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Schwere Zeiten für Uruguays Landwirtschaft

Uruguay ist ein Beispiel für die schwierige Zukunft der Länder des Südens. Dort kämpft die Landwirtschaft zusätzlich mit Absatzproblemen, weil der Hauptabnehmer Argentinie ausgefallen ist. Vielen jungen Bauern erscheint eine Zukunft in der Landwirtschaft als aussichtslos.

von Monika Hoegen |
    "Ich bin Farmerssohn und besuche die Landwirtschaftsschule in Montevideo", erzählt Albaro Ferreira. Für den 22 Jahre alten Studenten steht fest: Sobald er mit der Ausbildung fertig ist, will er wieder zurück nach Salto im Norden Uruguays gehen und als Landwirt arbeiten. Und wie zum Beweis hilft er jetzt seinem Großvater José schon mal bei der Orangenernte. Damit ist Albaro unter seinen Altersgenossen in Uruguay eher die Ausnahme. Fast alle wollen derzeit weg vom Land - insbesondere die Jugendlichen, die im "Campo" keine Perspektive mehr für sich sehen. Rund die Hälfte der drei Millionen Einwohner des kleinen lateinamerikanischen Landes lebt bereits in der Hauptstadt Montevideo. Die Gründe für die Landflucht liegen auf der Hand. Zum einen wurde in den vergangenen Jahren zu wenig in die Produktion investiert. Vielfach war es - ganz wie beim Nachbarn Argentinien - billiger, Lebensmittel zu importieren. Zum anderen ist die schwere Wirtschaftskrise in Argentinien längst auf Uruguay übergeschwappt. Auch Albaros Großvater José Ferreira, der auf 57 Hektar Orangen und Zitronen anbaut, bekommt das zu spüren:

    Hier stehen die Dinge zurzeit überhaupt nicht gut. Letztes Jahr konnten wir uns noch ein bisschen besser durchschlagen, aber seit zwei Jahren sind die Ausgaben höher als die Einnahmen. Wir ernten viel, aber es ist nichts wert, nur die Ausgaben steigen. Es heißt, Argentinien erholt sich wieder etwas, und in Brasilien wird es wohl auch wieder besser werden. Ich glaube, wir sind am schlechtesten dran.

    Schon immer war das kleine Uruguay von seiner großen Schwester Argentinien abhängig. Etwa 50 Prozent der landwirtschaftlichen Produktion wurden dorthin exportiert. Mit der Krise ist die Ausfuhr stark zurückgegangen. Auch die drastische Abwertung des uruguayischen Peso macht den Bauern zu schaffen, berichtet José Ferreira:

    Wir stellen fest, dass alles, was wir kaufen, viel teurer geworden ist. Wir müssen alles in Dollar bezahlen, doch was wir verkaufen, verkaufen wir in Pesos. Man braucht viele Pesos, um wenig Dollar kaufen zu können. Vor einem Jahr entsprach ein Dollar etwa 17 uruguayischen Pesos, heute sind es 29 oder 30. Aber unsere Preise für das, was wir verkaufen, sind mehr oder weniger die gleichen geblieben, wie im vergangenen Jahr.

    Das schlägt sich auch auf die Produktion nieder. Wovon sollen die Bauern Düngemittel oder gute Futterpflanzen fürs Vieh bezahlen? Im Gebiet Colonia Rubio, etwa eine Autostunde außerhalb von Salto lebt der Farmer Marcelo Kölln Farnholz mit seiner Frau und drei Kindern. Auch für diese Familie sind die Zeiten schwierig geworden. 140 Rinder stehen bei Marcelo im Stall; doch aufgrund der Maul- und Klauenseuche in Südamerika konnte er eine Zeitlang kaum Vieh nach Europa verkaufen. Was bleibt, ist der Export von Fleisch und Milch nach Brasilien, Argentinien und Mexiko - ebenfalls mit heftigen Einbrüchen. Wurden vor der Krise zwischen 50 und 55 Centavos für ein Kilo Fleisch bezahlt, so sind es jetzt nur noch 40 Centavos. Auch die Preise für Milch sind deutlich gefallen, sagt Marcelo:

    Also in meinem Fall zum Beispiel, wir haben beim letzten Verkauf fünf Centavos pro Liter verloren. Und wenn man das mal hochrechnet auf 5000, 6000 Liter im Jahr, dann bleibt nicht mehr viel an Einnahmen. Also wir verlieren da schon richtig viel Geld.

    Inzwischen glauben einige Bauern in Uruguay, dass es sich mehr lohnt, Land zu verpachten, als es selbst zu bebauen. Andere setzen auf den Reisanbau. Der ist jetzt der neue Hoffnungsträger für das Land. Hauptabnehmer ist Brasilien, das immerhin 160 Millionen Menschen ernähren muss. Brachte ein Sack Reis vor einem Jahr etwas mehr als 5 US-Dollar ein, so werden es in dieser Saison voraussichtlich um die sieben Dollar sein. Aber auch das wird die Landflucht in Uruguay kaum stoppen und die Menschen nicht zurück zum Campo bringen. Zu problematisch sind derzeit die Bedingungen für die Landwirtschaft.