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Schwimmen bei Olympia
Silbermedaille und Buhrufe

Die Schwimmerin Julija Jefimowa hat bei den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro Silber über 100 Meter Brust gewonnen. Da sie bereits zwei Mal des Dopings überführt worden war, schlug ihr in der Halle von Fans und Konkurrenten Antipathie entgegen.

09.08.2016
    Die Schwimmerinnnen Lilly King und Karie Meili klatschen sich im Becken ab, Julia Jefimowa bleibt außen vor.
    Lilly King und Karie Meili feiern, Julia Jefimowa bleibt außen vor. (AFP / Martin Bureau)
    Die 100 Meter Brust lieferten einen emotionalen Höhepunkt der Spiele. Fast die gesamte Halle hoffte, dass eine Schwimmerin am Ende nicht die Goldmedaille gewinnt: Julija Jefimowa. Die Konkurrenz schnitt die russische Schwimmerin, aus dem Publikum gab es Pfiffe und Buhrufe. Jefimowa gilt nach zwei positiven Dopingtests als das Gesicht des Dopings im Schwimmsport.
    Jefimowa: "Krieg gegen Russland"
    Und die Halle bekam, was sie wollte. Die 19-jährige Amerikanerin Lilly King schlug nach 1:05,50 Minute an, Jefimowa war 0,57 Sekunden langsamer und gewann Silber. King feierte im Wasser den Sieg mit ihrer Teamkollegin und ignorierte Jefimowa auf der Bahn neben ihr. Niemand gratulierte der russischen Schwimmerin.
    Die Ablehnung löste sich in Tränen auf, Jefimowa weinte in den Armen eines russischen TV-Reporters. "Versuchen Sie mich zu verstehen und sich in meine Rolle hineinzuversetzen", sagte sie später mit dünner Stimme. Es gebe auch saubere Athleten in Russland, sie selbst trainiere seit vier Jahren in den USA, entgegnete sie auf Fragen zum russischen Staatsdoping. "Für gewöhnlich hören alle Kriege bei Olympia auf, doch sie haben einen Weg gefunden, um Russland zu schlagen und die Athleten zu benutzen. Das ist so unfair."
    Zwei Mal positiv getestet, Startrecht eingeklagt
    Im Oktober 2013 war Jefimowa positiv auf das verbotene Steroid Dehydroepiandrosteron (DHEA) getestet worden und wurde später vom Schwimm-Weltverband FINA für 16 Monate gesperrt, angeblich soll ein Nahrungsergänzungsmittel Schuld gewesen sein. Jefimowa hatte ihre milde Sperre, die ihr den Start 2015 bei der Heim-WM in Kasan ermöglichte, mit einem Strafzettel im Straßenverkehr verglichen.
    Im März 2016 soll sie dann die seit dem 1. Januar 2016 verbotene Substanz Meldonium genommen haben, der Weltverband sperrte sie zunächst provisorisch. Als Wiederholungstäterin droht ihr eine lebenslange Sperre. Der Ausschluss zahlreicher russischer Schwimmer von den Spielen in Rio durch das IOC und die FINA wegen des organisierten Staatsdopings traf dann auch sie. Doch dieser Beschluss wurde vom Internationalen Sportgerichtshof CAS auf Jefimowas Klage hin gekippt, Jefimowa durfte in Rio starten - und holte nun Silber.
    Phelps: "Das zerstört unseren Sport"
    Auf die Frage, warum sie Jefimowa nicht gratuliert hatte, antwortete Olympiasiegerin King kühl: "Wenn ich an ihrer Stelle gewesen wäre, würde ich darauf keinen großen Wert legen, wenn jemand nicht in den höchsten Tönen von mir spricht." Auch Michael Phelps positionierte sich eindeutig gegen Jefimowa, er sieht sogar seine Sportart in Gefahr. "Es bricht mir das Herz, und ich wünsche mir, dass jemand etwas dagegen tut", sagte der Rekord-Olympiasieger: "Es zerstört alles, wofür der Sport steht - und das regt mich total auf."
    Die Aufregung war auch bei der Entscheidung über 400 Meter Freistil der Männer groß. Der Australier Mack Horton verwies den Chinesen Sun Yang, der in der Vergangenheit ebenfalls des Dopings (Trimetazidin) überführt worden war, auf Platz zwei. Horton bezeichnete Sun nur als den "Typen, der positiv getestet wurde". Der Franzose Camille Lacourt sagte: "Sun Yang pinkelt lila. Wenn ich das 200-Meter-Freistil-Podium sehe, will ich mich übergeben." Über diese Distanz hatte Sun am späten Montagabend gerade seinen dritten Olympiasieg gefeiert.
    (nch/jasi)