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Schwere Schäden bei Eichen

Heute wird in Berlin der Waldzustandsbericht der Bundesregierung vorgestellt. Die Buchen haben sich demnach im vergangenen Jahr etwas erholt, dafür geben die Eichen Anlass zur Sorge. Mehr als die Hälfte der Eichen weist inzwischen schwere Schäden auf. Um gesunde Bäume rechtzeitig von kranken unterscheiden zu können, entwickeln Forstwissenschaftler in Eberswalde derzeit eine Art Frühwarnsystem

Von Maren Schibilsky |
    Ein Eichenwald in der Schorfheide nördlich von Berlin. Seit Jahren ist der Eberswalder Forstwissenschaftler Ralf Kätzel dem Phänomen des Eichensterbens auf der Spur. Zwar hat es dies auch in vergangenen Jahrhunderten gegeben. Doch nie in diesem Ausmaß und in dieser Geschwindigkeit. Jede zweite Eiche in Deutschland ist krank. Besonders junge Bäume im Alter bis zu 80 Jahren. Die meisten leiden an Trockenstress. Besonders während der Wachstumsphase in den Sommermonaten. Die Schäden im Wald sind unübersehbar:

    "Der Blick des Försters ist zunächst einmal Richtung Krone gerichtet, ob Blätter fehlen. Der nächste Blick richtet sich dann immer am Stamm entlang. Dort ist es vor allen Dingen, markant nachzuschauen, ob dort Spechthöhlen sind, Rindenabrisse. Und wenn man die gefunden hat, findet man auch sehr schnell Schleimfluss an den Stämmen. Das ist dann auch bereits eine sehr starke Schädigung der Eichen. "

    Rälf Kätzel will die "Sprache der Eichen" besser verstehen. Kranke Bäume bereits dann erkennen, wenn sie äußerlich scheinbar noch gesund sind:

    "Es gibt unterschiedliche Phasen im Eichensterben. Wenn man was sieht, ist bereits ein großer Schaden oder eine starke Stresswirkung vorhanden. Ob sich dann eine Eiche regenerieren kann oder tatsächlich ein Schaden entsteht, das ist dann die zweite Frage. Aber wir gehen davon aus, dass man im Vorfeld, bevor man diese Schäden feststellen kann, es Stressereignisse gibt, die den Baum schädigen, ohne dass man es merkt. "

    Diese unbemerkten Stresssymptome erforschen die Eberswalder Forstwissenschaftler. Sie haben eine "Früherkennungsmethode" entwickelt, mit der sie aus den Inhaltsstoffen der Eichen ein Krankheitsbild erstellen können. Sonja Löffler von der brandenburgischen Landesforstanstalt Eberswalde:

    "In der Vergangenheit haben wir Untersuchungen von Eichenblättern durchgeführt. Wir wollen jetzt allerdings auch den Stamm in unsere Untersuchungen mit einbeziehen. Das Holz stellt ja einen großen Speicher für Kohlenhydrate dar, d.h. wir versuchen im Stamm zu untersuchen, ändern sich die Kohlenhydrate, ändern sich die Stärkegehalte, wie wirkt sich so was auf die Vitalität der Bäume aus. "

    Dazu bohren die Wissenschaftler am unteren Drittel des Eichenstammes aus den äußeren Jahrringen einen kleinen Holzspan heraus. Der Baum wird dadurch nicht geschädigt. Im Labor werden die Holzspäne in Flüssigkeit gelöst und die Inhaltsstoffe analysiert, die für das Abwehrpotential des Bäumes wichtig sind. Sonja Löffler:

    "Es ist vergleichbar einer Gewebeprobe, die man einem Menschen entnimmt. Die gelösten Inhaltstoffe werden dann untersucht, das sind vor allem die Kohlenhydrate, Stärke, aber auch phenolische Inhaltstoffe. Die sind sehr unterschiedlich vorhanden in den einzelnen Tiefen des Baumes. "

    Die Eberswalder Forstwissenschaftler haben für diese Inhaltstoffe – ähnlich wie beim Blutbild eines Menschen – bestimmte Referenzwerte ermittelt, die Veränderungen im Stoffwechsel anzeigen, die dann zu Baumschäden führen können. Damit haben die Forscher ein Know-How entwickelt, mit dem schnell und frühzeitig gesunde Eichen von kranken zu unterscheiden sind.
    Der Forstwissenschaftler Ralf Kätzel möchte diese so genannte Bio-Marker-Methode fest bei der Waldzustandserhebung etablieren. Bundesweit. Auch eine Dauerbeobachtung von Eichen könnte sie ergänzen:

    "Wir empfehlen diese Methode. Sie ist für alle Hauptbaumarten wie die Kiefer oder die Fichte mittlerweile etabliert. Seit einer Reihe von Jahren in Pilotstudien und Versuchsflächen werden diese Biomarker angewendet. Wir sind gegenwärtig dabei, dies auch für die Eiche und auch die Buche zu entwickeln. Aber hier muss noch methodische Arbeit geleistet werden, bis man daraus eine Routinemethode für Umweltmonitoringverfahren anwenden kann. "

    Auch für die Saatgutgewinnung sei diese Früherkennungsmethode besonders wichtig – meinen die Forstwissenschaftler. Denn dafür sollten nur Eicheln von den Bäumen verwendet werden, die absolut vital und anpassungsfähig sind. Für einhundert Jahre und länger.