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Schutz für die Kleine Hufeisennase

Viele Fledermausarten sind in ihrem Bestand bedroht. In Thüringen sind die felligen Flugkünstler jedoch noch relativ häufig anzutreffen. Dort nimmt heute die bundesweit erste Stiftung für den Schutz von Fledermäusen ihre Arbeit auf.

Von Blanka Weber |
    "Wenn man sich die Landschaften anschaut, dann ist in diesen Gegenden etwas die Zeit stehengeblieben. Es sind sehr waldreiche Gegenden, mit Dörfchen und Heckenstrukturen, eine kleinparzellierte Landschaft, die aussieht wie vor 100 Jahren."

    Martin Biedermann kennt sich hier aus. Der Biologe beschäftigt sich seit seiner Kindheit mit Fledermäusen und deren Lebensräumen.

    "Die Fledermäuse orientieren sich anhand von Hecken, Waldrändern. Sie brauchen immer durch ihre Ultraschalllaute das Echo und meiden es, größere Lücken zu überfliegen , sie brauchen Strukturen wie Heckenstreifen, Baumreihen, Alleen, immer an der Wand lang, sie fliegen quasi immer gerne in der Deckung der Vegetation. Das ist in ausgeräumten Agrarlandschaften nicht der Fall, dort ist die Art verschwunden."

    Vor allem die Kleine Hufeisennase hat es ihm angetan. Regelmäßig kommt der Biologe hierher in den Heizungskeller eines benachbarten Wohnhauses.

    Die Kellerfenster sind immer offen. Es sind die Flugschneisen der Fledermäuse, die in den Räumen tagsüber und im Winter geschützte Quartiere finden. Das ist nicht so selbstverständlich, sagt Martin Biedermann, der sich vor allem um die Kleine Hufeisennase kümmert:

    "Die ist in den 50er-, 60er-, 70er-Jahren in fast allen Gegenden der Bundesrepublik ausgestorben bis heute; auch in den Bundesländern Rheinlandpfalz, Hessen, Baden-Württemberg gibt's die Art nicht mehr. Sie hat in Thüringen überlebt und wir sind besonders stolz drauf, dass hier zwei Drittel des bundesweiten Bestandes überlebt haben und die hüten wir natürlich wie unseren Augapfel."

    Die Fledermäuse machen das mit den Menschen wohl auch, vor allem, wenn wir ihnen zu nahe kommen wollen. Sie senden Bildinformationen in hohen Tönen, die wir normal nicht wahrnehmen können.

    "Jetzt kann ich mal versuchen, mit Ultraschalldetektor die Töne hörbar zu machen, das sind jetzt die Stimmen der Kleinen Hufeisennasen. Jetzt rufen sie im Moment durch ihre Nasen Ultraschalltöne aus. Pro Sekunde mehrfach ganz, ganz hohe Töne, die wir Menschen nicht mehr hören können."

    Die Tiere gehören zu den kleinsten Fledermausarten, die hierzulande vorkommen. Sie wiegen sechs Gramm, haben eine Spannweite von etwa 20 Zentimetern. Derzeit warten die weiblichen Säugetiere auf Nachwuchs. Der Fachmann nennt das Quartier deshalb: Wochenstube.

    "Wir haben schon versucht, Tiere zu fangen, um diese Tiere mit Miniatursendern auszustatten. Radiotelemetrie heißt das, um die Flugwege zu verfolgen. Das Ziel war, unbekannte Wochenstuben zu orten."

    Jedes Muttertier wird ein Junges zur Welt bringen, tagsüber das Quartier verlassen und nachts zurückkommen, um das Junge zu säugen. Als natürlicher Feind der Fledermäuse gelten Eulen, Marder und Katzen. In jedem Thüringer Landkreis gibt es mindestens einen aktiven Fledermausschützer, erklärt Martin Biedermann. Der Biologe schützt auch beruflich Fledermäuse, debattiert mit Umwelt-, Forst- und Bauämtern und ist einer derjenigen, die nun bundesweit Ansprechpartner sind:

    "Ein gemeinnütziger Verein hat eine Stiftung bürgerlichen Rechts gegründet. Weil wir merken, dass die staatlichen Bemühungen nicht ausreichen, das heißt, Fledermäuse genießen hierzulande eigentlich einen sehr guten gesetzlichen Schutz. Aber beim Fledermausschutz kommt es darauf an, dass alle Menschen mitmachen. Die Fledermäuse sind extrem auf unsere Toleranz und Akzeptanz angewiesen, da sie meistens Untermieter sind bei uns Menschen. Sie leben in unseren Häusern, Kellern, Dächern."

    Die Kleine Hufeisennase verdankt ihren Namen übrigens der Form ihrer Nase: Wie ein Pferdehufeisen sitzt diese im Gesicht und genau damit sind die Ultraschallrufe möglich.