Eine exotische alte Fabel. Eine Fieberepidemie, freigekaufte Sklaven, Wanderprediger, Heilslehren, Irrlauben, Prophezeiungen - das klingt nach einem Historienschinken, in dem man als Leser, wohlig angegraust, doch ganz gemütlich Platz nehmen könnte. John Edgar Wideman hat aber alles andere als das geschrieben. Ebensowenig kann man seinen Roman "Schwarzes Blut" allerdings in eine Reihe mit Werken wie etwa dem Roman von Toni Morrison "Beloved", "Menschenkind" stellen. Zwar thematisieren beide die Herkunft der USA aus rassistischer Ungerechtigkeit und Gewalt, sie bearbeiten das Trauma der Sklaverei, sie zeigen die Kontinuität der Zweiteilung der Gesellschaft in Menschen erster und zweiter Klasse, sie beziehen die afrikanischen roots, Glaubensvorstellungen, Mythen, Erzählungen ein - und trotzdem würde man beiden Autoren, weder ihr noch ihm, kaum gerecht, wollte man sie quasi nebeneinander lesen. Toni Morrison hat auch hierzulande insbesondere unter Frauen Kultstatus; wenn man sich auf den Ton oder die Schwingung und Stimmung besinnt, könnte man sagen, sie schreibt unsentimental, aufrührerisch, mit teils herbem, teils warmem Witz.
Eine Autorin, mit deren provokativen Satz "ich bin keine Amerikanerin" sich Wideman insofern solidarisieren kann, als das Bild "des" Amerikaners spontan immer noch mit einem Weißen verbunden wird. Wenn "der" Amerikaner automatisch "weiß" ist, dann richten sich spezifische Erwartungen an "schwarze" Literatur: Sie wird gern dokumentarisch gelesen, als Zeugnis einer "anderen" Lebensweise - ob es nun um Kriminalität, Sport, das Showbusiness oder um die Sklaverei und die Befreiung daraus geht, wobei das letzte Thema geradezu verlockt, populistische Romane nach dem Schema "durch Nacht zum Licht" zu verfassen. John Wideman greift zwar auch in seinem neuen Buch auf sogenannte "schwarze" Themen zurück, aber die Konstruktion seines äußerst anspruchsvollen Romans ist nicht dazu gedacht, exotisches Lesefutter für ein breites, unterhaltungssuchendes Publikum zu bieten. Wie jeder skeptische Intellektuelle weiß er, daß historische Romane im Grunde nicht zu erzählen sind, und die Konsequenz daraus ist ein Text, der verschiedenen Versionen von Geschichte und Geschichtsinterpretation miteinander verschränkt, ein Text, der Tableaus aufbaut und ineinanderschiebt.
Widemans Literatur wird in den USA sehr ernst genommen, und das ist nicht einem "Minderheitenbonus" geschuldet, sondern hat mit der Komplexität seiner Arbeit zu tun. Hierzulande, im deutschsprachigen Raum, ist der Autor noch kaum bekannt, obwohl sein Lebensweg doch hellhörig machen könnte. Gleich zweimal, 1983 und 1990, verlieh man ihm den renommierten PEN Faulkner Award.. John Edgar Wideman wurde 1941 in einer Arbeiterfamilie in Washington D.C geboren und wuchs in Homewood, dem Schwarzenviertel von Pittsburgh, auf; er kommt also aus sogenannten "einfachen Verhältnissen", wobei jedem klar sein kann, daß diese Verhältnisse fast immer alles andere als einfach sind. Wideman allerdings gelang der Aufstieg; er war ein afroamerikanischer "golden boy", er war ein Basketballstar, bekam das begehrte Rhodes-Scholarship, studierte in Oxford und arbeitet seit 1967 als Autor und nebenher als Dozent für creative writing und Literatur. Dabei lebt er auch heute nicht im Elfenbeinturm - Wideman engagiert sich immer wieder für andere; so hat er etwa die Essays des zum Tode verurteilten Mumia Abu Jamal, "aus der Todeszelle", eingeleitet. Von den zahlreichen Romanen Widemans veröffentlichte der Claassen-Verlag vor 2 Jahren "Himmel unter den Füssen", und Suhrkamp brachte Ende der Achziger "Brothers and Keepers" - in der Übersetzung "Bruder und Hüter" heraus, in dem der Autor unter anderem. die Beziehung zu seinem Bruder thematisiert, der wegen bewaffnetem Raubüberfall lebenslänglich in Haft sitzt.
Auch im 1990 erschienenen Roman "Philadelphia Fire" taucht eine autobiographische Erfahrung auf; Widemans Sohn sitzt ebenfalls im Gefängnis, weil er als sechzehnjähriger einen Mitschüler umbrachte. "Philadelphia fire" ist aber vor allem eine Auseinandersetzung mit den Ereignissen in Philadelphia 1985: Ein Polizeihelikopter warf seinerzeit eine Bombe über einem Haus der radikalen schwarzen MOVE-Bewegung ab; dabei starben sechs Erwachsene und fünf Kinder. Im Roman "fatheralong" ging es dann um den eigenen, immer fern gebliebenen Vater, und, ausgehend von diesem Vater- Sohn-, von diesem Generationenkonflikt, einmal mehr um die Identität und um das Stigma, "schwarz" zu sein.
The cattle killing, "das schwarze Blut", geht in seinen beiden Hauptteilen zurück in die Zeit um das Ende des 18. Jahrhunderts, und der scheinbar gesicherte historische Boden gerät dabei in Bewegung. Wideman entwirft ein flirrendes, changierendes, gelegentlich surrealistisch anmutendes und äußerst schwer fassbares Bild der Zeit und der Befindlichkeit seiner Protagonisten. Bei nur einmaliger Lektüre seines Romans wird man kaum hinter die "Botschaft" des Buchs kommen, wenn man denn überhaupt versuchen will, ihm so etwas zu unterschieben. Die erste, naheliegenste Herausforderung besteht wohl darin, überhaupt so etwas wie einen Erzähler zu identifizieren. Das geht schon im Prolog los, der alle folgenden Motive anklingen lässt; er spielt "heute". Ein "er", eine Art verlorener Sohn, bricht zu seines Vaters Haus auf, um ihm sein neues Buch mitzubringen. Unter der Hand wird aus diesem "er" ein "du", dann ein "ich", und dieser nicht ganz einfach nachzuvollziehende Perspektivenwechsel setzt sich auch in den beiden Hauptteilen fort, wobei hier noch einige andere historische oder frei erfundene Charaktere sprechen, als "er", "du", "ich"; dazu kommen ihre Brief- oder Tagebuchaufzeichungen. Im Epilog spricht wieder ein Sohn, der jetzt das Buch seines Vaters "schwarzes Blut" gelesen hat, er bezieht sich dann aber bald wieder auf einen weiteren rätselhaften Ich-Erzähler, kurz: Der Versuch, dieses who´s- who lückenlos aufzulösen, soll wahrscheinlich gar nicht gelingen, vielmehr macht das Ineinanderschieben der Charaktere die tiefgründige Philosophie Widemans erst eigentlich evident. Die Lesemühe wird zur Entdeckung, wenn man dahinter kommt, daß der Autor, um es in einem Bild zu sagen, nicht einfach einer ungeordneten reißenden Flut Tor und Tür geöffnet hat; vielmehr ist es wohl so: Man hat es hier mit Bahnungen zu tun. Widerstände, die im Thema des Erzählten liegen, müssen überwunden werden, und wo die eine Figur stockt, macht die andere weiter. Mäander sind die Suche eines Flusses nach dem Weg, an Widerständen vorbei, und in solch mäandrierendem Fluss treiben die Figuren und Ereignisse bei Wideman. Es geht ihm also gerade nicht darum, Identitäten festzuklopfen und zu definieren, sondern darum, sie freizusetzen.
Einmal stand ich in Stubbs´ Landhaus in Horkstow und habe in den Regen hinausgesehen. ... Man sah auf wogendes Weideland hinaus, am Horizont eine Kette geduckter grauer Kuppen. Weiden grün wie diese hier heute Morgen. Und mittendrin einige gewaltige regenschwarze Eichen. Und während ich hinaussah, begannen die Bäume aufzusteigen. Geradewegs in den Himmel. Ganz langsam. Majestätisch. Verließen die grüne Erde. Wie der Mastenwald einer gewaltigen Galeere, die an unsichtbaren Tauen aus dem Meer gezogen wird. Ich traute meinen Augen lang genug, um zu glauben, was ich sah. Segelnde Bäume, die festen Boden hinter sich ließen. Bis mir der Regen einfiel. Und ich seine schrägen Strichfelder wieder sah. Mein Auge hatte Unbewegtes für Bewegtes gehalten. Die natürliche Ordnung der Dinge verkehrt. Abwärts zu aufwärts gemacht. Was verwurzelt war, sah ich frei. Was sich bewegte, sah ich reglos. Eine andere Welt hinter der eigentlichen. Eine Welt, die nicht sein konnte und doch ganz einfach in aller Pracht war, was sie nicht sein konnte. Mein Fehler kein Fehler. Wenn ich heute hinaussehe auf Bäume, weiß ich, das es in ihrer Macht steht zu fliegen. ... Ich sehe mich in dir. Wie alles wieder von vorne beginnt. Ungeduldig aufs Ziel losstürmt. Keine Zeit. Allezeit. Regen so durchsichtig wie die Jahre.
Die Zeit ist ein Fluss, oder ein See - und so gewinnt das Bild der rätselhaften Afrikanerin, die mit dem Kind in ihm verschwindet, einen Sinn und eine Gültigkeit jenseits des linearen, hierarchisierenden, "logischen" Denkens. Die schemenhafte Frau könnte so etwas wie die Seele der Schwarzen verkörpern. Sie ist das eindringlichste Beispiel dafür, wie in diesem Roman immer eine Figur, oder eine Erfahrung, oder eine Prophezeihung eine andere vorwegnimmt, d.h, man gerät in einen verwirrenden, bannenden, auch betörenden Echo-Raum: "Schwarzes Blut" arbeitet sich in radikaler Konsequenz auf die Auflösung alles Gesicherten, Gewissen zu. So kann die gesuchte afrikanische Frau etwa in der Gestalt der alten weißen Frau Stubbs auftauchen; bei ihr und ihrem schwarzen Mann Liam Stubbs verbringt der Wanderprediger einige Zeit. Er beobachtet sie beim Baden, und ihre Kontur und ihre Haut- und Haarfarbe lösen sich auf, andere schieben sich darüber. Man sieht, es geht also hier nicht zuletzt um immaterielle, spirituelle Erfahrungen - auch das ein Bereich, den man den Schwarzen ja gern zuschiebt - aber Wideman verwendet symbolträchtige Motive wie "Wasser", "See", "Geburt", "Verwandlung" "Frau-mit-Kind" äusserst sparsam, sein Roman zielt nicht auf Erlösung in der Auflösung, zielt nicht auf ein friedfertiges Verschwimmen von Allem in Allem, er bleibt in unfertiger, unabgeschlossener Bewegung. Und so ist auch der Glaube, die Religiosität, wie sie hier zu Wort kommt, keine Einkehr, kein Zur-Ruhe-kommen, sondern sie ist ein Auszug, buchstäblich ins Freie. Der junge Wanderprediger hat in der Kirche des puritanisch strengen Reverend Parker einen Anfall, so daß ihn seine schwarzen Brüder ins Grüne tragen, auf eine Lichtung, die eigentlich der Ort ihrer eigenen Kirche ist. Auch diese Szene ist eine Art Vorwegnahme oder Prophezeiung einer anderen, die dabei ihrerseits auf eine nachgewiesenermassen historische Figur zurückgreift: Wideman bezieht sich hier auf den schwarzen Bischof Richard Allen, der die "AME Zion Church" gründete. In seinem Roman erschrickt Allen vor der Ungeheuerlichkeit dessen, was er ins Werk setzte.
Gott hatte der Kirche der Weißen innegewohnt. Indem er ging, kehrte er Gott den Rücken. ... Nie hatte er die Anwesenheit Gottes in ihrem Tempel deutlicher gespürt als an dem Morgen, da die Kirchenmänner von St. Georg ihm befohlen, sich ... in die hinterste Ecke der Galerie zu begeben, die vorgesehen war für ihn und seinesgleichen, deren Haut, sagten die Kirchenmänner, das Kainsmal trage.... Da hatte er Gott gebraucht. Damit Er ihm zeige, weshalb er nicht zurückschlagen solle... Und was er so bitter nötig gebraucht hatte, widerfuhr ihm. Eine Art Schwindel, eine Leichtigkeit, die sich von den Kirchendielen erhob. Ein Raunen im Ohr. Ja, ja. Leichtigkeit, aber auch Eisen... Der Schritt hinaus ins Dunkle... Als du auszogst, fortzogst, Allen, hast du im tiefsten Herzen gehofft, die gesamte Gemeinde, schwarz wie weiß, werde sich erheben und im Einklang mit dem Gebot Gottes ... mit dir ausziehen... Die Stimme verklingt, die Vision erblasst.... Im Dunkeln, in der Stille der Kammer ... wünscht er sich, weiß zu sein... In Wahrheit verlangt ihn nicht danach, weiß zu sein, einer von ihnen... Er betet, dass die Bürde von ihnen genommen werde, die sie alle drückt, schwarz wie weiß, in ihrem zerquälten, bitteren Umgang. Er kann nicht aus seiner Haut, sie nicht aus der ihren, und wie sollte er Gott anflehen können, die Weißen vom Angesicht der Erde zu tilgen, und sein Herz zugleich der Gnade Gottes öffnen,... also wünscht er sich gar nicht, weiß zu sein, aber muss es denn, wenn er den Himmel anfleht, in ihm selbst zu tilgen, was die Weißen fürchten und hassen, gleich eine Bitte um die Gunst der Auslöschung sein.
Die fortdauernde Ungerechtigkeit, und dabei das Bemühen um Verständnis, um Gerechtigkeit führen den Wanderprediger zum Glaubensverlust - zumindest zu dem an eine dogmatische Kirche - und die skeptische Haltung wendet sich im Zweifelsfall gegen sich selbst, so wie die Prophezeiung der Xhosa-Tochter in Selbstzerstörung mündete; man gerät ins Stammeln und Stottern, dann ins Schweigen - und dabei ginge es darum, aus dem Schweigen der Welt, das die Toten vergisst, herauszutreten. Es ginge darum, der, wie Wideman schreibt, "bedenkenlosen" Welt das Bedenken entgegenzuhalten, ein Bedenken, das die Rede der Toten aufnimmt, das ihr Erzählen verlebendigt und weiter trägt, damit die Lebenden nicht weiter "Waisen" bleiben müssen, damit es vielleicht gar etwas wie Freiheit gibt. Was als historischer Roman mit mystischen, spirituellen Elementen daherkommt, verlängert sich gegen Ende bis in die Jetztzeit: Die Rede des Ich-Erzählers, die sich an die abwesende Afrikanerin wendet, schafft eine Kontinuität, eine Reihe, in der auch Mandela, oder die 1985 im Zusammenhang des Polizeiangriffs auf die MOVE-Bewegung verhaftete Ramona Africa, oder Mumia Abu Jamal auftauchen. Nichts vonwegen "postmoderne Beliebigkeit", obwohl Widemans Roman natürlich einige postmoderne Verfahren anwendet - man hat es hier vielmehr mit einem ambitionierten Versuch zu tun, eine radikale politische Philosophie in ästhetisch einleuchtender Form zu artikulieren. Wideman versucht nichts Geringeres als den viereckigen Kreis. Lasst euch nicht in den Traum des Feindes wiegen.
Wenn ihr euch selbst verleugnet, ... euch zerstört, sagen die Propheten, kommt eine bessere Welt. Ein solches Opfer wird eure Feinde bestürzen, sie bekehren, sie werden euch nicht länger Feind sein. Aus der Asche eures Opfers wird eine Welt des Friedens und Überflusses steigen, sagen sie. Die Propheten ... der Viehschlachterei, Propheten von Jonestown, von übers Ohr gehauen, in den Arsch gekniffen werden, Propheten von Kopf-ab, Propheten der Ketten und Kerker und liebe deinen Nächsten dann und nur dann, wenn du der Nächste bist, Propheten des eine Haut ist gleicher als die andere, und wenn die Haut passt, zieh sie dir an, wenn nicht, zieh sie Schicht um Schicht ab bis auf die Knochen, dann - erklären des Weiteren die Propheten - wird eine neue, eine bessere Zeit anbrechen.
Lasst euch nicht in den Traum des Feindes wiegen. Dieser falsche "Traum" hat zwei Seiten, er meint einerseits die Integration: Wenn man erst die Teilhabe an allen weißen Errungenschaften des Systems hätte, würde es gut sein für die Schwarzen. Der "Traum" ist aber, andere Seite der Münze, ebenso die Segregation, die Trennung und Absonderung. Mit dem "Traum des Feindes" ist ein dichotomisches Denken gemeint, ein zerstörerisches Konzept der Zweiteilung, das schließlich immer ein Konzept der Hierarchie und Hegemonie ist. "Schwarzes Blut" setzt dagegen die Ahnung von einem Mensch, der nicht in Definitionen und Ableitungen aufgeht; Mann, Frau, jung, alt, schwarz, weiß sind zu enge Festlegungen, es käme darauf an, Möglichkeiten vielfältigster Entwicklung zu öffnen, anstatt sie einzuschränken. Ein viereckiger Kreis: Schwarz wäre schwarz und wäre ebenso auch nicht schwarz. "Wer hat den Unterschied schwarzweiß genannt", heißt es einmal, und man sollte diese Frage durchaus auch metaphorisch lesen. Das politisch vorwärtsweisende Potential von Widemans Roman ist nicht zu unterschätzen, gerade wenn man sich vor Augen hält, in welchem Ausmaß gegenwärtig wieder allerorten Zweiteilungen vorgenommen werden, in Gottes- und Schurkenstaaten, Friedensstreitkräfte hier und Militärs da, Freiheitsverteidiger hier und Terroristen da. Und so impliziert dieses im 18. Jahrhundert spielende Buch durchaus auch das 20. und 21. Jahrhundert und seine ungelösten Probleme mit dem "Anderen". Man kann diesem intellektuell äusserst anregenden Roman allerdings aber auch ein paar Einwände entgegenhalten. Der altertümelnde Wortgebrauch gibt dem Text immer wieder etwas Beschwörendes, eine Feierlichkeit, die manchmal peinlich anmutet, und der Duktus der Sätze - Stakkati, oft wie mit der Axt geschlagen - verstärkt diesen Eindruck noch.
Im übrigen hätte man sich in diesem Buch ein paar Funken mehr Humor gewünscht, die dazu beitragen würden, das Ganze sozusagen mehr zu erden. Wideman hat seinem Buch zwar authentische Figuren und Ereignisse zugrunde gelegt, aber als Roman ist sein Buch vor allen Dingen Fiktion - und da kann man es bedauern, wie sehr der Autor sich einem letztlich sehr gestrengen Bilderverbot unterwirft; wie abstrahierend er schreibt. Wer hier nicht selbständig über das schemenhaft Angedeutete, über die flüchtigen Maskeraden hinaus zu denken bereit ist, ist für die Lektüre eigentlich verloren - aber sprechen diese Kritikpunkte generell gegen das Buch? Im Ganzen nein. John Edgar Wideman gelingt es, ästhetische, ethische und übrigens darüber hinaus auch noch hochinteressante erkenntnistheoretische Fragen aufzuwerfen, die eine eigene Diskussion wert sind. Sein düster leuchtendes Buch ist ein intensives Exerzitium, das über die Dutzendware sogenannter Meisterwerke in seinem Anspruch weit hinausragt.