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Sehnsucht nach dem Pazifischen Ozean

James Cook war kein Eroberer, sondern Entdecker. Von seinen Expeditionen in die Südsee brachte er zahlreiche Kunstgegenstände mit. Ein Teil davon ist nun in der Bundeskunsthalle Bonn zu sehen.

Von Michael Köhler |
    Dreimal hat er es getan. Es hat der Welt genutzt und ihn das Leben gekostet. Als er 1779, gerade mal 50 Jahre alt, auf Hawaii niedergestochen wurde, hatte er Expeditionsreisen in die neue unbekannte, andere Welt unternommen, die Weiten des Pazifischen Ozeans. Er bereiste Neuseeland, Australien und Polynesien, die Inselwelt der Südsee, hatte den Langmaul-Pinzettenfisch und das Känguru gesehen. Brigitta Hauser-Schäublin, von der Ethnologischen Sammlung der Uni Göttingen:

    "Also, er war ein Produkt der Aufklärung, hat sie auch aktiv vertreten, hat auch versucht, die Menschen denen er begegnet ist auf Augenhöhe zu begegnen. Er hat zum Menschenverständnis wesentlich beigetragen auch durch die ganze Begleitung, durch Wissenschaftler, hat er durch das, was die Expeditionen insgesamt zurückgebracht haben, zur Aufklärung und Weiterentwicklung der modernen Wissenschaften beigetragen."

    James Cook, war, anders als Alexander von Humboldt oder Georg Forster, kein Wissenschaftler, Literat oder Philosoph, er war Seemann. Er war zunächst Leutnant, dann Kapitän, reiste mit normalen Schiffen, die aber riesigen Laderaum hatten. Er war Kartograf und trug seine Funde ein: 149° 27´ W, 17° 41´ S, Tahiti.

    "Cook ist nicht wie die Reisenden vor ihm, Eroberer gewesen, sondern Entdecker."

    Gundolf Krüger von der Uni Göttingen, die über eine große Cook- und Forster-Sammlung verfügt. Die Bonner Ausstellung ist mit einigen hundert Ausstellungsstücken eine Augenweide. In Zeiten von Google-Maps und mobiler Navigation kann man dem Aufbruch in andere neue Welten der Südsee folgen: Galauniformröcke, polynesische Zeremonialstäbe, Arm- und Beinschmuck aus Kokosfaser und menschlichem Haar, Perlmuttschmuck und farbige Federumhänge in großer Zahl sind zu bestaunen.
    Adrienne Kaeppler, Kuratorin der Ausstellung und Expertin für Südseekultur und ozeanische Ethnologie am Smithsonian Institution Washington:

    "Es geht um mehr, nämlich die aufklärerische Idee, den interkulturellen Charakter und die Internationalität der Wissenschaft."

    James Cook, der geschätzte Seemann, Diplomat und Entdecker, nahm einen deutschen Reiseschriftsteller mit, einen Schweizer Maler und weitere Europäer.
    Seine Vermessung der Welt war durchaus nicht eurozentristisch. Im Gegenteil, er gewann ein anti-zentristisches Weltbild. Er hat die Welt neu vermessen, die Kulturen relativiert.

    Schäublin: "Europa war immer noch Mittelpunkt, aber jetzt war klar, die Welt ist sehr viel größer und belebter als man eigentlich gedacht hat, sehr viel reicher auch an gesellschaftlichen, kulturellen Formen, die keineswegs mit primitiv zu assoziieren waren. Also ich glaube, er hat wesentlich zum modernen Menschenverständnis beigetragen."

    Die Ausstellung zeigt aber nicht nur Originaldokumente, Kult- und Kulturgegenstände, nicht nur Karten und Tischgloben, sondern auch viele Gemälde mitreisender Künstler, auf denen idealisierte Wilde einerseits und etwa der antikisierte Held Cook andererseits zu sehen sind. John Webber und William Hodges malten große Schinken im Stil von Historiengemälden.
    Ab 1777 konnte man in der Londoner Royal Academy Bilder von Kriegskanus auf Otaheiti bestaunen.

    Schäublin: "Ich glaube, das zeichnet Cook aus, er hat nicht alles für sich beansprucht, sondern wusste um seine Fähigkeiten und um die Fähigkeiten anderer."

    So ist die Ausstellung, die eine gewohnt umfangreiche und professionelle Schau kulturhistorischer Exponate bietet, nicht nur ein Stück Ethno-Zirkus von gestern mit Federschmuck und Masken in der globalisierten Welt von heute, sondern auch die Geschichte eines Diskurses der Anschauung.
    Maoris mit Tattoos sind allemal hübscher als Großstadtpiraten mit Bandana-Tüchern.
    Die interdisziplinäre Verwissenschaftlichung aller Beobachtung hatte eingesetzt, nichts blieb unentdeckt, unbeschrieben und unerkannt. Ein wundersames Paradies oder Kukanien fanden sie nicht, kein Schlaraffenland, aber die für sie neue Kulturwelt der Südsee.
    Kunsthallenintendant Robert Fleck sagt es so:

    "Die Dinge sprechen eigentlich vor uns zum ersten Mal seit 230 Jahren wieder miteinander.""