Nur wenige Krankheiten finden ihren Ursprung im Schaden eines einzelnen Gens. Viele schwere und häufige Leiden wie etwa Blutdruck entstehen erst durch die Kombination mehrerer "angeschlagener" Bauanleitungen im Erbgut. Moderne Technologien ermöglichen, immer mehr Gene mittels spezieller Chips parallel zu untersuchen und so Muster von genetischen Schwächen und entsprechenden Krankheiten nachzuweisen. Dies werde in Zukunft noch weiter stark zunehmen, schätzt Juha Kere, Molekulargenetiker am Karolinska Institut in Schweden:
"In Zukunft wird es eine Kombination vieler Risikogene sein, die eine korrekte Diagnose und die Verschreibung der richtigen Medikamente erlaubt. Deshalb wird es Gentests geben, auf denen viele Risikogene kombiniert untersucht werden."
Doch damit dräut auch die Gefahr kostspieliger patentrechtlicher Auseinandersetzungen, sorgen sich Naturwissenschaftler und Juristen schon heute. Denn Patente für viele solcher Risikogene und die entsprechenden Diagnosen liegen in den Händen einer Vielzahl von Patenthaltern. Sie - so die Befürchtung - könnten durchaus nahezu beliebig hohe Lizenzgebühren für die Nutzung ihrer Patente einfordern und somit quasi Monopole aufbauen. Denkbar wäre dann folgendes Szenario: Um etwa ein Leiden zu diagnostizieren, an dem beispielsweise zehn unterschiedliche Gene beteiligt sind, müssten möglicherweise zehn einzelne Testverfahren angewandt werden.
"Das wäre eine unerträgliche Situation, wenn wir für jedes Gen extra einen teuren Test kaufen müssten, während es mit neuester Technologie ganz einfach wäre, alle Gene auf einmal zu untersuchen."
Dabei sprechen Kere und seine Kollegen durchaus aus Erfahrung. So hält das US-Unternehmen Myriad-Genetics gleich mehrere Patente auf die Brustkrebsgene BRCA-1 und 2. Hierzulande führt ein Forschungskonsortium entsprechende diagnostische Genanalysen für 1500 bis 2000 Euro durch. Dagegen verlangte die Firma Bioscientia in Ingelheim, die einen Lizenzvertrag mit Myriad hat, bislang 3800 Euro für ein dafür auch qualitativ hochwertigeres und schnelleres Ergebnis. Doch nicht die Patentierung von Genen alleine sorgt Experten, sondern vielmehr, wie mit den Lizenzen dazu verfahren werden könnte. So diskutieren internationale Wissenschaftler der Humangenomorganisation HUGO schon seit Jahren, wie maßvolle Lizenzforderungen durchgesetzt werden könnten. Ihr Ansatz: Verwertungsrechte nach dem Vorbild der Schlagerindustrie, erklärt Geert-Jan van Ommen, Genetiker in Leiden und ehemaliger HUGO-Vorsitzender:
"Bei diagnostischen Anwendungen würde es eine zentrale Abrechnungsstelle für Lizenzgebühren auf Gene geben. Dann würde - wie bei Musik im Radio - automatisch ein kleiner Betrag anfallen, sobald ein Gen bei einer Diagnose benutzt wird. "
Aus dieser Zentralkasse würden die Gelder dann an die Patenthaltern weitergeleitet, so Ommen. Einen anderen Weg schlägt dagegen eine Arbeitsgruppe der Gesellschaft für Wirtschaftliche Zusammenarbeit (OECD) vor: Ihre Mitglieder erstellten Richtlinien, nach denen sich die Patenthalter zu maßvollen und fairen Lizenzforderungen verpflichten sollen - also quasi eine freiwillige Selbstkontrolle. Dazu Geertrui van Overwalle, Professorin für Patentrecht an der Katholischen Universität Leuven in Belgien.
"Natürlich wären solche Richtlinien nicht einklagbar, aber es besteht ein starker politischer Wille, sie in den Mitgliedsstaaten zu respektieren. Ein weiteres Sicherheitsinstrument, wenn Länder oder Parteien solchen Richtlinien nicht freiwillig folgen wollen und wenn sich Patenthalter unvernünftig oder unfair verhalten, wäre dann eine Zwangslizenz."
Schon heute bestehen derartige Zwanglizenzen in zahlreichen Europäischen Ländern. Sie werden etwa gestellt, wenn die öffentliche Gesundheit gefährdet ist. Doch die Hürde für ihre Gewährung läge in Deutschland sehr hoch, meint Joseph Straus, Direktor am Max-Planck-Institut für Geistiges Eigentum in München. Die Gerichte, so Straus, würden in solchen Fällen wohl sehr zurückhaltend urteilen.
[Quelle: Grit Kienzlen]
"In Zukunft wird es eine Kombination vieler Risikogene sein, die eine korrekte Diagnose und die Verschreibung der richtigen Medikamente erlaubt. Deshalb wird es Gentests geben, auf denen viele Risikogene kombiniert untersucht werden."
Doch damit dräut auch die Gefahr kostspieliger patentrechtlicher Auseinandersetzungen, sorgen sich Naturwissenschaftler und Juristen schon heute. Denn Patente für viele solcher Risikogene und die entsprechenden Diagnosen liegen in den Händen einer Vielzahl von Patenthaltern. Sie - so die Befürchtung - könnten durchaus nahezu beliebig hohe Lizenzgebühren für die Nutzung ihrer Patente einfordern und somit quasi Monopole aufbauen. Denkbar wäre dann folgendes Szenario: Um etwa ein Leiden zu diagnostizieren, an dem beispielsweise zehn unterschiedliche Gene beteiligt sind, müssten möglicherweise zehn einzelne Testverfahren angewandt werden.
"Das wäre eine unerträgliche Situation, wenn wir für jedes Gen extra einen teuren Test kaufen müssten, während es mit neuester Technologie ganz einfach wäre, alle Gene auf einmal zu untersuchen."
Dabei sprechen Kere und seine Kollegen durchaus aus Erfahrung. So hält das US-Unternehmen Myriad-Genetics gleich mehrere Patente auf die Brustkrebsgene BRCA-1 und 2. Hierzulande führt ein Forschungskonsortium entsprechende diagnostische Genanalysen für 1500 bis 2000 Euro durch. Dagegen verlangte die Firma Bioscientia in Ingelheim, die einen Lizenzvertrag mit Myriad hat, bislang 3800 Euro für ein dafür auch qualitativ hochwertigeres und schnelleres Ergebnis. Doch nicht die Patentierung von Genen alleine sorgt Experten, sondern vielmehr, wie mit den Lizenzen dazu verfahren werden könnte. So diskutieren internationale Wissenschaftler der Humangenomorganisation HUGO schon seit Jahren, wie maßvolle Lizenzforderungen durchgesetzt werden könnten. Ihr Ansatz: Verwertungsrechte nach dem Vorbild der Schlagerindustrie, erklärt Geert-Jan van Ommen, Genetiker in Leiden und ehemaliger HUGO-Vorsitzender:
"Bei diagnostischen Anwendungen würde es eine zentrale Abrechnungsstelle für Lizenzgebühren auf Gene geben. Dann würde - wie bei Musik im Radio - automatisch ein kleiner Betrag anfallen, sobald ein Gen bei einer Diagnose benutzt wird. "
Aus dieser Zentralkasse würden die Gelder dann an die Patenthaltern weitergeleitet, so Ommen. Einen anderen Weg schlägt dagegen eine Arbeitsgruppe der Gesellschaft für Wirtschaftliche Zusammenarbeit (OECD) vor: Ihre Mitglieder erstellten Richtlinien, nach denen sich die Patenthalter zu maßvollen und fairen Lizenzforderungen verpflichten sollen - also quasi eine freiwillige Selbstkontrolle. Dazu Geertrui van Overwalle, Professorin für Patentrecht an der Katholischen Universität Leuven in Belgien.
"Natürlich wären solche Richtlinien nicht einklagbar, aber es besteht ein starker politischer Wille, sie in den Mitgliedsstaaten zu respektieren. Ein weiteres Sicherheitsinstrument, wenn Länder oder Parteien solchen Richtlinien nicht freiwillig folgen wollen und wenn sich Patenthalter unvernünftig oder unfair verhalten, wäre dann eine Zwangslizenz."
Schon heute bestehen derartige Zwanglizenzen in zahlreichen Europäischen Ländern. Sie werden etwa gestellt, wenn die öffentliche Gesundheit gefährdet ist. Doch die Hürde für ihre Gewährung läge in Deutschland sehr hoch, meint Joseph Straus, Direktor am Max-Planck-Institut für Geistiges Eigentum in München. Die Gerichte, so Straus, würden in solchen Fällen wohl sehr zurückhaltend urteilen.
[Quelle: Grit Kienzlen]