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Schutz für den Kopierschutz

Die Musikbranche, aber auch Fachverlage und vor allem Filmproduzenten würden sich am liebsten gegen jede digitale Kopie wehren - auch gegen den Willen der Verbraucher - wenn das denn möglich wäre. Denn bislang konnte kein DRM-System Hackern lange widerstehen. Jetzt sollen Gesetze die Technik stützen.

Von Pia Grund-Ludwig | 26.01.2008
    EU-Medienkommissarin Viviane Reding hat in einem jetzt vorgelegten Papier konkretisiert, wie sie den Schutz kopiergeschützter Werke in Europa durchsetzen will. Bis Ende Februar können Verbände diese Überlegungen diskutieren. Die Kommissarin setzt nach wie vor auf Systeme zum Schutz digitaler Rechte, so genanntes Digital Rights Management oder DRM. Sie fordert nachdrücklich die Entwicklung von DRM-Systemen, die interoperabel sind. Für die Verbraucher hätte das sogar möglicherweise Vorteile: Wer sich ein Musikstück mit DRM-Schutz gekauft hat, soll es sich auf allen möglichen Endgeräten anhören können, sei es ein Ipod, ein Handy, ein Discman oder ein Laptop. Das Vorhaben sei aber kaum umsetzbar, kritisiert Roland Stuhr vom Bundesverband der Verbraucherzentralen.

    "Was die Kommission im Interesse für die Verbraucher plant, ist eine detaillierte Kennzeichnungspflicht. Hier wird deutlich an DRM soll festgehalten werden, aber auch diese Kennzeichnungspflicht ist wahrscheinlich wenig alltagstauglich. Denken sie daran, Otto Normalverbraucher muss sich damit dann auch eingehend beschäftigen, also praktisch eine Liste dabei haben, welche seiner Geräte im Hinblick auf welche Symbolik oder was da auch immer verwendet werden soll kompatibel sind."

    Die Kommissarin bleibe außerdem hinter der Realität zurück, kritisiert Stuhr. Insbesondere die großen Musikkonzerne beginnen, sich nämlich von DRM-Systemen bereits wieder zu verabschieden, bevor diese überhaupt durchgesetzt werden konnten. Die vier großen US-Labels Sony BMG, Warner Music, EMI und Universal Music bieten mittlerweile einen Teil ihrer Angebote ohne DRM-Schutz. Amazon will gemeinsam mit Musikkonzernen in den Vertrieb von Musikstücken im MP3-Format einsteigen. DRM behindere aber die legale Nutzung, insbesondere die Privatkopie und bringe enorme Datenschutzprobleme. Zudem ist aus Sicht von Roland Stuhr DRM auch kartellrechtlich bedenklich:

    "DRM schafft Wechselbarrieren für Kunden und behindert damit den Wettbewerb. Wir würden uns deshalb wünschen, dass die Kartellbehörden in Deutschland und Europa hier genauer hinschauen würden."

    Ein weiterer Punkt in dem Papier von EU-Kommissarin Reding ist die Strafverfolgung bei Verstößen gegen das Urheberrecht. Hier gibt es zwar keine konkreten Vorschläge. Sorge macht Bürgerrechtlern aber der drohende Durchgriff auf die Verbraucher über die Internet Service Provider. In Frankreich sollen diese künftig verpflichtet werden, die Internet-Zugänge zu sperren, wenn illegale Downloads erfolgen.

    "Wir gehen davon aus, dass Frankreich die gerade in Frankreich diskutierten Gesetze auch auf EU-Ebene einbringen wird. Wenn man sich die Rhetorik auch der deutschen Bundesregierung anschaut und vor allem auch wie eng man mit Frankreich auch in Fragen des geistigen Eigentums zusammenarbeitet, dann erwarten wir tatsächlich das Schlimmste und dann erwarten wir, dass das in nächster Zeit auch auf EU-Ebene ein Thema wird, zumal Frankreich demnächst die EU-Ratspräsidentschaft übernehmen wird..."

    ...meint Markus Beckedahl. Er vertritt die Berliner Initiative Privatkopie.net. In dieser Initiative haben sich unterschiedliche Verbände zusammengeschlossen, die das Recht auf Privatkopie in digitalen Netzen durchsetzen wollen. Erste Anzeichen dafür, dass nicht nur in Frankreich über Netzsperren nachgedacht wird, gibt es bereits. Auch Lord Triesman, in der britischen Regierung für Fragen des Urheberrechts verantwortlich, kann sich für ein solches Vorgehen erwärmen. Man arbeite in diesem Fragen mit der französischen Regierung zusammen, erklärte Triesman. Die Initiative Privatkopie fürchtet unangemessene und drastische Maßnahmen gegen Nutzer, die aus Unwissen gegen das Copyright verstoßen. Ihre Alternative zu DRM ist eine Kulturflatrate. Das wäre eine Abgabe, die Internet-Provider eintreiben müssten und die an Urheber umverteilt werden würde. Roland Stuhr kann sich mit einer solchen Zwangsabgabe nicht wirklich anfreunden:

    "Aus Verbrauchersicht ist die Kulturflatrate durchaus auch sehr problematisch, da sie nicht ohne zusätzliche pauschale Vergütung möglich sein wird. Eine solche Pauschalvergütung hätten dann alle Verbraucher zu bezahlen. Mit einer Zwangsabgabe für eine Kulturflatrate, die dann ja man diskutiert fünf Euro oder zehn Euro kosten würde wären dann alle Verbraucher belastet, egal in welchem Umfang sie kostenpflichtige Dienste nutzen. Das ist vom Grundgedanken hier eine durchaus problematische Regelung."

    Privatkopie.net