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Schweizer Zeitung für Deutsche

In der Schweiz arbeiten und leben rund 250.000 Deutsche, mehr als 40.000 überschreiten als sogenannte Grenzgänger täglich die deutsch-schweizerische Grenze. Ein dänischer Verleger hat die Zugezogenen nun als Zielgruppe für eine Wochenzeitung entdeckt, die ab November erscheint.

Von Klaus Amann |
    Gäbe es nicht eine gehörige Portion Optimismus und die Bereitschaft, für zwei Jahre "Schweizer Fränkli" zu riskieren, dann käme dieses Zeitungsprojekt wohl nicht zustande. Wahr ist aber auch, dass sich nun manch ein Medienbeobachter in der Schweiz verwundert fragt: Wieso gibt es eine solche Zeitung nicht schon längst für diese Zielgruppe aus Deutschland? Chefredakteur Ole Glausen meint hierzu pointiert, dass die Schweizer Printmedien die Deutschen in ihren Kantonen rundweg ignorieren.

    "Die Deutschen werden nicht unbedingt erreicht. Die Schweizer Medien fokussieren auf die Deutschen nur dann, wenn mit den Deutschen etwas passiert. Die deutschen Mitmenschen in der Schweiz sind uns hochwillkommen, wenn es um die Arbeit geht, aber dann bitte unterhaltet euch selbst und führt euch so auf, dass man nicht unbedingt merkt, dass ihr Deutsche seid."

    Diese Feststellung stimme selbst dann - so der Chefredakteur - wenn man auf die umfassende Deutschland-Berichterstattung der "Neuen Zürcher Zeitung" verweist, denn auch sie haben den Schweizer Bürger im Blickfeld und nicht die deutschen Einwanderer.

    "Das ist richtig. Der Deutsche als Zeitungskonsument in der Schweiz ist eigentlich ausgeblendet und unser Bestreben ist es, den Deutschen das zu bringen, was diese in der Schweizer Presse nicht finden, eben ganz spezifische Themen, die die Deutschen in der Schweiz betreffen."

    Denn diese überwiegend hochqualifizierten Arbeitnehmer brauchen einen umfassenden "Schweiz-Service" über Land und Leute und die spezifischen Empfindlichkeiten, die den beruflichen und privaten Alltag in der Schweiz stören können. Zu den schlimmsten Anfängerfehlern der Deutschen gehört zum Beispiel die Äußerung "Ich will!". Der Schweizer verlangt und fordert ein "Ich hätte gern". Und zu den Missverständnissen gehört der Willkommensgruß "Gruezi", der mitnichten so liebevoll gemeint ist wie er klingt. Chefredakteur Ole Glausen:

    "Wir wollen den deutschen Mitmenschen die Schweiz als Staat mit seinen 26 Kantonen näher bringen. Es gibt in der Schweiz beispielsweise 26 verschiedene Strafprozessordnungen, alles in der Schweiz ist 26-fach erfunden worden. Wir haben auch den Anspruch, dass wir die verschiedenen Denkweisen erklären, wie der Schweizer 'tickt', wenn der Schweizer sagt "ich gehe posten", dann geht er nicht zur Post, dann geht er einkaufen und wir wollen die Unterschiedlichkeit zwischen der Schriftsprache und dem Schweizer Dialekt erklären und somit auch vermeiden, dass unsere deutschen Mitmenschen in Fettnäpfchen treten und man in der Schweiz Diskussionen führt."

    "Wir möchten integrativ tätig sein, die Deutschen näher an die Menschen in ihrer neuen Wahlheimat heranführen", sagt Ole Glausen, dazu gehöre, vorhandene Ängste und Vorurteile auf beiden Seiten abbauen zu helfen und den Deutschen die Schweiz als Nation näher zu bringen, auch was die Traditionen des Bundeslandes Schweiz mit seinen sehr selbstbewussten Kantonen angeht. Mit 24 Seiten im DIN A4-Format werden sich die ersten Ausgaben im November präsentieren. Zur Anzeigenkrise im Schweizer Zeitungsgewerbe meint Chefredakteur Ole Glausen:

    "Wie 'saftig' die Krise ist, das ist Ansichtssache! Wir haben offene Türen eingerannt, bei Konsumenten von Zeitungen und bei Auftraggebern von Inseraten. Diese haben alle gesagt, dies ist ein Markt und wir sind hierzu positiv eingestellt und wir werden euch helfen, das Projekt zu stemmen."