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Schutzbrille, Petrischale und Pipette

Beim Girls' Day sollen Mädchen klassische Männerberufe kennenlernen, beispielsweise im Umweltforschungszentrum der Helmholtz-Gesellschaft in Leipzig: Schülerinnen verschiedener Klassenstufen aus mehreren Schulen Sachsens nutzten zum achten Mal die Gelegenheit, einmal hinter Formeln und theoretische Begriffe zu schauen.

Von Sven Näbrich |
    Laborleiter Torsten Lange: "So, und wenn das ein schöner Brei jetzt ist, dann gebt ihr jetzt noch mal fünf Milliliter von dem Lösungsmittel dazu. Und dann kann man wirklich erkennen, dass sich wirklich gelöste Blattfarbstoffe unten im Mörser sammeln."

    Schülerin: "Die werden dann mit einer Pipette aufgesogen, oder?"

    Lange: "Ja, genau. Da wartet man, bis sich dann so diese Schwebeteilchen abgesetzt haben im Mörser..."

    Im großen Laborraum des Umweltforschungszentrums Leipzig wird eifrig hantiert. Laborleiter Torsten Lange hält eine Mörserschale mit einer grünen Masse in der Hand. Um ihn herum stehen sieben Schülerinnen, alle in Arbeitskitteln und mit Schutzbrille auf der Nase. Neugierig lauschen sie Lange, der das chemische Verfahren der Chromatographie erklärt. Dabei geht es um das Trennen von Farbstoffen - demonstriert am Beispiel von Löwenzahnblättern. Zuvor haben die Mädchen die Blätter klein geschnitten und in Schalen gelegt. Dort sollen die Blätter nun zerrieben werden - begleitet von den noch skeptischen Blicken der Nachwuchsforscherinnen:

    "Sieht so ein bisschen aus wie Spinat, so richtig feiner Spinat. Und dann so grüne Soße oder so was…"

    "Spinat mit giftgrüner Soße. Wieder andere: Also es ist schon sehr dunkelgrün, fast ein Schwarz."

    Bis jetzt hat der Löwenzahn nichts von seiner typischen Farbe eingebüßt. Doch heute sollen die jungen Teilnehmerinnen lernen, dass es die Natur oft bunter liebt, als es auf den ersten Blick scheint. Bevor es soweit ist, wird der Löwenzahn weiter bearbeitet.

    Jenny Großer vom Leipziger Nikolai-Gymnasiums ist mit ihrer Freundin zum Girls' Day ins Umweltforschungszentrum gekommen. Die Achtklässlerin möchte hier einmal hinter die Kulissen der sonst eher spröden Naturwissenschaften blicken:

    "Na, meine Freundin, die Helene, die hatte mich angerufen. Die hat erzählt, was hier gemacht wird, dass man hier auch experimentieren kann. Und da fand ich eigentlich, dass das nicht schlecht klingt. Ja, momentan weiß ich eben wirklich noch nicht, was ich später mal machen will, deswegen finde ich das hier auch ganz interessant."

    Auch Luise Rotluff weiß noch nicht genau, was sie später einmal werden will. Die 14-Jährige ist ebenfalls mit einer Freundin aus einer Mittelschule in Chemnitz angereist. Im Labor steht sie aber etwas abseits, lässt anderen den Vortritt. Naturwissenschaften interessieren die Schülerin zwar. Aber die Arbeit im sterilen Forscherkittel ist dann wohl doch nicht das Richtige:

    "Also, für mich ist das eher nichts. Weil, naja, so mit irgendwas rumhantieren, mit Laboren und stundenlang… Nee, das gefällt mir nicht. Also ich meine, das macht ja auch Spaß, eigentlich, aber jetzt damit mein Geld verdienen - das ist nicht so..."

    Viele der Mädchen wollen sich wie Luise und Jenny erst einmal umschauen und orientieren. Ob sie später tatsächlich in der Forschung oder in einem Labor arbeiten ist dabei zweitrangig. Torsten Lange hätte aber sicher nichts dagegen, wenn sich die ein oder andere Schülerin später als diplomierte Biochemikerin oder Laborantin im Kollegenkreis wiederfinden würde:

    "Wir hier am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung, wir suchen ganz einfach auch Nachwuchs, weiblichen Nachwuchs, für unser Forschungszentrum. Und ich muss ja sagen: Aus den Erfahrungen vom Schülerlabor sehe ich auch, dass sehr viele Mädchen diese naturwissenschaftlichen Kurse mit belegen und die sich teilweise auch geschickter anstellen als die Jungs."

    Auch heute zeigt sich, dass die Mädchen beim Experimentieren ihren männlichen Altersgenossen in nichts nachstehen. Nach gut einer Stunde Forscherarbeit mit Mörser, Pipette und Reagenzglas gibt die Natur dann auch ihr Geheimnis preis: Aus dem vorher tiefgrünen Löwenzahn spalten sich deutlich erkennbar Gelb- und Blautöne ab. Noch etwas ungläubig halten die Mädchen ihren Teststreifen gegen das Licht. Die anfängliche Skepsis weicht Erstaunen:
    "Irgendwie schon. Das find' ich schon ganz interessant, dass man so langsam sehen kann, wie sich die Farben da verändern. Ich hätte auch nicht gedacht, dass jetzt in Löwenzahnblättern noch andere Farben, zum Beispiel Gelb dabei sind. Bin ich erstaunt auch."

    Und das Staunen geht weiter an diesem Tag im Umweltforschungszentrum Leipzig. An acht weiteren Stationen haben die Schülerinnen die Möglichkeit die Welt der Naturwissenschaften aus einer neuen, spannenden Perspektive kennen zu lernen. Den Mädchen hat der Ausflug in Labor und Forschung jedenfalls gefallen. Und vielleicht war es für die ein oder andere von ihnen ja erste Schritt hin zu einer erfolgreichen Forscherkarriere.