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Secco aus Boskop

Ein Landschaftspfleger aus Franken bietet in seiner Region erfolgreich ganz besondere Produkte an: Apfelsecco und Birnensekt. Das Wagnis rechnet sich.

Von Anke Ulke |
    Norbert Metz ist ein umtriebiger Mensch. Der drohende Wegfall der Streuobstwiesen rund um den mittelfränkischen Hesselberg trieb dem Landschaftspfleger den Schweiß auf die Stirn. Dem Verschwinden der Apfel- und Birnbäume, die die Landschaft dort prägen, konnte er nicht tatenlos zusehen.

    "Diese Bäume, die hier das ganze Dorf umgeben, die in die Flur hinausziehen, haben einen sehr hohen ästhetischen Wert, und es gibt so einen Spruch: Die Seele nährt sich von den Dingen, die wir schön finden; es ist Seelennahrung, wenn hier die Leute zu Hunderten im Frühjahr herpilgern und unter blühenden Kirschbäumen wandeln, das ist Nahrung für die Seele. Wir würden einfach ein Stück authentische schöne Landschaft verlieren, wenn diese Bäume nicht mehr da wären."

    Drei Euro gab es nur noch für den Doppelzentner Äpfel, dafür bückt sich kein Bauer mehr und klaubt sein Obst von der Wiese. Also gründete der Landschaftspflegeverband im letzten Jahr eine Gesellschaft mit dem Ziel, die Streuobstwiesen zu erhalten, aber auch, um gutes Geld für gute Ware zu haben. Mitgesellschafter sind inzwischen 34 Personen: Bauern, Gastwirte, Unternehmer, Obstbesitzer, Bürgermeister, Männer und Frauen aus der Region. Mit der Einlage, die alle bezahlen mussten, sollte ein vernünftiger Preis für Äpfel und Birnen gezahlt werden.

    "Wir haben letzen Jahr bei den Sammelaktionen zwölf Euro für den Doppelzentner bezahlt. Wir haben also das Vierfache bezahlt."

    Hochwertig muss es sein, das Obst, ungespritzt außerdem, und es wird streng kontrolliert. Wer anfangs schlechte Ware brachte, wurde zum Aussortieren wieder weggeschickt. Doch das kommt inzwischen nicht mehr vor. Samstags wird das Obst gebracht und schon gleich am Montag verarbeitet. Zu Saft. Wenig originell, so scheint es, Apfel- und Birnensaft von Streuobstwiesen, selbst wenn er in den angesagten 0,2 Flaschen daherkommt. Und der Apfelsaftmarkt ist hart umkämpft. Norbert Metz war klar, dass noch etwas Neues her musste:

    "Mit einem Produkt, dass eben Monopolstellung hat, kann man wohl etwas mehr Geld verdienen, und das ist uns dann gelungen mit der Idee, einen sogenannten Apfelsecco zu produzieren. Wir haben sortenrein letztes Jahr zwei Obstsorten angekauft und zwar den Roten Boskop und den Rheinischen Bohnapfel. Sehr gut geeignet für den Ausbau zum Most, aus diesen Erträgen haben wir einen Most fertigen lassen und diesen Most dann zum Secco veredelt."

    Apfelsaft wird vergoren, etwas Kohlensäure und Restzucker bleiben erhalten. Dann gibt man noch ein wenig Fruchtzucker hinzu, füllt den Most in ein Druckfass und setzt ihn tagelang mit CO2 unter Druck. Die Kohlensäure geht in den Most über, er wird in Flaschen abgefüllt, und fertig ist ein spritziger Apfelsecco. Im Handumdrehen waren 6000 Flaschen Regional-Secco ausverkauft, und die Hesselberger Gesellschafter schoben noch eine Variante mit Holunderblütensaft hinterher. Inzwischen stehen die Säfte aus der Region in den Supermärkten der Gegend und sind auch in Nürnberg und Bamberg gefragt. In zwei Jahren soll sich das Projekt sogar selbst finanzieren. Und der Apfel-Holler-Secco ist noch nicht das Ende der Ideen:

    "Im Oktober dieses Jahres werden wir einen Birnensekt bekommen. Grundlage unseres Birnensektes ist aber kein Wein, sondern es ist ein Birnenmost, wir haben Birnen gepresst, haben aus diesem Birnensaft einen Birnenmost gemacht, den geklärt, daraufhin haben wir diesen Birnenmost in Flaschen gefüllt, jeder Flasche wurde ein Schuss Hefe zugesetzt, und jetzt beginnt eine zweite Gärung in der Flasche."

    Der Birnensekt wird nach der klassischen Champagnermethode hergestellt: Von Hand gerüttelt kann die Resthefe, die nach der Gärung bleibt, langsam nach oben in den Flaschenhals steigen. Der wird dann vereist. Wenn der Kronkorken, der die Flaschen anfangs verschließt, maschinell abgenommen wird, schießt die Hefe aus der Flasche, der Birnensekt bleibt rückstandsfrei zurück. Doch nicht nur die Produkte und ihre Qualität machen den Erfolg der Säfte und Seccos aus. Wichtig ist auch: 100 Prozent garantierte regionale Qualität. Norbert Metz:

    "Das ist eigentlich das Entscheidende: klare Herkunft. Und dahinter steckt auch, jeder der Obst bei Hesselberger Annahmestellen abgibt, kriegt einfach einen höheren Ankaufspreis. Wenn m letzen Jahr zwischen sieben und acht Euro üblich waren für den Doppelzentner haben wir vier Euro mehr bezahlt. Es muss sich lohnen für den Obstbauern, das Obst aufzulesen, und es muss sich auch lohnen, dass er den Baum pflegt und auch nachpflanzt."