Dienstag, 23. April 2024

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Sebastian Schippers Film "Roads"
Mit klarem Blick durch Europa

Im Film "Roads" fahren ein Flüchtling und ein Brite mit dem Wohnmobil durch Europa, beide sind 18 Jahre alt. In dem Alter gebe es noch kein Ziel, wie in den anderen Beziehungen, sagte Regisseur Sebastian Schipper im Dlf, "außer, dass man Zeit miteinander verbringt und dass diese Zeit kostbar ist."

Sebastian Schipper im Corsogespräch mit Sigrid Fischer | 28.05.2019
Vor vier Jahren hat er mit seinem Film "Victoria" über einen nächtlichen Bankraub in Berlin den Wettbewerb der Berlinale gerockt, gedreht ohne - zumindest ohne sichtbaren - Schnitt in einem Take. Der Nachfolgerfilm von Sebastian Schipper kommt diese Woche ins Kino. "Roads" ist eine deutsch-französische Co-Produktion, da reisen ein junger Brite und ein kongolesischer Flüchtling von Marokko über Spanien nach Frankreich, beide sind auf der Suche – nach dem Vater der eine, nach dem Bruder der andere. Und sie treffen sich in einem Europa der für den Kongolesen nicht offenen Grenzen.
Reisebusse mit Komparsen
Die Idee zum Film habe er schon seit etwa 20 Jahren im Kopf, so Schipper im Dlf, nämlich einen Film über den ersten Sommer, den man ohne die Eltern verbringt. Dass einer der beiden aus dem Kongo flieht, sei später dazu gekommen. In der Vorbereitung habe er sich Gruppen von Migranten, die sich am Grenzzaun in den Wäldern Marokkos verstecken, und die Situation in Calais angeschaut. Obwohl er politisch interessiert sei, habe er sich vorher nie so tiefgründig mit der Materie beschäftigt.
In Calais hätte er gerne die freiwilligen Helfer aus ganz Europa etwa bei der Essensausgabe gefilmt, sagte Sebastian Schipper, gegen Zahlung eines Honorars, aber der französische Staat habe das nicht erlaubt. Das führte zu der absurden Situation, dass er Reisebusse mit Komparsen aus Paris habe kommen lassen, um die Leute darzustellen, die sich in den Wäldern von Calais versteckten.
Wir haben noch länger mit Sebastian Schipper gesprochen - hören Sie hier die Langfassung des Corsogesprächs
Am Ende des Drehtages machte er sich im Hotel darüber Gedanken, was das alles bedeute und ob es in Ordnung sei, den Film so zu drehen. "Die Frage müssten wir uns aber vielleicht alle stellen", findet Schipper, "nicht nur der Regisseur, der dort dreht".
Ein klarer Blick auf die Welt
Das Thema "Jungs- oder Männerfreundschaft" interessiere ihn als Regisseur immer wieder. Seine beiden Protagonisten in "Roads" seien 18 Jahre alt und hätten noch einen klaren, unvernebelten Blick auf die Welt, sie müssten sich der Politik oder dem Leben nicht vernünftig oder als Profi stellen. Wenn man sich "Fridays For Future" oder den jungen Youtuber Rezo nschaue, der sich politisch zu Wort gemeldet habe, da werde eine klare Sprache gesprochen, die auch Erwachsenen aus dem Herzen spreche. Das habe er mit den beiden im Film darstellen wollen.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.