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Schwindelnde Höhen

Medizin. - Im Gebirge kommen manche Menschen nicht zurecht, Schwindelanfälle Übelkeit, sogar noch schlimmeres wird unter dem Begriff Höhenkrankheit zusammengefasst. Ärzte der Ludwig-Maximilians-Universität in München haben jetzt genauer untersucht, was in großer Höhe mit dem menschlichen Organismus passiert.

    Jedes Jahr sterben in Nepal 20 Menschen an den Folgen der Höhenkrankheit. In den niedrigeren Alpen kämpft rund jeder dritte Wanderer, der sich über 3000 Metern bewegt, mit ihren schwächeren Folgen. Eine Arbeitsgruppe unter Leitung von Frank Christ am Uni-Klinikum Großhadern hat auf einer Alpenhütte in 3200 Metern Höhe eine Teststation eingerichtet und handfeste Daten gesammelt. "Normalerweise haben wir 98 Prozent unserer roten Blutkörperchen mit Sauerstoff gebunden, unsere Probanden auf 3000 Metern Höhe hatten im Durchschnitt nur noch 90 Prozent, ein Teilnehmer der Studie mit akuter Höhenkrankheit sogar nur noch 70 Prozent", erklärt Christ. Hat nur 70 Prozent der roten Blutkörperchen eine Sauerstofflast, werden in der Niederung bereits intensivmedizinische Maßnahmen eingeleitet.

    Die Münchner Ärzte hatten Freiwillige der Südtiroler Bergwacht gebeten, einen 1800-Meter-Anstieg zur Testhütte so schnell wie möglich zu absolvieren. Der schnellste Proband bewältigte sie in dreieinviertel Stunden - normal sind 9 Stunden. Mit einem neuen Verfahren maßen die Ärzte am Ziel, wie sich der Blutfluss der Versuchsteilnehmer verändert hatte. "Wir können praktisch die roten und weißen Blutkörperchen am Menschen direkt verfolgen, und dabei die Durchblutung der feinsten Blutgefäße, insbesondere der Kapillaren direkt sehen", so Christ. Auffällig war dabei die starke Zunahme der weißen Blutkörperchen. Sie förderten die Durchlässigkeit der Aderwände und verursachten dadurch eine starke Wassereinlagerung im Gewebe. "Das scheint also auch die Ursache für das Entstehen einiger Symptome der Höhenkrankheit, insbesondere des Lungenödems, zu sein." Dieser Lungenschaden gehört zu den gefährlichsten Symptomen der Höhenkrankheit. Mittel dagegen gibt es bisher nicht, außer einer möglichst geruhsamen Akklimatisierung.

    [Quelle: Hellmuth Nordwig]