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Schwerpunkt deutscher Soldaten in Afghanistan verschiebt sich

Vom Nato-General Petraeus kommt die Bitte, die deutschen Tornado-Kampfjets aus Afghanistan abzuziehen. Zukünftig soll der Schwerpunkt mehr auf der Ausbildung afghanischer Truppen liegen. Deshalb reisen womöglich bald weitere Soldaten an den Hindukusch.

Rolf Clement im Gespräch mit Friedbert Meurer | 23.09.2010
    Friedbert Meurer: Der Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan, er mag in der Bevölkerung unbeliebt sein und abgelehnt werden; im Bundestag hat es immer ausreichend große Mehrheiten gegeben für die Truppe, sich an der ISAF-Mission zu beteiligen. Meist votierten alle Fraktionen außer der Linkspartei für die Mandate. Einen Riss in der Phalanx der Befürworter gab es dann aber, als Tornados aus Deutschland nach Afghanistan verlegt wurden. Jetzt werden diese Tornados abgezogen. – Bei mir im Studio mein Kollege Rolf Clement. Warum zieht Verteidigungsminister zu Guttenberg die Tornados aus Afghanistan ab?

    Rolf Clement: Zum Ersten sind das ja Tornados, die Aufklärungstornados waren, eine spezielle Funktion, sogenannte Recce-Tornados, die eine Kamera hatten, um damit eben die Szene in Afghanistan aufklären zu können. Der NATO-General Petraeus, der Chef der ISAF-Mission, hat die Bundesregierung gebeten, doch einen anderen Schwerpunkt zu setzen. Die Tornados werden nicht mehr so gebraucht, Schwerpunkt sei jetzt Partnering und Ausbildung und dafür brauche er eher Bodentruppen, eher Heeressoldaten, eher Soldaten, die das betreiben können, als die Aufklärung, das ist nicht mehr ganz so wichtig. Offiziell sagt der Sprecher des Verteidigungsministeriums, es sei noch nichts zu vermelden, aber aus dem "noch" merken Sie schon, es ist so: Diese Entscheidung ist jetzt gefallen, dass diese Recce-Tornados abgezogen werden, die in Deutschland aus zwei Gründen zu heftigen Diskussionen geführt haben: zum einen, weil sie natürlich über ganz Afghanistan eingesetzt worden sind und nicht nur im Norden, und zum Zweiten, weil sie Bilder liefern, Aufnahmen, die eventuell für Bombenangriffe anderer NATO-Kampfflieger genutzt werden konnten. Das waren die beiden Gründe, warum man in Deutschland darüber diskutiert hat.

    Meurer: Es hieß ja immer, die Bilder, die da aus der Luft geschossen werden von den Tornados oder von den Kameras, die seien wichtig. Warum braucht man das jetzt nicht mehr in Afghanistan?

    Clement: Das ist eine Entscheidung des dortigen Kommandeurs. Wenn der sagt, die Aufklärung kriege ich auch anders hin, zum Beispiel mit AWACS-Flugzeugen, die ja immer über Afghanistan fliegen. Ich brauche diese etwas nähere Aufklärung nicht, ich lege meinen Schwerpunkt jetzt eher auf dieses Partnering und die Ausbildung, dann ist das seine Entscheidung. Und wenn das dann sozusagen von den Nationen, die die Truppen stellen, akzeptiert wird, dann wird das in der Form umgesetzt. Das bedeutet dann, dass Deutschland das Kontingent verändern wird. Sie werden die dort tätigen Soldaten wohl auch etwas erhöhen. Im Moment sind 4.768 Soldaten in Afghanistan im Einsatz; die Obergrenze liegt bei 5.000. 90 Soldaten werden jetzt frei durch den Rückzug des Tornados. Also zwischen 90 und 350 zusätzliche Soldaten können jetzt hin, um in diesem Partnering und bei der Ausbildung mitzumachen.

    Meurer: Ganz kurz: Ist das unproblematisch für die Bundeswehr, jetzt verstärkt Ausbildungseinheiten nach Afghanistan zu schicken?

    Clement: Na ja, man muss mal gucken, wo man die jetzt hernimmt. Daran wird zurzeit gebastelt. Die stehen natürlich nicht permanent bereit. Das Kontingent ist ja schon einige Wochen oder einige Monate im Einsatz. Also da wird man jetzt gucken müssen, wo haben wir jetzt Leute, die wir nachschieben können. Aber das werden sie hinkriegen, das ist eine Sache, die praktisch jetzt in der Umsetzung läuft. Weil das eben noch nicht passiert ist, wird das auch offiziell noch nicht bekannt gegeben, noch nicht bestätigt.

    Meurer: Die deutschen Tornados werden aus Afghanistan abgezogen. Danke schön, Rolf Clement.