Die Klage, die wir im Namen von fünf Familien der Opfer, eingereicht haben, beinhaltet folgende Punkte: Gefährdung von Menschenleben, unterlassene Hilfeleistung gegenüber in Gefahr befindlicher Menschen und irreführende Werbung, die eine Gefährdung der öffentlichen Gesundheit darstellte.
1994 warnte der damalige und heutige französische Gesundheits-Minister Douste-Blazy im Fernsehen die Bürger vor einer der schlimmsten Infektions-Krankheiten des Jahrhunderts. Er prognostizierte für Frankreich über 100.000 Neuerkrankungen pro Jahr - Zahlen, die um das 50fache übertrieben waren, klagt die französische Opfervereinigung REVAHB. In kürzester Zeit ließen sich 30 Millionen Franzosen gegen Hepatitis-B impfen - obwohl nach heute einhelliger Experten-Meinung Säuglinge und Risikogruppen ausgereicht hätten. Minister Douste-Blazy verteidigt sich mit den Worten, er habe nach damaligem Kenntnisstand entschieden und nur Empfehlungen der Welt-Gesundheits-Organisation umgesetzt. Für den unabhängigen Pharmakologen und Gerichts-Gutachter Marc Girard nahm die französische Regierung damals jedoch bewusst das Risiko Zehntausender Multiple-Sklerose-Erkrankungen in Kauf.
Die Experten der französischen Gesundheitsbehörden machen sich über uns lustig. Unter sich sagen sie, dass sie einen Risikofaktor 2 akzeptieren, das bedeutet ein doppelt so hohes Risiko zu erkranken. Gegenüber der Bevölkerung behaupten sie hingegen, dass das Risiko gering sei. Aber derzeit existieren in Frankreich mehrere Zehntausend an Multipler Sklerose erkrankte Opfer - wobei diese Zahl nur die Fälle von neurologischen Krankheiten umfasst, aber nicht die zahlreichen Auswirkungen dieser Impfung auf das Immunsystem.
Offiziell wurden bislang aber nur 90 Opfer finanziell entschädigt - im Hinblick auf eine "höchstwahrscheinlich" durch die Hepatitis-B-Impfung entstandene Arbeitsunfähigkeit. Keine wissenschaftliche Untersuchung konnte bisher einen kausalen Zusammenhang beweisen. Mitte September erschien in der US-Fachzeitschrift "Neurology" dann eine Studie des Forscherteams von Miguel Hernan. Diese zeigt, dass nach einer Hepatitis-B-Impfung ein drei Mal höheres statistisches Risiko besteht an Multipler Sklerose zu erkranken. Allerdings auf einer Basis von nur 163 MS-Patienten. Die staatliche Impf-Überwachungs-Behörde Frankreichs hat bislang über 900 Anträge von Opfern registriert, die seit einer Hepatitis-B-Impfung an Multipler Sklerose leiden. Die größte Serie an Impfschäden, die seit 30 Jahren registriert wurde, aber kein Beweis, bemerkt der Entwickler des französischen Hepatitis-B-Impfstoffes Genhevac vom Pasteur-Institut, Professor Girard.
Die Antwort auf ihre Frage lautet: Nein, es gab keinerlei Anstieg von Erkrankungen wie der Multiplen Sklerose nach der Hepatitis-B-Impfkampagne. Es existiert auch kein Beweis für einen kausalen Zusammenhang. Man weiß bis heute nicht, wie Multiple Sklerose ausgelöst wird. Man nimmt an, dass es sich um eine Autoimmunkrankheit handelt, die das Nervensystem angreift. Aber man kennt weder die genaue Natur noch den Entstehungs-Mechanismus dieser Krankheit. Und man kennt auch nicht die Faktoren, die diese Krankheit auslösen.
Das französische Gesundheitsministerium hält die Vorteile einer Hepatitis-B-Impfung - insbesondere für Risikogruppen - weiterhin für unvergleichlich größer als eventuell mögliche, aber überaus seltene Impfschäden. Der Pharmakaloge und Gerichtsgutachter Marc Girard hat hingegen angekündigt, demnächst einen wissenschaftlichen Beweis für einen kausalen Zusammenhang zwischen Hepatitis-B-Impfung und Multipler Sklerose zu veröffentlichen:
Beim ersten Mechanismus handelt es sich wahrscheinlich um einen Anpassungs-Fehler eines Moleküls, der anschließend zu neurologischen Problemen führt. Der zweite Mechanismus läuft ganz einfach so ab, dass durch die Impfung bestimmte Komplikationen vervielfältigt werden, die von der Hepatitis-B-Impfung bekannt sind: Schwächung des Immunsystems und so weiter.
Bleibt abzuwarten, ob seine Beweisführung der Expertenkritik standhalten wird. Falls ja, würde die Klage gegen die drei französischen Gesundheits-Minister vor dem Hohen Gerichtshof vergleichbar mit dem Skandal um die Aids-verseuchten Blutkonserven in den 80er Jahren.