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Sechs Sorten und die ideale Mischung

Das satte, kurz geschorene Grün mit Weltmeisterqualitäten ist eine gute Mischung. Der Rasen, auf den die ganze Welt in knapp vier Wochen blicken wird, kommt aus den Niederlanden, Dänemark und Deutschland. Über drei Jahre lang wurde das wertvolle Grün an sechs unterschiedlichen Standorten getestet. Keine leichte Arbeit für die Mitarbeiter des Bundessortenamts in Hannover.

Von Carolin Hoffrogge |
    "Die wichtigsten spieltechnischen Eigenschaften sind eine dichte Rasennarbe. Das wird gewährleistet, indem man Sorten nimmt, die sehr feinblättrig sind."

    Lorettanova, Bargold, Margarita, Cocktail, Bartitia und Limousine: das klingt doch nach frischen, knackigen Gräsern. Aus diesen Weidelgräsern und Wiesenrispen hat Hermann Freudenstein die richtige Mischung ausgesucht:

    "Die sehr viele Triebe bilden, damit sehr dicht wachsen und die vor allen Dingen die Trittbelastung gut aushalten."

    Biologe Freudenstein arbeitet im Labor des Bundessortenamts in Hannover. Mit seinen jahrelangen Rasenzüchtungen hat er die Arbeit des nur zwei Köpfe zählenden Rasenkompetenzteams der FIFA bereichert:

    "Das Rasenkompetenz-Team ist zuständig für die Bereitstellung eines ordnungsgemäßen Rasens für die 12 Stadien. Wir haben sie unterstützt bei der Auswahl der geeigneten Rasengräserarten und –sorten. "

    Hermann Freudenstein hat die richtige Saat auch im benachbarten Ausland gesucht. So ist der deutsche WM-Rasen ein europäisches Gemeinschaftsprodukt. Neben deutschem Samen kommt niederländischer und dänischer zum Einsatz. Dabei hat die FIFA genau angegeben, wie der Rasen bespielbar sein muss, sagt Bernhard Hövener. Hövener ist Rasentester. Er fährt in die Stadien und prüft die Qualität:

    "Die Fifa gibt ja vieles vor. Zum Beispiel auch die Schnitthöhe mit 28 Millimeter. Die Schnittrichtung ist vorgegeben, die Farbe der Gräser ist vorgegeben. Das ist ein Mittelgrün, so soll der aussehen, in allen Stadien. Dementsprechend ist auch eine Düngeempfehlung vorgesehen. Die Platzwarte waren auch zweimal im Frühjahr zur Schulung. Da wird nichts dem Zufall überlassen. "

    Ob diese Qualität auch stimmt, prüft Bernhard Hövener mit seinem Stechspaten. Dafür tritt er mit seinem Fuß kräftig auf den Rand des Spatens:
    "Ich steche jetzt mal rein. Wie man sieht, die Narbe ist gut verwurzelt. Ich öffne jetzt mal den Profilspaten, dann können wir jetzt erkennen: den Wurzelhorizont, ich ziehe mal vorsichtig, haben 8 bis 9 Zentimeter lange Wurzeln. Das wollen wir haben. "

    Ist die grüne Fläche zu hart oder zu weich? Sieht der Rasen gesund aus, lässt er sich gut scheren und ist zudem elastisch? Rasentester Hövener nimmt´s genau:

    "Das ist ja, was die Spieler haben wollen. Die wollen einen treuen Platz haben. Ich muss den Ball berechnen können, nicht, dass er mir vom Fuß springt oder an der Brust vorbei, und dann ins Tor geht. "

    Um mittelgrünen, festen, dabei trotzdem elastischen WM-Rasen für 1 Stadion zu züchten, haben die Experten 200 Kilogramm Saatgut ausgesät. Aber die Saat wird nicht vor Ort und Stelle ausgebracht. Die grüne Pracht wächst schon seit einem Jahr rund um Frankfurt und in den Niederlanden. Hermann Freudenstein vom Bundessortenamt:

    "Das ist im freien Feld gewachsen. Ich habe ihn schon mal gesehen, und der Rasen sah sehr gut aus. Absolut gut geeignet, da werden die Mannschaften sehr zufrieden sein. "

    Mit großen Maschinen ernten die Züchter den WM-Rasen diese Woche auf ihren Feldern ab. Dabei greifen sie mit einer Fräse 10 Zentimeter tief unter die Rasennarbe, sie schälen ihn. Ihre frische Ernte rollen sie dann auf und fahren diesen tonnenschweren Rollrasen mit LKW´s in die Stadien. Rasentester Hövener:

    "Die werden ja als Dicksode verlegt. Mit 8 Zentimetern, 6 bis 8 Euro pro Quadratmeter. Das machen die Fachfirmen. Die haben Spezialmaschinen, um die Dicksode auslegen zu können. Denn so eine Rolle wiegt circa 800 Kilo und da brauchen sie Spezialmaschinen, die die mit dem Greifarm aufnehmen können und entsprechend verlegen können. Wenn so ein Platz mit einer Dicksode belegt wird, müssen 40 LKW´s anrollen. "

    Der Bundesligarasen – alt und abgetreten – wird heute in den Stadien in Hamburg und Hannover abgeschält. Am Ende der Woche dann leuchten die ausgesuchten Weidelgräser und Wiesenrispen mittelgrün um die Wette und warten auf weltmeisterliche Teams.