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Schwere Zeiten für Nachwuchsbanker

Die Finanzkrise in den USA hat an der Wall Street in New York Massenentlassungen und Einstellungsstopps zur Folge. Auch Studierende, die in den Semesterferien auf ein Praktikum an einer der vielen Banken hofften, erhalten immer häufiger stattdessen eine Absage.

Von Heike Wipperfürth |
    Das Karrierezentrum der New York Universität. Seit den Semesterferien Stammplatz für Alex Wenk-Bodenmiller. Früher hatte der 21-Jährige keine Probleme, während der Sommerferien eine Praktikumsstelle zu bekommen. Doch jetzt wird die Suche nach einer Stelle bei einer Investment Bank zur harten Geduldsprobe:
    " Ich habe mich bei über 20 Firmen beworben und ein paar Einstellungsgespräche hinter mir, aber ich habe noch kein Angebot bekommen. Ich werde mich weiter bewerben- und nicht aufgeben. "
    Ein klassischer Fall, sagt Trudy Steinfeld, die Leiterin des Karrierezentrums, das 38.000 Studenten bei der Jobsuche betreut. Hintergrund sind Massenentlassungen und Einstellungsstopps aufgrund der Finanzkrise. Laut einer Studie verlieren 200.000 Banker dieses Jahr ihren Arbeitsplatz. Gleichzeitig werden immer weniger Berufsneulinge eingestellt.
    " Wir haben unseren Studenten Anfang November mitgeteilt: Wir sehen Anzeichen einer Wirtschaftsflaute. Wir haben gesagt: Schaut euch nicht nach einer besseren Stelle um, wenn ihr schon ein Angebot habt. Lasst es euch lieber schriftlich bestätigen. "
    Tatsächlich wurde das Jobangebot der Investment Bank Bear Stearns an 600 Studenten und Absolventen wieder zurückgezogen. Der Grund? Im Strudel der Kreditkrise wurde Amerikas fünftgrößte Investment Bank an JP Morgan Chase notverkauft - und 8000 Stellen gestrichen. Und die Studenten? Ihre Jobsuche fing wieder von vorne an. Trudy Steinfeld:
    " 22 unserer Studenten sollten bei Bear Stearns arbeiten oder ein Praktikum absolvieren. Dann kam die Absage. Wir haben sofort einen Plan entworfen und ihre Lebensläufe an 120 Firmen geschickt. Unter dem Motto: Bear Stearns Verlust ist Ihr Gewinn. Einige unserer besten Studenten waren dabei - und wir konnten ihnen einen neuen Job besorgen. "
    Eine Statistik lässt aufhorchen: Für jede verlorene Stelle an der Wall Street entfallen zwei weitere Arbeitsplätze in New York. Dabei rollt bereits eine neue Entlassungswelle an.
    " Viele Manager der unteren und mittleren Führungsebene werden jetzt von den Finanzfirmen entlassen. Wir sehen eine ganze Menge ehemaliger Studenten, die ein paar Jahre lang gearbeitet haben und dachten, sie hätten eine sichere Stellung - das stimmt aber nicht. "
    Unsichere Zeiten auch für Fausto Borotto, der gerade seinen MBA Abschluss von der Columbia Business School feiert. Der gebürtige Italiener bewarb sich bei mehr als 20 Banken, um eine Stelle zu bekommen.
    " Ich fange im August bei einer kleinen Bank in New York als Investment Banker an. Es war sehr schwer, die Stelle zu bekommen. Man hat viele Anstellungsgespräche mit mir und anderen geführt, aber nur wenige Angebote gemacht. Einige meiner Klassenkameraden suchen immer noch nach einer Stelle. "

    Kein guter Karrierestart. Denn derzeit gibt es keine Aussichten auf Besserung.