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Schwierigkeiten bei Shuttle-Flug ins All

Raumfahrt. - Der vordergründig perfekte Start des Space Shuttles hat doch einige Schäden bei dem betagten Gefährt hinterlassen. Daher muß die siebenköpfige Crew sich auf dem Weg zur ISS um mögliche Schäden am Hitzeschild der Fähre kümmern. Fernsehkameras hatten beim gestrigen Start verschiedene Trümmerteile aufgezeichnet.

Von Guido Meyer |
    Auch nach fast einem Vierteljahrhundert Raumfähren-Starts ist eines der Grundprobleme geblieben: Durch die Vibrationen und Erschütterungen beim Start können sich Teile der Außenhaut lösen, so gestern eine der schwarzen Kacheln von der Shuttle-Unterseite. Derzeit untersucht die Mannschaft der Discovery im All, wie groß das so entstandene Loch ist. Dazu werden erstmals eine Kamera und ein Laser-Scanner eingesetzt, die Risse beobachten und vermessen können.


    "Die Roboterarme der Raumfähre und der Raumstation könnten beide mit Kameras die Unterseite der Fähren inspizieren. Der hintere Teil der Shuttles lässt sich damit jedoch nicht komplett abdecken. Auch wenn wir die Kameras an der Außenseite der ISS hinzunehmen, bleiben immer noch Lücken. Um auch diese beobachten zu können, haben wir eine Verlängerung des Arms konstruiert, an deren Ende eine Kamera sitzt, die mögliche Schäden aufnehmen kann."

    Andre Silvester, Chef-Ingenieur der Nasa. Im Prinzip ist der teilweise oder völlige Verlust einer Kachel nicht tragisch und kommt bei fast jedem Flug vor. Auch die darunter liegende Schicht isoliert die Fähre immer noch so gut, dass ein Wiedereintritt möglich ist. John Kowal, NASA-Ingenieur für das Hitzeschutzsystem.

    "Nach jedem Flug kehrt der Orbiter mit kleineren Schäden an seinen Kacheln zurück. Normalerweise handelt es sich dabei um Risse von wenigen Zentimetern Länge, die wir später auf dem Boden abdichten können. Wenn es zu schlimm wird, ersetzen wir die Kacheln. Basierend auf diesen Erfahrungen haben wir Vorschriften für die Inspektion der Fähren im Weltraum entwickelt. Sollten die Astronauten künftig Risse entdecken, die länger sind als sieben bis acht Zentimeter, werden wir entscheiden, ob das Leck im All repariert werden muss oder ob das Shuttle mit diesem Schaden zur Erde zurückkehren kann."

    Zu Reparaturzwecken würde dann ein dickflüssiges Gemisch aus zwei Silikon-Komponenten aufgetragen, das wie Baiser-Masse aussieht. Laura Bailey, Chef-Ingenieurin für Reparaturen an Kacheln und Außenhaut.

    "Die beiden Komponenten werden in einem Rucksack aufbewahrt, der dem Astronauten bei Außenbordeinsätzen noch auf seinen Sauerstoffkanister aufgesetzt wird. Er ist über einen Schlauch mit einer Spritzkanone verbunden, die der Astronaut in der Hand hält. Wird ihr Abzug gedrückt, vermischen sich beide Stoffe und kommen als Fertig-Mix aus dem Schlauch."

    Diese karminrote Substanz muss dann möglichst glattgestrichen werden, damit sich keine Löcher oder Dellen bilden, die beim Wiedereintritt das Gleitflugverhalten der Fähre stören könnten. Mike Malling, Material-Ingenieur der NASA.

    "Die Fragen sind nun: Wird das Material an den Kacheln haften und wird es den Wiedereintritt überstehen? Dazu haben wir als erstens einen Tests gemacht, in dem wir reparierte Kacheln mit der geflicken Seite nach unten aufgehängt haben, was natürlich noch härter ist als einfach nur Null g, weil die Schwerkraft so an ihnen zieht. Dieses Experiment war erfolgreich. Blieb die Frage, ob sie der Hitze beim Wiedereintritt standhalten. Also haben wir die Kacheln einer künstlichen heißen Plasma-Strömung ausgesetzt, mit dem Ergebnis, dass die Temperaturen auf den Originalkacheln und auf den reparierten ungefähr gleich hoch waren, das Material also hält."

    All diese Versuche hat die Nasa bislang in ihrer Vakuumkammer in Houston durchgeführt; in dieser Woche werden die Substanzen erstmals den Bedingen des freien Weltraums ausgesetzt.
    Beim Start traf ein Vogel den Tank des Hauptriebwerks der Discovery
    Beim Start traf ein Vogel die Discovery (AP / Nasa)
    Per Robotorarm kann die Raumfähre kontrolliert werden
    Per Roboterarm kann die Raumfähre im All kontrolliert werden (AP)
    Während des Flug ins All lösten sich verschiedene kleinere Teile von der Raumfähre
    Während des Flug ins All lösten sich verschiedene kleinere Teile von der Raumfähre (AP)
    Das Team der Discovery: Steve Robinson, Jim Kelly, Andy Thomas, Wendy Lawrence, Charlie Camarda, Eileen Collins und Soichi Noguchi (von links nach rechts)
    Das Team der Discovery: Steve Robinson, Jim Kelly, Andy Thomas, Wendy Lawrence, Charlie Camarda, Eileen Collins und Soichi Noguchi (von links nach rechts) (NASA)