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Schutz vor Überhitzung

Technik. – Feuerwehrleute sind besonders durch die Hitze am Einsatzort gefährdet. Daher entwickeln Wissenschaftler spezielle Schutzanzüge, die zumindest für einige Zeit den Hitzestress abwehren. Auf der Interschutz, der internationalen Messe für Rettung, Brand- und Katastrophenschutz, stellen gleich mehrere Aussteller Lösungen vor.

Von Mirko Smiljanic | 09.06.2005
    Ein Chemikalienschutzanzug mit eingebautem Kühlaggregat - das klingt skurril, wird auf der diesjährigen Interschutz aber als Topentwicklung vorgestellt. Chemikalienschutzanzüge umhüllen den Körper des Feuerwehrmanns komplett, zwischen der Außenatmosphäre und dem Innern des Anzuges gibt es keinen Austausch. Folge: Die vom Feuerwehrmann produzierte Wärme kann nicht entweichen, schon nach wenigen Minuten heizt sich die Luft im Anzug bedenklich auf. Als Lösung schlägt Sebastian-Heinz Pohr von der Firma Entrak im bayerischen Wendelstein eine Innenkühlung vor.

    "Dieses Gerät arbeitet nach dem Prinzip der Schmelzenthalpie, also wenn Phasenwechselmaterialien ihren Zustand ändern, wie Eis. Eis schmilzt zu Wasser, dann nimmt es Energie auf, kühlt also, folglich nutzen wir diesen Effekt, um das Innere von Schutzanzügen zu kühlen. Wir saugen die Luft an, führen sie durch das Gerät hindurch und geben sie gekühlt und getrocknet im Inneren des Anzugs wieder ab."

    Das Prinzip ist einfach, funktioniert aber gut: Die warme Luft wird durch eine eisgekühlte Salzlösung - das Speichermedium - gepumpt, dort gekühlt und über einen kleinen Lüfter wieder in den Anzug zurück geblasen. Die Leistung beträgt in einer halben Stunde etwa 300 Watt. Pohr:

    "Das ist schon eine hohe Kühlleistung, wenn Sie bedenken, dass ein Mensch bei schwerer körperlicher Belastung 300 bis 350 Watt Energie produziert, dann setzen wir etwa dieses Maß an Kühlung dagegen."

    Nach spätestens einer Stunde ist der Kühleffekt verbraucht und der Feuerwehrmann muss seinen Einsatz unterbrechen. Das müsste er allerdings ohnehin, weil seine Sauerstoffvorräte ebenfalls nur gut eine Stunde reichen. Die Menge der Atemluft und die Leistung des Kühlaggregates sind aufeinander abgestimmt. Wobei der Begriff "kühl" in diesem Zusammenhang etwas irreführend ist. Pohr:

    "Wir bleiben etwa zehn Grad Celsius unter der Temperatur, die sich einstellen würde, würde er sich nicht kühlen. Und das ist viel: Wir haben Temperaturen in Schutzanzügen, die leicht auf 40 oder 45 Grad ansteigen können, das liegt dann oberhalb der Körpertemperatur, wenn wir dann auf etwa 30 Grad abkühlen können, dann ist wieder genügend Temperaturgefälle da, dass der Mensch dort eine Kühlung erfahren kann."

    Ebenfalls vor Hitze, diesmal aber von außen, muss sich ein Feuererwehrmann während des Löschens schützen. Je nach Brand kann die Außentemperatur schon mal auf einige hundert Grad steigen. Normaler Stoff würde sofort Feuer fangen. Dass dies nicht geschieht, der Anzug gleichsam wie ein Schutzschild den Feuerwehrmann abschirmt, erreicht Dr. Yves Bader von der Firma Du Pont de Nemours in Genf durch ein mehrlagiges Textilsystem.

    "Es ist ein bisschen wie ein Doppelfenster, dass mich vor der Hitze von außen schützt: Wir haben mehrlagige Systeme, damit wir einen Temperaturunterschied zwischen den einzelnen Schichten bekommen. Das reduziert die Temperatur graduell bis zum Körper. Auf der anderen Seite möchten wir, dass die Schichten so durchlässig sind, dass die Körperdämpfe wieder einen Weg nach außen finden."

    Wofür Yves Bader unterschiedliche Stoffe einsetzt: Außen hochfestes und unbrennbares Kevlar, nach innen mehrere Lagen luft- und feuchtigkeitsdurchlässige Kunststoffgewebe. Außen wird die Hitze reflektiert, innen kühlt sie sich von Schicht zu Schicht ab.