geld kommen soll ist nicht klar. Immer mehr Eltern greifen gezwungenermaßen zur Eigeninitiative. Manche gründen kleine Nachbarschaftsschulen, andere unterrichten ihre Kinder zu Hause. Das ist in Großbritannien durchaus möglich, solange sich die Eltern an schulische Vorgaben halten und regelmäßig von der lokalen Behörde kontrolliert werden.