Im Oktober 2001 begannen die Software-Spezialisten im NATO-Hauptquartier bei Brüssel mit einer eingehenden Analyse der Luftverteidigungssysteme, die in den NATO-Mitgliedsstaaten eingesetzt werden. Das Ergebnis war niederschmetternd. Softwarebedingte Unterbrechungen der Befehlskette traten an mehreren Stellen auf, taktische Informationen wurden verzögert an vorgelagerte Einsatzstäbe übermittelt und Luftraumüberwachungsdaten, die von den Radarstationen und den AWACS-Aufklärungsflugzeugen erhoben werden, wurden mangelhaft aufbereitet. Den verantwortlichen Planern im NATO-Streitkräftemanagement dämmerte, dass diese Missstände mit einer bloßen Sanierung völlig veralteter Softwaresysteme nicht behoben werden konnten. "Das bisherige NATO-System ist sehr alt. Die NATO legt als Vereinigung unterschiedlicher Länder natürlich großen Wert auf die langjährige Nutzung einer jeden Investition", erklärt NATO-Spezialist Danny Goodall von Sonic Software höchst diplomatisch.
Geradezu museal muten denn auch Teile der Systeme an: Algorithmen stammten aus den siebziger Jahren, unter den Datenformaten bei den Aufklärungssystemen herrschte babylonische Vielfalt und die Integration der Kommunikationsinfrastruktur, die von den Militärs der verschiedenen NATO-Mitgliedsstaaten eingesetzt wurde, wies ebenfalls eklatante Mängel auf. Die Luftraumüberwachung habe sicherlich Löcher, räumt ein hochrangiger NATO-Offizier denn auch unumwunden ein und begründet, dass es zu dem jetzt eingeführten "Air Command and Control System" keine Alternative gibt. Dazu Danny Goodall. "Die NATO hat sich für die Air Control System Integration entschieden, um die alten Systeme zu ersetzen. Dabei müssen verschiedene Teilbereiche integriert werden, die teilweise in Echtzeit arbeiten. Zum Beispiel hat das Luftüberwachungssystem ein Verfahren für die Einsatzplanung, eines für die Steuerung von Lufteinsätzen und eines für die Luftverkehrskontrolle."
Das durchgängige Zusammenspiel aller eingesetzten Systeme steht deshalb auch ganz oben im Pflichtenheft der Softwareplaner bei der NATO. Gewährleisten soll das der so genannte "Enterprise Service Bus", schildert Goodall: "Dieses Konzept erlaubt verschiedenen Anwendungen, miteinander sicher zu kommunizieren. Dabei kann auch mit XML-Dokumenten und Web-Diensten gearbeitet werden - das ist der Enterprise Service Bus." Bei der Arbeit mit Web-Services greifen die NATO-Strategen auf ein erneuertes militärisches Internet zurück. Das so genannte "Rote Netz" arbeitet teilweise mit vierstelligen Schlüsseln für die Verschlüsselung von Daten und nutzt für die Informationsübertragung besonders gesicherte Satellitenverbindungen. Eigens hierfür wurden sämtliche Fernmeldesatelliten der so genannten Region 4, die bisher auch für zivile Zwecke genutzt wurden, für die alleinige NATO-Nutzung umgewidmet. Besonderes Kopfzerbrechen bereitete den NATO-Planern indes die Internet-Anbindung von zum Teil undokumentierten NATO-eigenen Schnittstellen, darunter auch für die Radarüberwachung. "Vom Standpunkt des Integrators gesehen haben wir eine nachrichtenorientierte Middleware, einen so genannten Nachrichten-Handler. Die NATO-Systeme nutzen sowohl die bisherigen NATO-eigenen Schnittstellen, als auch Schnittstellen, die in C und C++ geschrieben sind. Wenn der Nachrichten-Handler eine Nachricht bekommen hat, wartet er auf die nächste Anwendung, die diese Information braucht."
Anwendungen wie etwa das Einsatzplanungssystem beziehen die benötigten Daten dann via Internet. Dadurch wird auch die bisherige Befehlskette abgelöst. Denn die sah vor, dass ein Hauptquartier Informationen an vorgelagerte Einsatzstäbe schickt, und die Einsatzstäbe diese Informationen wiederum an einzelne Kommandostellen weiter verteilen. Jetzt holt sich jede Anwendung die Informationen, die sie braucht. Ein modernes Managementsystem hält also Einzug in die NATO. "Das Kommando- und Kontrollsystem für die Luftwaffe wird mit der Zeit bei jedem größeren Bündnispartner installiert. Zur Zeit wird es an einige größere europäische Staaten ausgeliefert. Es ist eine bedeutende Systementwicklung, die fortgesetzt wird", so Danny Goodall. Denn ein paar Löcher in der Luftverteidigung werden die NATO-Planer schon noch entdecken. Um sie alle sicher zu schließen, rechnen Experten mit einem Zeitraum von mehreren Jahren.
[Quelle: Peter Welchering]
Geradezu museal muten denn auch Teile der Systeme an: Algorithmen stammten aus den siebziger Jahren, unter den Datenformaten bei den Aufklärungssystemen herrschte babylonische Vielfalt und die Integration der Kommunikationsinfrastruktur, die von den Militärs der verschiedenen NATO-Mitgliedsstaaten eingesetzt wurde, wies ebenfalls eklatante Mängel auf. Die Luftraumüberwachung habe sicherlich Löcher, räumt ein hochrangiger NATO-Offizier denn auch unumwunden ein und begründet, dass es zu dem jetzt eingeführten "Air Command and Control System" keine Alternative gibt. Dazu Danny Goodall. "Die NATO hat sich für die Air Control System Integration entschieden, um die alten Systeme zu ersetzen. Dabei müssen verschiedene Teilbereiche integriert werden, die teilweise in Echtzeit arbeiten. Zum Beispiel hat das Luftüberwachungssystem ein Verfahren für die Einsatzplanung, eines für die Steuerung von Lufteinsätzen und eines für die Luftverkehrskontrolle."
Das durchgängige Zusammenspiel aller eingesetzten Systeme steht deshalb auch ganz oben im Pflichtenheft der Softwareplaner bei der NATO. Gewährleisten soll das der so genannte "Enterprise Service Bus", schildert Goodall: "Dieses Konzept erlaubt verschiedenen Anwendungen, miteinander sicher zu kommunizieren. Dabei kann auch mit XML-Dokumenten und Web-Diensten gearbeitet werden - das ist der Enterprise Service Bus." Bei der Arbeit mit Web-Services greifen die NATO-Strategen auf ein erneuertes militärisches Internet zurück. Das so genannte "Rote Netz" arbeitet teilweise mit vierstelligen Schlüsseln für die Verschlüsselung von Daten und nutzt für die Informationsübertragung besonders gesicherte Satellitenverbindungen. Eigens hierfür wurden sämtliche Fernmeldesatelliten der so genannten Region 4, die bisher auch für zivile Zwecke genutzt wurden, für die alleinige NATO-Nutzung umgewidmet. Besonderes Kopfzerbrechen bereitete den NATO-Planern indes die Internet-Anbindung von zum Teil undokumentierten NATO-eigenen Schnittstellen, darunter auch für die Radarüberwachung. "Vom Standpunkt des Integrators gesehen haben wir eine nachrichtenorientierte Middleware, einen so genannten Nachrichten-Handler. Die NATO-Systeme nutzen sowohl die bisherigen NATO-eigenen Schnittstellen, als auch Schnittstellen, die in C und C++ geschrieben sind. Wenn der Nachrichten-Handler eine Nachricht bekommen hat, wartet er auf die nächste Anwendung, die diese Information braucht."
Anwendungen wie etwa das Einsatzplanungssystem beziehen die benötigten Daten dann via Internet. Dadurch wird auch die bisherige Befehlskette abgelöst. Denn die sah vor, dass ein Hauptquartier Informationen an vorgelagerte Einsatzstäbe schickt, und die Einsatzstäbe diese Informationen wiederum an einzelne Kommandostellen weiter verteilen. Jetzt holt sich jede Anwendung die Informationen, die sie braucht. Ein modernes Managementsystem hält also Einzug in die NATO. "Das Kommando- und Kontrollsystem für die Luftwaffe wird mit der Zeit bei jedem größeren Bündnispartner installiert. Zur Zeit wird es an einige größere europäische Staaten ausgeliefert. Es ist eine bedeutende Systementwicklung, die fortgesetzt wird", so Danny Goodall. Denn ein paar Löcher in der Luftverteidigung werden die NATO-Planer schon noch entdecken. Um sie alle sicher zu schließen, rechnen Experten mit einem Zeitraum von mehreren Jahren.
[Quelle: Peter Welchering]