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Schwanger studieren und trotzdem nicht pleite

Nach Angaben des Deutschen Studentenwerks sind an deutschen Hochschulen über 120.000 Studierende mit Kind immatrikuliert, mehr als die Hälfte sind Frauen. Mit Kind studieren, das ist möglich, aber nicht ganz einfach. Seminarpläne und Stillzeiten müssen unter einen Hut gebracht werden. Aber nicht nur das. Mit dem Entschluss das Kind zu bekommen, stehen Studierende vor einer neuen finanziellen Situation. Doch viele schwangere Studentinnen wissen nicht, welche Unterstützungsmöglichkeiten es gibt und wo sie sich beraten lassen können.

Von Viola Zech |
    Katharina Renner studiert Germanistik und Lateinamerikanistik an der FU Berlin. Obwohl sie bereits am Ende ihres Studiums steht, wird sie ab Oktober ein Urlaubssemester nehmen, denn Katharina Renner ist im achten Monat schwanger. Eine schwierige Situation, an die sie sich erst gewöhnen musste:

    "Also zuerst war ich reichlich überfordert, weil ich kurz vor dem Abschluss meines Magisterstudiums stehe und mir dann Gedanken gemacht habe: Wie schaffe ich das jetzt auch mit Kind noch und hab mich in dieser Situation dann vom Studentenwerk Berlin beraten lassen."
    Nicht nur die bundesweit arbeitenden Studentenwerke der Hochschulen, auch kirchliche Träger und Pro Familia unterstützen werdende Mütter, die noch studieren. Der erste Tipp aller Anlaufstellen: Ein Urlaubssemester beantragen. Zum einen, weil sich Geburt und Studium zumindest am Anfang schlecht unter einen Hut bringen lassen. Zum anderen, weil man nur im Urlaubssemester Anspruch auf Arbeitslosengeld II hat. Doch im Jobcenter der Agentur für Arbeit wollte man Katharina Renner erst wieder wegschicken ...

    " ... .weil Studenten eigentlich vom BAföG-Amt aufgefangen werden und das Jobcenter sich nicht für sie zuständig fühlt. Aber im Fall einer Schwangerschaft und wenn man so wie ich über die Regelstudienzeit hinausgegangen ist, also kein Anspruch mehr auf BAföG hat, dann muss man sich ans Jobcenter wenden und ist dann ein so genannter Härtefall auch und muss dann auch mit dem entsprechenden Nachdruck vorgehen."

    ... erzählt Katharina Renner. Neben dem Arbeitslosengeld II ist Elterngeld eine weitere wichtige finanzielle Unterstützung für die 28-Jährige. Als Studentin ohne festes Einkommen bekommt sie allerdings hier nur den Mindestsatz von monatlich 300 Euro. Studentenwerk-Beraterin Beatrix Gomm macht auf weitere soziale Leistungen aufmerksam:

    "Bei schwangeren Studentinnen ist das vor allem die Babyerstausstattung und der Schwangerenmehrbedarf. Das können sie beim Jobcenter ihres Wohnbezirks beantragen. Sie müssen natürlich die soziale Bedürftigkeit nachweisen, also dass sie nicht zu viel Erspartes haben, dass sie kein hohes Einkommen haben, aber das ist bei Studierenden meistens nicht der Fall."

    Die Baby-Erstausstattung ist eine Pauschale von rund 740 Euro. Von diesem Geld können zum Beispiel Kinderbett, Kinderwagen und die Schwangerschaftsbekleidung für die Mutter gekauft werden. Geld, das auch Katharina Renner jetzt gut gebrauchen könnte. Den Antrag dafür hat sie längst abgegeben. Doch obwohl ihr Kind schon in sechs bis acht Wochen kommt und Behördengänge durch den wachsenden Bauch immer anstrengender werden, wartet sie immer noch auf das Geld.

    "Was ich Gott sei Dank jetzt schon erhalte ist der so genannte Mehrbedarf für Schwangere vom Jobcenter. Das sind so 60 Euro im Monat, also so ein kleiner Beitrag um eben den Mehrbedarf, den man auch wirklich hat, sei es an Vitaminpillen und Medikamenten spezielle, die man in der Schwangerschaft verwenden darf, aber die relativ teuer sind, ja, dass man die sich leisten kann."

    Auch an die Bundesstiftung Mutter und Kind kann sich Katharina Renner noch wenden, denn die Stiftung hilft werdenden Müttern in schwieriger finanzieller Lage. Christine Schirmer, Sozialarbeiterin bei Pro Familia:

    "Stiftungsgelder - darauf gibt es keinen Rechtsanspruch, aber wir machen schon die Erfahrung, dass die Frauen, die wirklich in einer Notlage sind und das auch gegenüber uns und der Stiftung deutlich machen, dass die dann auch ergänzend Gelder bekommen können. Die Stiftung ist auch dann ganz wichtig, wenn zum Beispiel ausländische Studentinnen, die ja hier keinen Anspruch auf Leistungen haben in Not geraten und schwanger sind und nicht wissen, wie sie das finanzieren sollen."

    Nicht nur in finanziellen Angelegenheiten sollten sich schwangere Studentinnen an Beratungsstellen wenden, empfehlen die Expertinnen. Denn von Fall zu Fall sei die Situation unterschiedlich und somit eine individuelle Beratung wichtig. Andrea Hoops, stellvertretende Generalsekretärin des Deutschen Studentenwerks:

    "Die Studierenden haben überall in Deutschland überall die Möglichkeit die Leistung der Studentenwerke in Anspruch zu nehmen und sie können die Beratungsstellen aufsuchen und bekommen dort auch die Unterstützung."