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Schweiz
No Billag - Der Streit um den öffentlichen Rundfunk

Nicht nur in Deutschland sorgt der Rundfunkbeitrag für Diskussionen. Auch in der Schweiz ist die Abgabe umstritten. Das Parlament hat nun über eine Volksinitiative beraten, die den öffentlichen Rundfunk sogar ganz abschaffen will.

Von Michael Borgers | 14.09.2017
    Die sogenannte Elefantenrunde der Schweizer Fernsehsender RTS und SRF am 6.5.2016.
    Die SRG SSR ist zwar ein privatrechtlicher Verein und ein eigenständiges Unternehmen, jedoch erhält sie neben ihrer Konzession vom Bund (für alle elektronischen Medien erforderlich) auch einen klaren gesetzlichen Auftrag für den sogenannten "Service publi (Lukas Lehmann /Keystone / picture alliance / dpa)
    "Ich selber, Sie sehen's, ich schaffe für die SRG, und ich stehe zur SRG. Aber Sie, liebe Zuschauerinnen und Zuschauer, Sie zahlen für die SRG."
    Er arbeite und stehe zur SRG, erklärt Moderator Jonas Projer in seiner Sendung "Arena" Ende 2015. Der Streit um die Schweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft ist nicht neu. Das Schlagwort: "No Billag". Unter diesem Motto fordert eine Volksinitiative die Abschaffung der Empfangsabgaben. Sympathien dafür gibt es auch in der Politik.
    "Heute in der Arena: Natalie Rickli, die SVP-Nationalrätin findet: Die SRG soll nur machen, was die privaten nicht machen können."
    Offiziell unterstützt die Schweizerische Volkspartei, kurz SVP, die Initiative bis heute nicht. Die Rechtspopulisten setzen sich für einen Gegenentwurf ein, der die Rundfunkabgebe von aktuell 450 auf 200 Franken, umgerechnet gut 180 Euro im Jahr senken soll. Aber auch eine vollständige Abschaffung sei noch immer denkbar, sollte man sich nicht auf die Halbierung einigen können, drohte Natalie Rickli von der SVP nun während der Debatte im Nationalrat zur "No-Billag"-Initiative.
    "Die Schweiz existiert nicht wegen der SRG. Sie hat schon vorher existiert und würde auch ohne Gebührengelder weiter existieren. Auch die SRG würde übrigens weiter existieren."
    Warnung vor weiterer Schwächung
    So kritisiert die SVP, dass in den Programmen der SRG auch Unterhaltungssendungen ausgestrahlt werden. Ihre Partei halte das für legitim, betont Doris Fiala von den Liberalen vor dem Nationalrat. Unterhaltung sei ein Teil des Verfassungsauftrags, und nicht nur das.
    "In Zeiten der wachsenden digitalen Meinungsbeeinflussung unserer Bevölkerung durch 'Fake-News', 'Fake-Likes' sowie Algorithmen und Computer-Programme muss es gelingen, dass die SRG dem etwas entgegenhält."
    Edith Graf-Litischer von den Sozialdemokraten warnt zudem vor den wirtschaftlichen Folgen einer Schwächung der SRG. Weitere private Anbieter auf dem Markt seien deshalb nicht zu erwarten.
    "Im Gegenteil riskiert man, dass Werbeeinnahmen, aber auch Zuschauerinnen und Zuschauer noch mehr ausländische Angebote in Anspruch nehmen."
    Gesunkene Akzeptanz
    Die Diskussion über Kosten, Auftrag und Ausrichtung der öffentlichen Sender müsse geführt werden, findet der Züricher Publizistikwissenschaftler Otfried Jarren. Die Akzeptanz für die SRG sei in den vergangenen Jahren gesunken. Zudem wüssten Teile der Bevölkerung, vor allem die jüngeren, nicht mehr, warum sie die Haushaltsabgebe überhaupt noch zahlen müssen.
    "Sie verstehen teilweise den Modus, die Logik nicht, sie wissen auch nicht, wie sich Journalismus finanziert, was es kostet, internationale Korrespondentenbüros unterhalten und anderer Dinge mehr. Hier gibt es, glaube ich, eine Reihe von Wissensdefiziten."
    Zwar finde die Volksinitiative in den Medien kaum Widerhall, denn auch die privaten profitierten grundsätzlich wirtschaftlich von der Billag-Abgabe. Doch wegen der in der Bevölkerung vorherrschenden Skepsis habe die Abstimmung – die vermutlich im kommenden Jahr stattfinden wird – dennoch Erfolgsaussichten, schätzt Jarren, der auch den Bundesrat, die Schweizer Bundesregierung, in Medienfragen berät. In dem zu erwartenden Abstimmungskampf lägen deshalb auch Chancen.
    "Dazu beizutragen, dass mehr Aufklärung betrieben wird., über das was Journalismus für die Demokratie bedeutet, weshalb er Kosten verursacht und weshalb wir konstitutiv, aber auch Journalismus und unabhängige Medien, die nicht Parteien gehören oder politischen Interessen gehören, Industriellen gehören, wie in der Schweiz teilweise ja der Fall, wie man sicher stellen kann, dass dieser unabhängige Journalismus auch unabhängig gegenüber sowohl gegenüber Wirtschaft wie auch Politik agieren kann."