Archiv


Schweres Elterndasein

Die Verfilmung des gleichnamigen autobiografischen Romans von Eliette Abécassis thematisiert Freud und Leid eines Paares mit Kinderwunsch. Zur Abwechslung mal ein Film - fast - ohne Fundamentalkritik an unserer zeitgenössischen Lebensweise, meint Josef Schnelle.

Von Josef Schnelle |
    Filmszene:
    "Ihre Feinde sind von nun an Käse, Fleisch, Eier und Wurst aller Art. Ebenso ihre Mutter und ihre Schwiegermutter und jeder in ihrer Umgebung, der bereits Kinder hat. Hören Sie auf niemanden. Dann wird es schon werden."

    So geht das los in dem Film des Jungregiestars der französischen Familienkomödie Rémi Bezançon. Seine Filme erreichen in Frankreich stets ein Millionenpublikum. Auch wenn er der seriösen Filmkritik fast unbekannt ist. Bei dieser Verfilmung des gleichnamigen autobiografischen Romans von Eliette Abécassis geht es um die Leidenschaften und Leiden eines jungen Paares, das sich ein Kind wünscht. Die Veredelung der aufrichtigen jungen Liebe scheint anfangs natürlich zwangsläufig in Elternfreuden zu münden. Doch dann stellen sich Schwangerschaftsmarotten, Hormonschübe und Zweifel ein. Die Geburt ist zur Überraschung von Barbara - der vielversprechenden Psychologiestudentin kurz vor dem Abschluss - außerordentlich schmerzhaft und die Aussichten auf ein normales Liebesleben angesichts schlafloser Nächte mit Kindergeschrei zunächst äußerst dürftig. Zusammenleben müssen die Liebenden ganz nebenbei auch noch lernen.

    Filmszene:
    "Das ist n Witz oder?"
    "Kein Witz, sondern der Kundendienst wegen des Kühlschranks. Ich hab 100 Mal angerufen. Die konnten nur heute."
    "Der Kundendienst am Sonntag morgen. Was für eine blöde Idee."
    "Sag mal willst Du mich verarschen. Ich kümmere mich um alles und Du meckerst weil Du an die Tür musst."


    Die Ansprüche an eine schlichte Komödie darf man angesichts Rémi Bezançons mutigem Versuch der Quadratur des Kreises gewiss nicht zu hoch hängen. Die Figuren sind stilsicher, aber schlicht hingezaubert, die Dialoge sind witzig aber ehrlich und die unvermeidlichen Klischees stören auch nicht weiter, zumal sich der Regisseur traut, große und angesagte Stars weitgehend zu vermeiden. Nur ein Wiedersehen mit Josiane Balasko - der unscheinbaren Schönen an der Seite von Gérard Depardieu in Bertrand Bliers Meisterwerk "Zu schön für dich" darf man erwarten. Als schroffe Oma passt sie zur neusensiblen Mutter.

    Manchmal wirkt "Ein freudiges Ereignis" wie ein verfilmtes Themenheft einer Zeitschrift für die Jungfamilie mit Tipps für alle Lebenslagen. Während der junge Vater sich noch sorgt um die körperliche Zerbrechlichkeit der soeben niedergekommenen Mutter, träumt die schon vom hormongesteuerten Gruppensex oder wenigstens von einem Mann, der ihre Wünsche - gerade jetzt - nach heftigem Sex versteht. So leicht und locker diese französische Komödie auch daher kommt, so ist sie doch wahr, aufrichtig und echt. Im Kino erwartet man so ein schonungsloses selbstironisches Rührstück kaum. Doch wenn Film das Leben abbilden soll, dann gehören auch solche Geschichten dazu: ohne Symbolwert, ohne tiefere Bedeutung und ohne mehr oder weniger grausige tragische Wendungen.

    "Mach Dir ein paar schöne Stunden - geh ins Kino." So hieß die Werbeformel der 50er-Jahre. Dass nicht nur Actionabenteuer, Explosionen, Krebserkrankungen und fürchterliche Grenzerfahrungen dazu gehören, ist doch eher tröstlich. Auch wenn die ganze Häme der zynischen Filmkritik diesen Feel-Good-Film treffen wird. Im Film - eher mit nivellierendem Fernsehlicht und in einfacher Fernsehdramaturgie gedreht - vertritt die Großmutter diese Position. Sie will nicht darüber nachdenken, was in ihrem Leben möglicherweise falsch gelaufen ist. Zur Abwechslung mal ein Film - fast - ohne Fundamentalkritik an unserer zeitgenössischen Lebensweise. Kinder, wünscht euch solche Mütter und fürchtet euch vor dem gnadenlosen Urteil der gescheiterten Großmütter.

    Filmszene:
    "Kein Mann taugt irgendwas, keiner. Du kannst nichts von ihnen erwarten. So ist es eben. Und sobald Du das verstanden hast wirst Du dich besser fühlen."
    "Das hab ich jetzt schon 100 Mal gehört. Und was soll ich machen. Ohne Mann leben wie Du? Findest Du Männer echt so übel? Warst Du deshalb immer allein?"