Archiv


Schweißen, schneiden, lasern

Die Firma BlecTec in Sachsen-Anhalt produziert Aufbauten für den Fahrzeugbau und - im Bereich der erneuerbaren Energien - Pufferspeicher für Heizanlagen. An der Spitzte des Unternehmens steht eine Frau: Seit Romy Harnapp die Geschicke der Firma lenkt, steigt der Umsatz unaufhörlich.

Von Johanna Kutsche |
    Weizenfelder, so weit das Auge reicht. Dazwischen Wälder und Wäldchen, Kühe, gar Schafe. Die Hitze flirrt über dem Bahnhof von Linda in Sachsen-Anhalt. Ein Dorf wie aus dem Bilderbuch. Mitten drin Romy Harnapp, die wartend neben ihrem massigen Volvo steht. Das Gewerbegebiet in Linda besteht allein aus ihrer Firma BlecTec.

    "Ich komme ursprünglich aus Sachsen und bin eigentlich der Liebe wegen, Berufswegen meines Mannes hat´s mich hierher verschlagen. Das hätte ich mir nie träumen lassen, ich war vorher angestellt in einem Steuerbüro, zwar auch Büroleiterin, aber so mal ein eigenes Unternehmen zu führen – ne."

    So romantisch das klingt, man sollte sich nicht täuschen lassen. Romy Harnapp ist eine kleine Frau mit lilaroten Haaren, darunter einige schwarze Strähnen. Sie lenkt ihr Auto auf den Firmenparkplatz, besetzt den Platz in der ersten Reihe. Harnapp steht auf dem Parkschild. Seit vier Jahren ist sie Chefin bei BlecTec, der Umsatz stieg jedes Jahr um eine Million Euro.

    "Auf der einen Seite durch Optimierung der Produktion, auf der anderen Seite haben wir in den vergangenen Jahren immer sehr gute Qualität abgeliefert, was sich eher durch Mundpropaganda herumgesprochen hat und haben außerdem 2006 ein neues Laserstanz-Zentrum in Betrieb genommen, also unsere Kapazität auch erweitert. Ja, und dadurch konnten wir jedes Jahr eine Million mehr machen."

    Durch die Hallen bei BlecTec dröhnt laute Musik. Den Lärm der Anlagen übertönt sie nicht. Im Bereich Lohnfertigung werden bei BlecTec Metalle verformt, gebogen, geschweißt und natürlich auch per Laser geschnitten. Wichtige Kunden kommen aus dem Fahrzeugbau, die Bundeswehr oder das Technische Hilfswerk bestellen die Aufbauten für ihre Lkw. Seit eineinhalb Jahren fertigt BlecTec auch Pufferspeicher für die Heizungsindustrie, die im Bereich der Erneuerbaren Energien eingesetzt werden.

    "Wir sind da von dieser, ich nenn´s mal Fahrzeugkrise, man merkt da nicht so viel."

    Es war ein langer Weg für die gelernte Steuerfachangestellte. Ihr damaliger Chef fragte die heute 34-jährige, ob sie sich vorstellen könnte, das Unternehmen zu übernehmen. An betriebswirtschaftlichem Know-how mangelte es ihr nicht. Aber die Banken von sich zu überzeugen, war schwierig. In der Metallverarbeitungsbranche gibt es kaum Frauen. Auch bei BlecTec arbeiten die Frauen größtenteils in der Verwaltung. Ein Jahr hat es gedauert, bis es zur Auszahlung der Gelder kam. Die Durststrecke überbrückte der bisherige Eigentümer.

    "Neu dazu kam, ich musste mir sehr viel technische Details aneignen, hatte dabei aber sehr viel Unterstützung meiner Mitarbeiter, die auf ihrem Gebiet, ich sag mal, Koryphäen sind, mir sehr viel beigebracht haben, ich wiederum etwas von meinen Kenntnissen ihnen mitteilen konnte. Das ist bei uns so ein Geben und Nehmen, was irgendwo seinen Einklang gefunden hat."

    Hier liegt sicherlich das Erfolgsrezept von BlecTec. Im Durchschnitt sind die 56 Mitarbeiter 27 Jahre alt. Viele von ihnen wurden im Betrieb ausgebildet. Romy Harnapp trägt mit ihrem kommunikativen Führungsstil einiges dazu bei, sie zu halten.

    "Vielleicht ist das auch eine Eigenart der Frauen, kein Problem damit zu haben, zu sagen, ich weiß was nicht, bitte erklärt mir das. Weiß ich nicht, ob das bei Männern vielleicht am Ego kratzt. Ich hab von vornherein gesagt, ich bin auf Euch angewiesen, nur zusammen können wir das schaffen. Ich kehre auch nie diesen Chef raus."

    Mit den Pufferspeichern ist BlecTec erst seit eineinhalb Jahren am Markt. Dabei aber so erfolgreich, dass BlecTec noch bis Ende des Jahres expandieren will. Von den sieben Millionen Euro Umsatz im Jahr bleiben nach Steuern und Verbindlichkeiten 15 Prozent im Unternehmen. Und die werden investiert.

    "Es liegt momentan nur an den Behörden, die die Genehmigung erteilen müssen, damit aus dieser Ackerfläche, die an mein Grundstück grenzt, dass da Gewerbegebiet draus wird. Das ist momentan noch ein Problem, da kämpfe ich noch mit den Behörden. Aber für mich steht definitiv fest, ich werde erweitern."

    Und wenn Romy Harnapp sich etwas in den Kopf gesetzt hat, setzt sie es um. Sie will nicht nur BlecTec nach vorne bringen, sondern auch den Standort Linda. Und dafür braucht es nicht nur gute Landluft. Harnapp setzt auf Familienförderung und kulturelle Angebote. Dafür hat sie sich sogar in den Stadtrat wählen lassen. Trotz einer Sechs-Tage-Woche und elf Stunden Arbeit am Tag.
    "Wir sind gerade dabei, eine Zertifizierung durchzuführen als familienfreundliches Unternehmen. Weil es ist ja nicht gesagt, dass nur die Frau zu Hause bleibt, wenn das Baby kommt. Und nur wenn sich die Leute privat hier wohl fühlen, kommen sie auch mit einem guten Gefühl auf die Arbeit und bringen eine gute Arbeitsleistung. Ich will mal hoffen, dass sehr viel Nachwuchs bei meinen Mitarbeitern kommt, weil das sind irgendwo die Fachkräfte von morgen."