Dienstag, 30. April 2024

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Seemannsklub in Hamburg
Bescherung für Seemänner aus aller Welt

Taoisten, Hindus und Christen: Seemänner aus aller Welt feiern im Hamburger Seemannsklub "Duckdalben" Weihnachten - teilweise tausende Kilometer entfernt von daheim. Dass die Feier gelingt, liegt an Leiter und Diakon Jan Oltmanns, Telefonkabinen mit Bullaugen, Hautcremes - und dem Lied "Stille Nacht".

Von Axel Schröder | 20.12.2018
    Weihnachtsbaum in der geschmückten Halle im Seemannsclub Duckdalben im Hamburger Hafen.
    Baum und Krippe: Seemannsmission im Hamburger Hafen zur Weihnachtszeit (Deutschlandradio / Axel Schröder)
    In der Eingangshalle des Seemannsklubs "Duckdalben" im Hamburger Hafen berührt die Tannenbaumspitze schon fast die hohe Decke. Ganz oben thront kein Strohstern, sondern ein Leuchtturm. Unten, am Fuße des Baums liegen schon bunt-verpackte Geschenke bereit. Diakon Jan Oltmanns leitet den "Duckdalben". Groß und hager, mit schulterlangen grauen Haaren hat er alle Hände voll zu tun, nimmt sich trotzdem kurz Zeit.
    "Daneben steht die Krippe. Natürlich noch ohne Jesus-Kind. Dafür mit einer schwangeren Maria und einem Seemann, der da Pfeife rauchend der Heiligen Familie sozusagen entgegen guckt. Ich finde, das passt sehr gut. Genauso wie das leichte Mädchen, was durch diese Wasserträgerin symbolisiert wird. Und auch bei uns an die Krippe gehört. Genau wie die Katze und der Hund und die Hühner. Die Hühner, da sind wir drauf gekommen durch eine Darstellung von der Geburt von Jesus aus Korea."
    Taoisten, Sikhs, Christen und Muslime
    Die meisten Seeleute stammen von den Philippinen, aus Indien, aus Südostasien. Und wer möchte, findet im ersten Stock, im "Raum der Stille" seinen Platz für eine Einkehr.
    "Das fängt an bei den Taoisten, die uns hier eine Göttin geschenkt haben, die sozusagen die Schutzheilige der Seeleute ist. Das geht weiter mit den Sikhs, dann geht es zu den Hindus, zu dem ganz bunten Nischchen für die Buddhisten. Dann sehr nüchtern, gehen wir jetzt zu den monotheistischen Religionen. Da fangen wir bei den Juden an. Und dann kommt die Vielfalt der Christenheit. Und dann geht es weiter, etwas schief, weil es richtig nach Mekka ausgerichtet sein muss, dann auch noch einen Altar mit dem Koran in ganz verschiedenen Sprachen."
    Der beste Seemannsklub weltweit
    Jan Oltmanns entschuldigt sich, muss unten bei den Weihnachtsvorbereitungen mit anpacken. Neben dem Tannenbaum in der Halle sind die Telefonkabinen für die Seeleute untergebracht, in den schmalen Türen runde Bullaugen-Fenster. Von hier aus können die Männer kostenlos zuhause anrufen. Auf dem Sofa daneben sitzt Shukla Omprekash, ein Seemann aus Indien, wartet auf seine Kollegen, die gerade mit dem Kleinbus vom Containerterminal abgeholt werden. Ein besonderer Service des "Duckdalbens", den es nicht überall gibt.
    "Ich kenne über 30 Seemannsklubs auf der ganzen Welt. In Asien, Australien, China, Korea, Pusan. Ich war schon überall. Aber der Hamburger Seemannsklub ist der beste. Sie holen dich ab, fahren dich zurück zum Schiff. Du kannst kostenlos telefonieren, hast freies Internet. Du kannst hier einkaufen. Ich liebe Hamburg!"
    Außenansicht der Seemannsmission Duckdalben in Hamburg in der Abenddämmerung.
    Seemänner schwärmen vom Hamburger "Duckdalben" - hier werden sie gut versorgt (picture alliance / Bodo Marks)
    Weihnachten kann Shukla aber leider nicht im Hamburger Hafen feiern. Schon morgen legt sein Schiff ab, fährt ab in Richtung London. Und bevor es losgeht, wird er noch im Kiosk des Seemannsheims einkaufen. Jörn Hille, auch er ist Diakon, steht hinter dem Verkaufstresen, zeigt die Auswahl. Neben Schweinekrusten aus den Philippinen, neben Schokoladen, Rasierschaum und Telefonkarten gibt es vor allem auch Hautcremes im Sortiment.
    "Man hat so ein altes Bild von einem harten Seemann im Kopf. Nix is! Wenn man auf See ist, dann weiß man über Hautpflege mindestens so viel wie eine Beauty-Queen. Die See und die Schmierstoffe an Bord und der Wind sorgen dafür, dass man peinlichst genau auch auf seine Haut achten muss."
    Seemänner brauchen mehr Zuspruch
    Und gerade um die Weihnachtszeit herum brauchen die Seeleute einfach mehr Zuspruch als sonst, erzählt Jörn Hille:
    "Auf der seelsorgerischen Seite der Arbeit ist es natürlich so, dass die Menschen weit weg von zuhause und ihren Liebsten sind und dann muss man schon mal einen Moment mehr Zeit haben für die Menschen, um sich ihrer Trauer anzunehmen, dass sie weit weg sind. Um dem Trübsal zu begegnen."
    Am Montagabend werden die Kleinbusse des Seemannsheims dann die Männer von den Terminals abholen, damit die Feier pünktlich starten kann, erzählt Jan Oltmanns, der Leiter des Duckdalbens.
    "Ab 19 Uhr werde wir dann hier in unserem Empfang eine Andacht halten, wo dann die schöne vierte Strophe von ‚Stille Nacht‘ gesungen wird. Wo es nämlich heißt, dass Jesus die Völker der Welt umarmt."
    Und wie jedes Jahr sitzen dann rund 40 Seeleute an den reich gedeckten Tischen im Saal des Duckdalbens, lassen sich von einem pensionierten und kostümierten Hamburger Seemann beschenken. Und wie jedes Jahr klingen dann nicht nur deutsche Weihnachtsliedern durch das Seemannsheim, sondern auch solche aus den Heimatländern der Seeleute.