Es gibt Momente, da äußern sich Wissenschaftler emotionaler als man es sonst von ihnen gewohnt ist. So wie der norwegische Meteorologe Oyvind Nordli:
"I express myself very unscientifically. Temperatures seem to have gone crazy."
Um es mal nicht so streng wissenschaftlich auszudrücken: Die Temperaturen scheinen völlig verrückt zu spielen, wundert sich der Forscher vom Norwegischen Meteorologischen Instituts. Nordli spricht von Svalbard, einer Inselgruppe in der skandinavischen Arktis, zu der auch Spitzbergen gehört. Dort, auf rund 80 Grad nördlicher Breite, spielt sich seit Monaten schier Unglaubliches ab:
"Wir haben zuletzt außergewöhnlich hohe Temperaturen auf Svalbard gemessen. Das war vor allem im Januar, im April und im Mai so. Im April zum Beispiel lag die Monatsmitteltemperatur bei null Grad Celsius. Normal für diese Jahreszeit sind minus 12 Grad."
Am extremsten war der Januar 2006 auf Svalbard. Das langjährige Mittel für diesen Monat beträgt minus 15,3 Grad Celsius. Diesmal lag es gerade mal bei minus 2,7 - ein Unterschied von fast 13 Grad!
"Einen so milden Winter auf Svalbard haben wir noch nie erlebt. Es ist der bisher wärmste seit Beginn der Temperaturmessungen im Jahr 1912."
Die Inselgruppe in der hohen Arktis avanciert damit zum absoluten Hot Spot auf dem Globus. Nirgendwo sonst wurden bisher solche Temperaturabweichungen beobachtet. Zu den Ersten, denen die extreme Wärme auffiel, zählt Phil Jones. Der Hydrologe ist Direktor der Klimaforschungsabteilung an der Universität von East Anglia in England. Dort werden schon seit 25 Jahren globale Temperaturdaten routinemäßig erfasst und auffällige Messwerte, ähnlich wie auf einer Landkarte, mit Fähnchen versehen:
"Als ich die Daten von Svalbard zum ersten Mal sah, dachte ich zuerst, es kann sich nur um einen Messfehler handeln. Es gab bisher nur einen einzigen Monat, an dem man schon mal etwas Ähnliches beobachtet hat. Das war im März 1990. Damals lag die Temperatur in der früheren Sowjetunion um zehn bis zwölf Grad über dem Monatsmittel. Aber es gibt keinen Zweifel: Die aktuellen Messwerte aus Svalbard stimmen wirklich."
Schon seit Mai ist um die Inselgruppe herum kein Meereis mehr vorhanden. Auch das hat es noch nie so früh im Jahr gegeben. Klimatische Veränderungen sind schon für eine Weile in der Nordpolarregion zu spüren. 2005 war zuletzt das bisher wärmste Jahr in der Arktis. Doch warum trifft es ausgerechnet Svalbard jetzt so stark, die Inselgruppe jenseits des Nordkaps?
"In Grönland zum Beispiel sieht es anders aus. Auch da haben wir seit Jahren einen Temperaturanstieg. Doch die 30er und 40er Jahre des letzten Jahrhunderts waren wärmer als heute. Die Unterschiede haben damit zu tun, dass sich die Zirkulation im Meer und in der Atmosphäre verändert. Strömungen verschieben sich. Einige Regionen erwärmen sich deshalb besonders stark, andere können sich sogar leicht abkühlen. Es ist jedenfalls nicht so, dass sich die gesamte Polarregion gleichförmig erwärmt."
Die Klimaerwärmung ist eigentlich ein schleichender Prozess. Aber sie begünstigt auch Wetterextreme, wie man weiß. Svalbard scheint ein Beispiel dafür zu sein. Wobei man sagen muss: Sicher hat auch die Natur ihre Finger im Spiel, und das Frühjahr 2006 wäre auch ohne Klimawandel sehr warm ausgefallen in der Arktis. Anders kann man Temperatursprünge von über zwölf Grad kaum erklären. Auf Svalbard leben zwar keine Inuit oder Eskimos, die noch traditionell jagen und dabei auf das Meereis angewiesen sind. Was es aber auf Svalbard gibt, das sind Eisbären. Auch sie müssen hinaus aufs Eis, wenn sie Robben jagen. Wenn aber keines mehr da ist, so wie in diesem Frühjahr, dann droht ihnen der Hungertod.
"I express myself very unscientifically. Temperatures seem to have gone crazy."
Um es mal nicht so streng wissenschaftlich auszudrücken: Die Temperaturen scheinen völlig verrückt zu spielen, wundert sich der Forscher vom Norwegischen Meteorologischen Instituts. Nordli spricht von Svalbard, einer Inselgruppe in der skandinavischen Arktis, zu der auch Spitzbergen gehört. Dort, auf rund 80 Grad nördlicher Breite, spielt sich seit Monaten schier Unglaubliches ab:
"Wir haben zuletzt außergewöhnlich hohe Temperaturen auf Svalbard gemessen. Das war vor allem im Januar, im April und im Mai so. Im April zum Beispiel lag die Monatsmitteltemperatur bei null Grad Celsius. Normal für diese Jahreszeit sind minus 12 Grad."
Am extremsten war der Januar 2006 auf Svalbard. Das langjährige Mittel für diesen Monat beträgt minus 15,3 Grad Celsius. Diesmal lag es gerade mal bei minus 2,7 - ein Unterschied von fast 13 Grad!
"Einen so milden Winter auf Svalbard haben wir noch nie erlebt. Es ist der bisher wärmste seit Beginn der Temperaturmessungen im Jahr 1912."
Die Inselgruppe in der hohen Arktis avanciert damit zum absoluten Hot Spot auf dem Globus. Nirgendwo sonst wurden bisher solche Temperaturabweichungen beobachtet. Zu den Ersten, denen die extreme Wärme auffiel, zählt Phil Jones. Der Hydrologe ist Direktor der Klimaforschungsabteilung an der Universität von East Anglia in England. Dort werden schon seit 25 Jahren globale Temperaturdaten routinemäßig erfasst und auffällige Messwerte, ähnlich wie auf einer Landkarte, mit Fähnchen versehen:
"Als ich die Daten von Svalbard zum ersten Mal sah, dachte ich zuerst, es kann sich nur um einen Messfehler handeln. Es gab bisher nur einen einzigen Monat, an dem man schon mal etwas Ähnliches beobachtet hat. Das war im März 1990. Damals lag die Temperatur in der früheren Sowjetunion um zehn bis zwölf Grad über dem Monatsmittel. Aber es gibt keinen Zweifel: Die aktuellen Messwerte aus Svalbard stimmen wirklich."
Schon seit Mai ist um die Inselgruppe herum kein Meereis mehr vorhanden. Auch das hat es noch nie so früh im Jahr gegeben. Klimatische Veränderungen sind schon für eine Weile in der Nordpolarregion zu spüren. 2005 war zuletzt das bisher wärmste Jahr in der Arktis. Doch warum trifft es ausgerechnet Svalbard jetzt so stark, die Inselgruppe jenseits des Nordkaps?
"In Grönland zum Beispiel sieht es anders aus. Auch da haben wir seit Jahren einen Temperaturanstieg. Doch die 30er und 40er Jahre des letzten Jahrhunderts waren wärmer als heute. Die Unterschiede haben damit zu tun, dass sich die Zirkulation im Meer und in der Atmosphäre verändert. Strömungen verschieben sich. Einige Regionen erwärmen sich deshalb besonders stark, andere können sich sogar leicht abkühlen. Es ist jedenfalls nicht so, dass sich die gesamte Polarregion gleichförmig erwärmt."
Die Klimaerwärmung ist eigentlich ein schleichender Prozess. Aber sie begünstigt auch Wetterextreme, wie man weiß. Svalbard scheint ein Beispiel dafür zu sein. Wobei man sagen muss: Sicher hat auch die Natur ihre Finger im Spiel, und das Frühjahr 2006 wäre auch ohne Klimawandel sehr warm ausgefallen in der Arktis. Anders kann man Temperatursprünge von über zwölf Grad kaum erklären. Auf Svalbard leben zwar keine Inuit oder Eskimos, die noch traditionell jagen und dabei auf das Meereis angewiesen sind. Was es aber auf Svalbard gibt, das sind Eisbären. Auch sie müssen hinaus aufs Eis, wenn sie Robben jagen. Wenn aber keines mehr da ist, so wie in diesem Frühjahr, dann droht ihnen der Hungertod.