Friedbert Meurer: Christian Deutschländer ist Landtagskorrespondent der Tageszeitung Münchner Merkur, für uns jetzt in München im Studio. Guten Tag, Herr Deutschländer!
Christian Deutschländer: Schönen guten Tag!
Meurer: Ist das Seehofer durchgerutscht, oder war das kalkuliert?
Deutschländer: Oh, ich glaube beides. Die kleinen Bosheiten, das gelegentlich mal Sticheln, das macht er ja eigentlich gerne. Er bezeichnet diese Münchener Landschaft immer gerne mal als Mäusekino, als Halmaspieler, als eindimensional Denkende. So was macht er schon. Ich glaube, dass es ihm trotzdem jetzt ein Stück durchgerutscht ist, weil er das mediale Echo nicht in dieser Form erwartet hat. Ich glaube, er hat einen Fehler gemacht, wenn er auf einer Weihnachtsfeier alles zum Schreiben und Senden freigibt, wo dann auch zu später Stunde man von Tisch zu Tisch zieht, wo auch mal ein Glas Wein getrunken wird.
Meurer: Wieso sagt er so etwas Negatives über seinen wichtigen Finanzminister?
Deutschländer: Ich glaube, dass er das Prinzip hat, dass er seine Kronprinzen gerne so wie einen Golfrasen pflegen möchte: alle schön saftig, alle schön leuchtend, aber bitte alle gleich kurz. Und wenn er den Eindruck hat, dass einer so ein bisschen daraus hervorschaut, dass einer ein bisschen zu mutig wird, dann brät er ihm eins drüber.
Meurer: Das scheint ja fast typisch zu sein für Seehofer: Erst die eigenen Leute groß machen und dann, wenn sie groß geworden sind, in die Pfanne hauen?
Deutschländer: Ja, er ist vom Typ her schon so ein bisschen ein Spieler. Politische Prozesse sind für ihn nie wirklich ernst, sind immer Spaß oder, wie er sagt, Spass! Er will also alles in Bewegung halten, er hasst Stillstand. Und deswegen lästert er auch fröhlich, deswegen fährt er die Ellenbogen raus, deswegen brät er seinen Parteifreunden mal eins drüber. Und wenn dann einer hinterher sauer ist und verärgert ist, sagt er, liebe Leut', das war doch alles nur Spass.
Meurer: Glauben Sie, Markus Söder hält das auch für einen Spaß?
Deutschländer: Ich glaube, überhaupt nicht. Markus Söder ist von seiner Anlage her sensibler als man glaubt. Und ich glaube, das hat ihn wirklich schwer getroffen.
Meurer: Was bedeutet das jetzt für ihn?
Deutschländer: Er wird das ein Weilchen mit sich herumtragen. Man weiß nun, Seehofer ist irgendwie sauer auf ihn, Seehofer hält nicht allzu große Stücke im Moment auf ihn. Die Menschen merken sich so was ja ein Zeitchen, wo hingegen Seehofer ja eher einer ist, bei dem das dann nach einer gewissen Zeit auch wieder verflogen ist. Ein Monat später ist Söder für Seehofer vielleicht wieder der große Held. Aber ich glaube, dass diese Sätze gerade in dieser Härte Söder wirklich getroffen haben.
Meurer: Bedeutet das, dass das vielleicht nicht unbedingt das Karriereende von Markus Söder ist, aber dass er seine Ambitionen, Ministerpräsident zu werden, abschreiben kann?
Deutschländer: Nein, das glaube ich nicht. Ich habe noch nie erlebt, dass Markus Söder überhaupt irgendwelche Ambitionen abschreibt. Und ich kann mir auch vorstellen, dass bis zur Wahl 2018, die Seehofer ja zumindest für sich als Zielmarke ausgegeben hat, dass bis dahin noch so wahnsinnig viel passiert, da wird es noch drei neue und vier alte Kronprinzen geben, da wird sich viel tun.
Meurer: Christian Deutschländer, als Landtagskorrespondent des Münchner Merkurs haben Sie ja gute Kontakte, sage ich mal, zu CSU-Abgeordneten und CSU-Politikern. Was geht jetzt in deren Köpfen vor, was denken die?
Deutschländer: Die sind sauer und sie sind wirklich sauer. Es ist gerade in der CSU-Landtagsfraktion ja so, dass Seehofer, der der Fraktion nicht angehört, er hat kein Mandat, dort viele Kritiker hat. Leute, die er auch persönlich vor den Kopf gestoßen hat. Allein der Kreis derer, die mal im Kabinett saßen und nicht verstehen, warum sie dort nicht mehr sitzen, ist ja schon ein Viertel der Fraktion. Das sind Ex-Minister wie Sinner, wie Goppel, wie Frau Stewens, die in aller Deutlichkeit sagen, dass sie verärgert sind, dass sie ihm Mobbing vorwerfen, fehlende Teamfähigkeit. Und dass sie seine Attacke einfach für völlig überflüssig halten.
Meurer: Das sind Ex-Minister, sagen Sie. Gibt es auch aktuelle Politiker, die sich trauen, etwas gegen Seehofer zu sagen, dass es so kein Stil ist?
Deutschländer: Da sprechen Sie einen ganz interessanten Punkt an: den des Trauens. Der Meinung sind sie alle, allerdings ist Seehofer in einer Machtposition. Er entscheidet ja im Moment und bis auf Weiteres noch darüber, wer bekommt welches Amt, wer kann welche Ambitionen haben. Deswegen halten die, die aktuell ein Amt haben, ein Ministeramt, und es gerne behalten wollen, sich natürlich etwas zurück. Hinter vorgehaltener Hand äußern sie sich umso deutlicher.
Meurer: Ist Horst Seehofer so etwas wie unantastbar, zehn Monate vor der Wahl?
Deutschländer: Er ist es vor der Wahl tatsächlich. Im Moment gibt es keine wirkliche Alternative zu ihm. Nach der Wahl – und zwar schon am Wahlabend 2013 – könnte es passieren, dass die Demontage beginnt in der CSU.
Meurer: Wie finden das die bayerischen Wähler, diesen Stil von Horst Seehofer? Wir etwas nördlich von Ihnen können vielleicht auch auf die Idee kommen, ja das ist halt hemdsärmeliger Stil und die CSU liegt bei 48 Prozent. Kommt das also vielleicht an bei den Wählern in Bayern?
Deutschländer: Das ist ein Phänomen! Es kommt tatsächlich zu einem Stück weit an, wenn auch nur zu einem Stück weit. Dieses Hemdsärmelige, dieses Rumpelige, dieses leicht Anarchische, das liegt den Bayern schon. Und von daher hat Seehofer natürlich eine hohe Medienpräsenz, er kommt vor, er ist den Leuten lieber als irgendein langweiliger Technokrat. Allerdings stellt sich dann schon irgendwann mal die Frage: Ist er der verlässliche, ist er wirklich der stabile Ministerpräsident, dem man das Land auf lange Zeit anvertrauen kann.
Meurer: Offenbar 48 Prozent der Bayern beantworten diese Frage mit Ja im Moment.
Deutschländer: 48 Prozent der Bayern klingt jetzt so aus nördlicher Sicht nach relativ viel. Wenn Sie sich die Wirtschaftslage Bayerns anschauen, die Zahlen, die eigentlich fantastisch sind, dann müsste man sich eigentlich fragen, warum sind es nicht 65.
Meurer: Das war Christian Deutschländer, Landtagskorrespondent der Tageszeitung Münchner Merkur, zu den bekannt gewordenen deftigen Zitaten des bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer gegen seinen eigenen Finanzminister Markus Söder. Danke, Herr Deutschländer, auf Wiederhören nach München.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Christian Deutschländer: Schönen guten Tag!
Meurer: Ist das Seehofer durchgerutscht, oder war das kalkuliert?
Deutschländer: Oh, ich glaube beides. Die kleinen Bosheiten, das gelegentlich mal Sticheln, das macht er ja eigentlich gerne. Er bezeichnet diese Münchener Landschaft immer gerne mal als Mäusekino, als Halmaspieler, als eindimensional Denkende. So was macht er schon. Ich glaube, dass es ihm trotzdem jetzt ein Stück durchgerutscht ist, weil er das mediale Echo nicht in dieser Form erwartet hat. Ich glaube, er hat einen Fehler gemacht, wenn er auf einer Weihnachtsfeier alles zum Schreiben und Senden freigibt, wo dann auch zu später Stunde man von Tisch zu Tisch zieht, wo auch mal ein Glas Wein getrunken wird.
Meurer: Wieso sagt er so etwas Negatives über seinen wichtigen Finanzminister?
Deutschländer: Ich glaube, dass er das Prinzip hat, dass er seine Kronprinzen gerne so wie einen Golfrasen pflegen möchte: alle schön saftig, alle schön leuchtend, aber bitte alle gleich kurz. Und wenn er den Eindruck hat, dass einer so ein bisschen daraus hervorschaut, dass einer ein bisschen zu mutig wird, dann brät er ihm eins drüber.
Meurer: Das scheint ja fast typisch zu sein für Seehofer: Erst die eigenen Leute groß machen und dann, wenn sie groß geworden sind, in die Pfanne hauen?
Deutschländer: Ja, er ist vom Typ her schon so ein bisschen ein Spieler. Politische Prozesse sind für ihn nie wirklich ernst, sind immer Spaß oder, wie er sagt, Spass! Er will also alles in Bewegung halten, er hasst Stillstand. Und deswegen lästert er auch fröhlich, deswegen fährt er die Ellenbogen raus, deswegen brät er seinen Parteifreunden mal eins drüber. Und wenn dann einer hinterher sauer ist und verärgert ist, sagt er, liebe Leut', das war doch alles nur Spass.
Meurer: Glauben Sie, Markus Söder hält das auch für einen Spaß?
Deutschländer: Ich glaube, überhaupt nicht. Markus Söder ist von seiner Anlage her sensibler als man glaubt. Und ich glaube, das hat ihn wirklich schwer getroffen.
Meurer: Was bedeutet das jetzt für ihn?
Deutschländer: Er wird das ein Weilchen mit sich herumtragen. Man weiß nun, Seehofer ist irgendwie sauer auf ihn, Seehofer hält nicht allzu große Stücke im Moment auf ihn. Die Menschen merken sich so was ja ein Zeitchen, wo hingegen Seehofer ja eher einer ist, bei dem das dann nach einer gewissen Zeit auch wieder verflogen ist. Ein Monat später ist Söder für Seehofer vielleicht wieder der große Held. Aber ich glaube, dass diese Sätze gerade in dieser Härte Söder wirklich getroffen haben.
Meurer: Bedeutet das, dass das vielleicht nicht unbedingt das Karriereende von Markus Söder ist, aber dass er seine Ambitionen, Ministerpräsident zu werden, abschreiben kann?
Deutschländer: Nein, das glaube ich nicht. Ich habe noch nie erlebt, dass Markus Söder überhaupt irgendwelche Ambitionen abschreibt. Und ich kann mir auch vorstellen, dass bis zur Wahl 2018, die Seehofer ja zumindest für sich als Zielmarke ausgegeben hat, dass bis dahin noch so wahnsinnig viel passiert, da wird es noch drei neue und vier alte Kronprinzen geben, da wird sich viel tun.
Meurer: Christian Deutschländer, als Landtagskorrespondent des Münchner Merkurs haben Sie ja gute Kontakte, sage ich mal, zu CSU-Abgeordneten und CSU-Politikern. Was geht jetzt in deren Köpfen vor, was denken die?
Deutschländer: Die sind sauer und sie sind wirklich sauer. Es ist gerade in der CSU-Landtagsfraktion ja so, dass Seehofer, der der Fraktion nicht angehört, er hat kein Mandat, dort viele Kritiker hat. Leute, die er auch persönlich vor den Kopf gestoßen hat. Allein der Kreis derer, die mal im Kabinett saßen und nicht verstehen, warum sie dort nicht mehr sitzen, ist ja schon ein Viertel der Fraktion. Das sind Ex-Minister wie Sinner, wie Goppel, wie Frau Stewens, die in aller Deutlichkeit sagen, dass sie verärgert sind, dass sie ihm Mobbing vorwerfen, fehlende Teamfähigkeit. Und dass sie seine Attacke einfach für völlig überflüssig halten.
Meurer: Das sind Ex-Minister, sagen Sie. Gibt es auch aktuelle Politiker, die sich trauen, etwas gegen Seehofer zu sagen, dass es so kein Stil ist?
Deutschländer: Da sprechen Sie einen ganz interessanten Punkt an: den des Trauens. Der Meinung sind sie alle, allerdings ist Seehofer in einer Machtposition. Er entscheidet ja im Moment und bis auf Weiteres noch darüber, wer bekommt welches Amt, wer kann welche Ambitionen haben. Deswegen halten die, die aktuell ein Amt haben, ein Ministeramt, und es gerne behalten wollen, sich natürlich etwas zurück. Hinter vorgehaltener Hand äußern sie sich umso deutlicher.
Meurer: Ist Horst Seehofer so etwas wie unantastbar, zehn Monate vor der Wahl?
Deutschländer: Er ist es vor der Wahl tatsächlich. Im Moment gibt es keine wirkliche Alternative zu ihm. Nach der Wahl – und zwar schon am Wahlabend 2013 – könnte es passieren, dass die Demontage beginnt in der CSU.
Meurer: Wie finden das die bayerischen Wähler, diesen Stil von Horst Seehofer? Wir etwas nördlich von Ihnen können vielleicht auch auf die Idee kommen, ja das ist halt hemdsärmeliger Stil und die CSU liegt bei 48 Prozent. Kommt das also vielleicht an bei den Wählern in Bayern?
Deutschländer: Das ist ein Phänomen! Es kommt tatsächlich zu einem Stück weit an, wenn auch nur zu einem Stück weit. Dieses Hemdsärmelige, dieses Rumpelige, dieses leicht Anarchische, das liegt den Bayern schon. Und von daher hat Seehofer natürlich eine hohe Medienpräsenz, er kommt vor, er ist den Leuten lieber als irgendein langweiliger Technokrat. Allerdings stellt sich dann schon irgendwann mal die Frage: Ist er der verlässliche, ist er wirklich der stabile Ministerpräsident, dem man das Land auf lange Zeit anvertrauen kann.
Meurer: Offenbar 48 Prozent der Bayern beantworten diese Frage mit Ja im Moment.
Deutschländer: 48 Prozent der Bayern klingt jetzt so aus nördlicher Sicht nach relativ viel. Wenn Sie sich die Wirtschaftslage Bayerns anschauen, die Zahlen, die eigentlich fantastisch sind, dann müsste man sich eigentlich fragen, warum sind es nicht 65.
Meurer: Das war Christian Deutschländer, Landtagskorrespondent der Tageszeitung Münchner Merkur, zu den bekannt gewordenen deftigen Zitaten des bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer gegen seinen eigenen Finanzminister Markus Söder. Danke, Herr Deutschländer, auf Wiederhören nach München.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.