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Seenotrettung
Baywatch an Frankreichs Küsten

Wenn Gefahr in Verzug ist, dann muss es schnell gehen. Das wissen auch die Mitglieder der Nationalen Gesellschaft für Seenotrettung (SCNS) in Frankreich. Sie kümmern sich nicht nur um Schiffbrüchige an der Küste, sondern auch um Notfälle im kommunalen Schwimmbad. Und dafür heißt es trainieren, egal bei welchem Wetter.

Von Suzanne Krause |
    Ein Strand an der französischen Atlantikküste.
    Die Rettungsschwimmer der SNSM sorgen für Sicherheit an Frankreichs Küsten. (dpa/picture alliance/Maxppp Arnaud Jaffre)
    Sonntagmorgen halb neun, am Jachthafen von Brest. Vor einer alten Lagerhalle, Sitz der örtlichen Rettungsschwimmer, bereiten gut zwei Dutzend junge Männer und Frauen Schlauchboote für den Einsatz vor. Julien Darez schleppt einen Außenbordmotor heran.
    "Wir werfen den Motor an, um sicherzustellen, dass er einsatzfähig ist. Er springt nur im Wasser an und das simulieren wir nun. Jetzt müssen wir noch die Reißleine anschließen - das andere Ende befestigt der Steuermann des Schlauchboots an seinem Bein. Sollte er bei einem Einsatz ungewollt über Bord gehen, wird der Motor automatisch von der Reißleine gestoppt."
    Der 20-Jährige ist, wie viele seiner Kollegen hier, Sportstudent an der Universität von Brest. Seit November kommt er drei Mal wöchentlich zur Rettungsschwimmer-Ausbildung. Dafür hat er sogar seine Leidenschaft, den Handball, zurückgestellt. Der Kurs ist kostenlos. Wer alle anstehenden Diplome schafft, dem ist ein Sommerjob sicher. Doch für Julien Darez ist das gar nicht mal das Wichtigste.
    "Ich möchte Gendarm werden, da bereichert das Rettungsschwimmer-Abzeichen meinen Lebenslauf. Denn das belegt ja, dass ich motiviert bin, dass es mir am Herzen liegt, Menschen zu helfen und zu retten."
    Urlaub machen und gleichzeitig Geld verdienen
    Während Julien Darez sich um das Schlauchboot kümmert, frischt Adeline Lessosse im Ausbildungszentrum nebenan ihre Erste-Hilfe-Kenntnisse auf. Ein Kollege mimt einen Badegast nach einem Schwächeanfall, Adeline muss herausfinden, was ihm fehlt. 22 ist sie, überwachte bislang Strände in der Bretagne und an der Côte d'Azur und bereitet derzeit ihre fünfte Sommersaison bei der nationalen Gesellschaft für die Seenotrettung vor.
    "Die Bezahlung hängt ab von den Mitteln der jeweiligen Gemeinde, sie reicht von 1.200 bis 1.800 Euro im Monat. Im Norden kann der Lohn hochgehen bis auf 2.000 Euro - vielleicht eine Zulage, weil es dort an Sonne mangelt. Mir gefällt der Job ungemein, ich habe den Eindruck, Urlaub zu machen und gleichzeitig Geld zu verdienen. Es ist viel lustiger, als in der Fabrik oder als Bedienung zu jobben. Außerdem sind wir ja auch kostenlos untergebracht."
    Zwischenzeitlich ist die Anfängergruppe zu einer Bucht ans Meer gefahren. Im Pulk sprinten die künftigen Rettungsschwimmer, von den Ausbildern angefeuert, über den Strand. Eine kühle Brise weht: Ein junges Mädchen bibbert, trotz Neopren-Anzugs.
    "Die Lufttemperatur liegt bei vielleicht zwölf Grad. Da hilft nur, ernsthaft motiviert zu sein."
    Am Strand zeigt ein Ausbilder die Griffe, um einen Verletzten im Wasser ins Schlauchboot zu hieven. Royan Gaël schaut aufmerksam zu. Er ist eine sogenannte schwarze Katze - so heißen im Jargon der französischen Rettungsschwimmer diejenigen, die schon mit Ertrunkenen konfrontiert waren. Im vergangenen Sommer, kurz bevor sein Tagesdienst am Strand begann, wurde Royan zu einem Notfall gerufen - ein Urlauber, der nur noch tot aus dem Meer geborgen werden konnte.
    "Wir haben dann sofort eine Nachbesprechung gemacht und das hat mir sehr geholfen. Deshalb kam mir das eher wie eine Übung vor. Wir müssen lernen, tödliche Unfälle wegzustecken. Denn anschließend müssen wir uns ja wieder darauf konzentrieren, den Strand zu überwachen. Aber manchem fällt es schwer, über einen solchen Unglücksfall hinweg zu kommen."