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Schwefelmangel auf dem Acker

Seit Jahren geht der Düngerverbrauch in Deutschland zurück, eine Folge von Flächenstillegung aber auch von neuer und präziserer Ausbringungstechnik. Einzige Ausnahme: Schwefelhaltige Dünger konnten ihren Absatz seit 1996 verdreifachen. Gründe dafür nennt Dietrich Pradt vom Industrieverband Agrar:

Von Michael Schlag |
    Das ist eine Entwicklung, die nun schon seit einigen Jahren zu beobachten ist und in der Intensität und in dem Ausmaß uns in der Tat dieses Jahr etwas überrascht. Aber der Hintergrund ist einfach die zunehmende Bedeutung des Schwefels als Nährstoff für die Pflanze, so dass es heute zu Schwefel-Mangelsymptomen gekommen ist. Und dem tragen die Landwirte eben Rechnung, indem sie zunehmend wieder Schwefel düngen.

    Der Mangel zeigte sich zuerst im Raps, einem so genannten "Schwefelfresser", der im intensiven Anbau bis zu 70 Kilogramm Schwefel pro Hektar benötigt. Durch natürlichen Abbau von Mineralien liefert der Boden aber nur 20 Kilogramm nach. Diese Differenz nahm mit steigenden Ernten immer weiter zu, denn der Schwefelbedarf eines Rapsfeldes verdoppelte sich in den vergangenen Jahrzehnten. Der Mangel im Boden fiel aber erst auf, als er nicht mehr durch immer höhere Umweltverschmutzung ausgeglichen wurde. Heute ist er offen zu sehen. Herbert Schwinge, Landwirt in Ilbenstadt nördlich von Frankfurt. Hier sank der Schwefeleintrag aus der Luft auf nur noch 5 Kilogramm pro Jahr:

    Beim Raps war das immer extrem festzustellen, solche Schwefel-Mangelerscheinungen wie schlechte Schoten-Ausbildung, Schoten abgefallen. Und wir sind jetzt zum Schwefel übergegangen, weil wir uns dadurch auch eine bessere Stickstoff-Ausnutzung erhoffen. Weil der Schwefel hat ja eine positive Wirkung auf die Stickstoff-Ausnutzung. Und das spielt ja immer mit. Nicht die Höhe der Stickstoff-Menge ist, glaube ich, in Zukunft entscheidend, sondern: wie viel hole ich an organischer Verbindung aus dem Stickstoff raus? Und da sehen wir den Schwefel als Hilfsmittel.

    Fehlt Schwefel ist der gesamte Eiweißaufbau gestört, Schwefelmangel wird zum begrenzenden Faktor für das Wachstum. Doch nicht nur steigende Erträge zehren an den Schwefelvorräten, hinzu kommt das intensive Anbausystem: enge Fruchtfolgen, in denen Raps nur noch im jährlichen Wechsel mit Getreide angebaut wird; die Spezialisierung zu reinem Ackerbau ohne Vieh und schließlich die preiswerten, aber schwefelfreien Einzeldünger wie Kalkammonsalpeter oder Kaliumchlorid. Seit etwa 5 Jahren zeigt sich Schwefelmangel auch im Getreide, obwohl dieses nur halb so viel Schwefel braucht wie der Raps. Nicht betroffen vom Schwefelmangel sind dagegen die Öko-Bauern, die diese Intensivierung des Ackerbaus nicht mitgemacht haben. Günter Völkel, Öko-Berater beim Hessischen Dienstleistungszentrum für Landwirtschaft in Kassel:

    Wir haben im ökologischen Landbau ungefähr nur die Hälfte an Ertrag und viel weitere Fruchtfolgen. Raps wird also relativ selten angebaut. So dass man sagen kann, im ökologischen Landbau ist es im Augenblick so, dass wir in den Fruchtfolgen noch einen Schwefel-Überschuss haben. Das liegt aber auch daran, dass gerade die Öko-Betriebe sehr viel Vieh halten und über die organische Düngung auch Schwefel wieder zurück auf die Flächen kommt, so dass wir im ökologischen Landbau unter normalen Bedingungen keine Probleme haben.

    Allerdings – wenn auch hier die Ernten steigen, während die Schwefelemissionen jetzt durch schwefelfreies Benzin weiter sinken, dann fällt auf lange Sicht der Schwefelgehalt auch im ökologischen Nährstoffkreislauf. Vorsorglich sind im Öko-Landbau schon mal elementarer Schwefel, aber auch Kalium- und Magnesiumsulfate als Dünger zugelassen.