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Schweizer Banken müssen Steuersünderdaten offenlegen

Anfang des Jahres hat das Land Rheinland-Pfalz in der Schweiz eine Steuersünder-CD gekauft. Daraufhin zeigten sich bundesweit rund 9000 Steuerbetrüger selbst an. Schweizer Banken müssen nun der Steuerfahndung Unterlagen der Betrüger aus den letzten zehn Jahren zur Verfügung stellen.

Von Ludger Fittkau |
    Sie sind charmant und eloquent. Abends würde man gerne mit ihnen ein Bier trinken.

    Doch dass sie oftmals im Morgengrauen an Haustüren klingeln, hinter denen sie Steuersünder vermuten, macht sie nicht bei allen beliebt. Das wissen die beiden Steuerfahnder, die im Besprechungsraum ihrer Dienststelle in Neustadt an der Weinstraße sitzen: Oliver Pentz, der Leiter der Steuerfahndung in Neustadt und sein Kollege, der aus ermittlungstaktischen Gründen ungenannt bleiben will.

    "Üblicherweise sind wir unterwegs und versuchen, Steuerstraftaten aus eigenem Antrieb aufzudecken. Die Quellen können da ganz unterschiedlich sein. Etwa Anzeigen von enttäuschten Ehefrauen oder entlassenen Mitarbeitern, die etwas über den Betrieb wissen."

    Die wichtigsten Quellen für die Neustädter Steuerfahnder sind zurzeit die Selbstanzeigen. Mehr als Tausend wurden bereits in diesem Jahr in Rheinland-Pfalz eingereicht. Dazu kommen weitere Daten, die sich auf der Steuersünder-CD befinden, die das Land Anfang 2013 für 4,4 Millionen Euro in der Schweiz gekauft hat.

    Auch bei Selbstanzeigen wird automatisch ein Strafverfahren eingeleitet. Wenn jedoch ein reumütiger Steuerbetrüger mit den Finanzbehörden kooperiert, ist seine Aussicht auf Straffreiheit hoch. Fehlerhafte Dokumente vorzulegen, sollte man dann aber tunlichst vermeiden, erklärt Steuerfahnder Oliver Pentz:

    "Weil, bei einer Selbstanzeige muss er ja alles aufdecken und muss die Karten auf den Tisch legen."

    Inzwischen laufen so viele Verfahren, dass die Schweizer Banken kaum noch mit der Übermittlung von Unterlagen an die deutschen Steuerberater der Verdächtigen hinterher kommen:

    "Da taucht jetzt eine Riesen-Problematik auf, weil die Schweizer Banken momentan ziemlich überlastet sind. Weil die Selbstanzeigewelle riesig ins Rollen gekommen ist durch die Medien. Und deswegen dauern die Anfragen relativ lange."

    Für zehn Jahre rückwirkend muss ein Steuerflüchtiger die Schweizer Bankunterlagen offenlegen. Die Banken lassen sich die Beschaffung der Unterlagen durch ihre Kunden üppig bezahlen.

    "Wir sehen dann teilweise die Gebührenrechnungen, die da im Raum stehen und da muss man sagen: Die Steuerhinterziehung hat sich teilweise schon aus diesem Grund nicht richtig gelohnt."

    Gelohnt hat sich der Ankauf der Steuersünder-CD für Rheinland-Pfalz. Mindestens 15 Millionen Euro werden unter dem Strich in die Landeskasse fließen, schätzt die Mainzer Landesregierung. Bundesweit werden noch viel mehr hinterzogene Steuern in die öffentlichen Kassen zurückkommen, sagt der rheinland-pfälzische Finanzminister Carsten Kühl (SPD):

    "Ja es hat Wellen geschlagen, weil es die bis dato mit Sicherheit werthaltigste CD war. Wir haben seinerzeit, nachdem wir die Proben genommen hatten, gesagt, wir rechnen mit einem Mehraufkommen von rund einer halben Milliarde Euro. Und wir können jetzt definitiv sagen, dass es eine halbe Milliarde Euro sein wird. Es wird eher mehr sein."

    Das heißt auch: Die Arbeit der Steuerfahnder aus Neustadt in der Weinstraße hat sich jetzt schon mehr als bezahlt gemacht. Auch, dass die Ermittlungsgruppe für die Bearbeitung der Daten aus der Steuersünder-CD vorübergehend Verstärkung aus einer anderen Dienststelle bekommen hat. Carsten Kühl:

    "Wir haben aber eigentlich ein bisschen davon profitiert, dass wir schon vor einigen Jahren entsprechende Fälle aus Lichtenstein im Zusammenhang mit Landesbanken hatten, damals haben wir die Steuerfahndung immens nach oben gefahren. Und das hat uns bei den vielen Fällen, die es seit 20120 gibt, immens geholfen hier zeitnah auszuwerten und die entsprechenden Analysen vorzunehmen."

    Diejenigen, die diese Analysen vornehmen, sitzen während des Gesprächs in ihrer Neustädter Dienststelle vor einer Regalwand mit Aktenordnern und Büchern zum Steuerrecht. Diese Texte und der Laptop mit Börsendaten der letzten Jahre sind die stärksten Waffen der Steuerfahnder, wenn sie demnächst wieder an die Türen säumiger Steuerbürger klopfen. Die Daten der Schweizer Steuer-CD bringen die Ermittler auf neue, weitergehende Spuren auch in anderen europäischen Ländern – sagt der Neustädter Ermittler, dessen Namen wir nicht nennen sollen:

    "Das ist auch mit der Grund, warum die Steuerfahndung mit der Bearbeitung der Selbstanzeigen betraut worden ist in Rheinland-Pfalz. Dass man sagt, wir können aufdeckungsorientiert arbeiten. Können also schauen, wo anderswo noch Quellen oder Steuergelder zu erschließen sind."

    Steuerflüchtlinge, die sich noch nicht selbst angezeigt haben, sollten sich also in den nächsten Monaten nicht wundern, wenn sie im Morgengrauen Besuch bekommen.