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Israel
Sechs Monate nach dem Überfall der Hamas - Druck auf Regierung Netanjahu wächst

Ein halbes Jahr nach dem Beginn des Gaza-Kriegs hat Israels Präsident Herzog an den Terrorangriff der Hamas auf sein Land erinnert. Herzog sprach von einem "grauenerregenden Massaker" am 7. Oktober und von einem "blutigen und schwierigen Krieg", der seitdem herrsche. Seit dem Hamas-Angriff geht Israel militärisch gegen die militanten Islamisten in dem Palästinensergebiet vor. Das zieht aber auch Kritik auf sich.

    Benjamin Netanjahu, Ministerpräsident von Israel vor israelischen Flaggen
    Benjamin Netanjahu, Ministerpräsident von Israel, steht zunehmend unter Druck (Abir Sultan / AP / dpa )
    Bei dem beispiellosen Angriff der von den USA und der EU als Terrororganisation eingestuften Hamas wurden in Israel etwa 1.170 Menschen getötet sowie rund 250 weitere als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. Circa 130 befinden sich noch immer in der Gewalt der Terroristen. Es wird vermutet, dass viele von ihnen tot sind.

    Solidaritätskundgebung in Berlin

    In Berlin hat die Deutsch-israelische Gesellschaft zu einer Solidaritätskundgebung mit Israel aufgerufen. Präsident der Gesellschaft ist der Grünen-Politiker Beck. Die Organisation will nach eigenen Angaben der Opfer des Überfalls gedenken und Solidarität mit den von der Hamas in den Gazastreifen verschleppten Geiseln zeigen.
    Der Leiter des UNO-Nothilfebüros, Griffiths, rief zu einem Ende des Krieges im Gazastreifen auf. Täglich fordere dieser Krieg mehr zivile Opfer und pflanze die Saat für eine noch düsterere Zukunft, erklärte Griffiths in New York. Für die Betroffenen des anhaltenden Horrors der Angriffe vom 7. Oktober seien es sechs Monate von Trauer und Qual gewesen. Selten habe es eine solche weltweite Empörung über einen Konflikt gegeben, auf die dann so wenig Taten gefolgt seien, um ihn zu beenden, meinte Griffiths.
    Zuvor hatte der Menschenrechtsrat der UNO gefordert, die Waffenlieferungen an Israel zu beenden. Dies sei notwendig, um weitere Verletzungen von internationalem humanitärem Recht zu verhindern, hieß es in einer Resolution. Die deutsche Botschafterin bei den Vereinten Nationen in Genf, Stasch, sagte, der Text erwähne die islamistische Hamas nicht, spreche Israel das Recht auf Selbstverteidigung ab und enthalte Vorverurteilungen gegen das Land.

    Druck in Israel auf Netanjahu

    In dem Krieg sind bisher zehntausende Menschen im Gazastreifen durch israelische Angriffe getötet worden. Ein Großteil der 2,2 Millionen Menschen in dem abgeriegelten Küstengebiet hat wegen der massiven Zerstörungen inzwischen kein Heim mehr, viele leiden unter Hunger. Wegen seiner Kriegsführung ist Israel politisch zunehmend isoliert. Selbst Verbündete wie die USA und Großbritannien üben mittlerweile offen Kritik an Ministerpräsident Netanjahu.
    Auch in Israel selbst wächst die Kritik am Handeln der Regierung unter Premierminister Netanjahu. Kritiker werfen ihm vor, den Schutz der Gaza-Grenze vernachlässigt zu haben und die Interessen des Landes seinem politischen Überleben unterzuordnen.
    Gestern beteiligten sich in Tel Aviv und anderen Städten erneut zehntausende Menschen an Protesten gegen den Regierungschef. Für heute ist in Jerusalem eine weitere Demonstration für die Freilassung der Hamas-Geiseln geplant. Im Deutschlandfunk sagte die Publizistin Gisela Dachs, die Geduld vieler Israelis mit Premier Netanjahu sei am Ende. Das Vertrauen sei verspielt.

    Schwierige Verhandlungen über Feuerpause

    Die unter Vermittlung der USA, Ägyptens und Katars geführten Verhandlungen über eine erneute Feuerpause im Gazastreifen und die Freilassung weiterer Geiseln gestalten sich allerdings schwierig. Die Hamas zeigte sich vor den heutigen Verhandlungen in Kairo nicht zu Zugeständissen bereit. Sie hält weiter an ihren Forderungen fest, wonach sie einen vollständigen Waffenstillstand und den Abzug der israelischen Streitkräfte aus dem Gazastreifen verlangt.
    Die Gespräche über eine Feuerpause und die Freilassung israelischer Geiseln laufen seit Monaten. Im Rahmen der bisher einzigen Einigung - vermittelt von den USA, Katar und Ägypten - kamen Ende November während einer einwöchigen Feuerpause rund hundert Geiseln im Austausch gegen palästinensische Häftlinge frei.

    Hör-Empfehlung

    Der Politikpodcast des DLF beschäftigt sich eingehend mit den Folgen des Krieges zwischen der Hamas und Israel.
    Diese Nachricht wurde am 07.04.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.