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Schutzimpfung
Britische Forscher testen experimentellen Impfstoff gegen Hepatitis C

Medizin. - Allein in Deutschland tragen etwa 500.000 Menschen das Hepatitis-C-Virus in sich. Das Virus befällt die Leber und löst eine chronische Entzündung aus, auch steigt das Risiko für die Entstehung von Leberkrebs. Gute Medikamente waren bisher teuer - nun haben britische Forscher eine Schutzimpfung getestet.

Von Martin Winkelheide | 06.11.2014
    Seit vielen Jahren versuchen Forscher, eine Impfung gegen Hepatitis C zu entwickeln – bislang gab es vor allem Rückschläge. Jetzt ist von britischen Forschern erstmals ein experimenteller Impfstoff an Menschen getestet worden. Die Ergebnisse der Pilotstudie sind heute im Fachblatt "Science Translational Medicine" vorgestellt worden.
    "Prevention is better than cure."
    Vorbeugung ist besser als Heilung, eine Schutzimpfung besser als Medikamente, sagt Ellie Barnes, Professorin für Lebererkrankungen und experimentelle Medizin an der Universität Oxford. Diese Maxime gilt auch für die Hepatitis C. Aber lange Zeit schien es unmöglich, einen wirksamen Impfstoff gegen das Virus zu entwickeln, denn gängige Impfkonzepte versagten.
    "Wenn Kinder gegen Mumps, Masern, Röteln geimpft werden, dann bekommen sie Impfstoffe, die dem Körper beibringen, Abwehrmoleküle gegen die Erreger zu bilden. Und diese Antikörper binden an die Oberfläche der Erreger. Sie verhindern also, dass sie in Zellen eindringen und sich vermehren. Also, dass es zu einer Infektion kommt. So funktionieren fast alle Schutzimpfungen."
    Hepatitis C-Viren –aber auch AIDS-Viren – sind in der Lage, den Angriffen der Antikörper auszuweichen. Sie bilden immer neue Oberflächen-Varianten, kein Virus gleicht dem anderen. Gegen Hepatitis C braucht es also eine andere, eine neuartige Strategie, betont Ellie Barnes.
    Immunsystem wird auf infizierte Zellen trainiert
    Auf solche eine Strategie setzt der experimentelle Impfstoff des italienischen Biotech-Unternehmens Okairos, das inzwischen dem Pharmakonzern GSK gehört. Er trainiert spezielle Zellen des Immunsystems, so genannte Helferzellen, darauf, mit Hepatitis C infizierte Zellen zu erkennen und zu zerstören. Geimpft wird dazu mit Erbgutbausteinen des Hepatitis-C-Virus. Mit Genen, die das Virus für seine Vermehrung braucht. Als Transportmittel dienen umgebaute, abgeschwächte – also nicht krank machende Viren: Zum einen ein Adenovirus, das normalerweise Schimpansen befällt, sowie ein Vogelpockenvirus. Die beiden Impfstoff-Varianten werden im Abstand von acht Wochen gegeben und sorgen so für eine besonders starke Reaktion des Immunsystems.
    "Wir haben die Versuchspersonen aus unserer Studie etwas mehr als ein Jahr lang beobachtet und untersucht. Und in dieser Zeit war die Immun-Antwort auf den experimentellen Impfstoff sehr gut, und sie hat sich nicht abgeschwächt. Wir werden jetzt weiter beobachten, wie lange das so bleibt."
    Impfung nicht für jedermann sinnvoll
    Die erste Erprobung an 18 Freiwilligen deutet darauf hin, dass der Impfstoff keine oder nur sehr milde unerwünschte Nebenwirkungen verursacht – etwa Reizungen an den Einstichstellen sowie zuweilen leichte Kopfschmerzen. Ob der Impfstoff tatsächlich zuverlässig vor einer Ansteckung mit Hepatitis C schützen kann, wird sich frühestens in zwei Jahren zeigen. Dann liegen die Ergebnisse einer größeren Studie vor, die gerade in Baltimore und San Francisco begonnen hat. An ihr nehmen mehr als 300 Menschen teil. Sie haben als Drogenkonsumenten ein besonders hohes Risiko, sich mit Hepatitis C anzustecken. Sollte sich der Impfstoff als wirksam erweisen, wäre es erstmals möglich, sich vor einer Ansteckung mit Hepatitis C zu schützen.
    "In den Ländern des Westens, also in den USA und Europa, ist Hepatitis nicht so weit verbreitet. Dort würde man die Impfung Menschen mit einem besonders hohen Ansteckungsrisiko empfehlen. Also Ärzten und Pflegern, Dialysepatienten, Drogenkonsumenten oder auch Angehörigen von Hepatitis-Patienten."
    Nur in asiatischen Ländern oder auch in Ägypten, wo die Hepatitis C weit verbreitet ist, wäre es sinnvoll, die Schutzimpfung allen Menschen zu empfehlen.