Oliver Rustemeyer: Welcher Kreis schließt sich jetzt für Sie mit der dieser dritten Albumveröffentlichung?
Tom Liwa: Die Trilogie war eigentlich nicht als Trilogie geplant. Es hat sich einfach so ergeben, dass über einen Zeitraum von ein paar Jahren die Platten, bei denen ich mich für eine Veröffentlichung entscheiden konnte, halt welche waren, die mit derselben Liebesgeschichte zu tun hatten – mit dem Beginn dieser Geschichte auf "Komm Jupiter", dann mit einer ersten vorläufigen Trennung auf "Eine Liebe ausschließlich", die uns dann aber wieder zusammengeführt hat, und der endgültigen Trennung in einer allerdings sehr frühen Phase auf "Goldrausch". Also die Platte ist entstanden in einer Phase, ja, so ein hässliches Wort: "Beziehungspause". Also wir haben uns darauf geeinigt, uns drei, vier Wochen nicht zu sehen, was dann wie ganz häufig in so Fällen der Anfang vom Ende war. Aber ich erzähl´s eigentlich auch nur, weil´s Auswirkungen auf die Platte hat, weil bei mir dann noch jede Menge Optimismus war, weil bei mir noch so der Grundtenor war: Hey, lass´ es uns einfach noch mal probieren! Lass´ uns das nicht alles hinwerfen! Und ich habe diese Songs sehr schnell geschrieben – auch so ein bisschen so, um ihr die wie eine tote Maus vor die Tür zu legen, wenn sie fertig waren. Also innerhalb von zehn Tagen sind die gesamten Songs auf der Platte entstanden. Aber bei diesen drei Platten war es so: Die sind einfach wie so ein Blitz in mein Leben geprallt und ich musste sie schreiben und habe sie geschrieben und fertig gemacht und eben veröffentlicht. Die hängen mit derselben Lebensphase, mit derselben zeitweiligen Lebenspartnerin zusammen.
Rustemeyer: Jetzt schreiben Sie ja schon seit vielen Jahren Texte. Hat sich da eine Gesetzmäßigkeit ergeben? Das ist ja eigentlich immer schrecklich: Gesetzmäßigkeit beim Songschreiben. Das soll ja eher intuitiv sein. Aber haben Sie festgestellt: Es gibt Alltagssituationen, Tageszeiten, wo die besten Ideen kommen? Also ich weiß zum Beispiel: Sie joggen um einen See herum. Ist das ´ne Möglichkeit, um auf Ideen zu kommen oder wo sich was entwickelt?
Liwa: Also das Joggen hat was sehr Kontemplatives, weil man halt einfach unterwegs ist und gleichzeitig natürlich auch irgendwo ein Ziel hat, aber man da einfach nur läuft und Dinge um einen herum kreisen lassen kann, die sich dann setzen. Aber ganz speziell bei mir würde ich sagen hat sich an meinem Schreibverhalten auch einiges geändert. Also wie ich gerade schon gesagt habe sind die letzten Sachen in so Schüben entstanden. Das war früher anders. Also vor zehn Jahren ungefähr noch war es so, dass ich viel regelmäßiger geschrieben habe. Da kam dann ein Song im Monat. Und irgendwie nach einem Jahr war dann halt ein Album beisammen oder auch mal mehr oder weniger, aber so einfach kontinuierlicher. Und das ist seit ein paar Jahren so, dass es auch durchaus mal vorkommen kann, dass ich ein halbes Jahr oder länger gar nichts schreibe, ohne dann aber auch in Panik zu verfallen. Das macht mir nichts. Ich hab' dann nicht Angst vor einem writer´s block oder vor irgendwas. Ich weiß: Das wird im entscheidenden Moment kommen. Also rein theoretisch: Wenn da mal gar nichts mehr kommen sollte, ist mir auch egal. Wenn ich nicht das Gefühl habe, ich muss Songs schreiben und jemand anderem was mitteilen, dann brauche ich mich dadrum auch nicht zu bemühen. Es gibt so viele Songs da draußen und ich selber habe schon so viele geschrieben. Hand aufs Herz: Die Welt wartet nicht wirklich auf einen Song von mir. Da gibt´s Leute, die warten vielleicht drauf, aber es muss nicht wirklich sein. Und der Fortbestand der menschlichen Rasse hängt nicht davon ab, ob ich noch ein Album und noch ein Album und noch ein Album mache. Ansonsten mit dem Schreiben: Es geht eigentlich in jeder Situation. Besonders habe ich das gemerkt, als ich Vater geworden bin. Also meine älteste Tochter ist jetzt 13. Und damals war so ein entscheidender Moment, dass ich vor ihrer Geburt dachte: Hey, wie ist das eigentlich, wenn du da so ein schreiendes, kleines, süßes Baby rumliegen hast, was du total liebst?! Aber du willst deine Songs schreiben und du kommst zu gar nichts mehr. Und da habe ich gemerkt, in der ersten Zeit, nachdem Mathilda geboren war, dass die Songs zu mir wollen, dass es gar nicht so ist, ich will zu denen – die wollen zu mir. Da habe ich dann teilweise auch tagelang extrem wenig geschlafen, aber trotzdem gemerkt: Wenn alles getan war und alle waren ruhig, Mama und Baby lagen im Bett und haben geschlafen und ich hätte mich einfach auch sofort hinlegen müssen, dann war da plötzlich ´ne Idee und ich habe mich in den Wintergarten gesetzt und geschrieben, geschrieben, geschrieben. Und dann war es fertig und gut.
Rustemeyer: Die Songideen: Im günstigen Fall ist da jetzt eine Idee. Wie geht´s dann weiter? Haben Sie zum Beispiel ganz altmodisch einen Notizblock? Gibt es Stichworte, die Sie sich aufschreiben? Wie hat sich die Arbeitsweise in den ganzen Jahren entwickelt?
Liwa: Meistens so, dass ich eben genau zum Anfang einer neuen Phase irgendwann den mpuls habe, mir ein Heft oder ein Buch zuzulegen, ein Notizbuch – was dann dazu führt, dass ziemlich viele von diesen Büchern bei mir rumliegen und auf den ersten 20 Seiten ist irgendwas. Und dann kommt gar nichts mehr. Aber das muss dann immer ein Neues sein. Und da bin ich auch in der Hinsicht recht materialistisch: Das muss schön sein. Das muss mich ästhetisch ansprechen. Ich habe da sehr gerne halt irgendwelche Sachen mit handgeschöpftem Papier und in so einem schönen Einband. Der Stift ist auch wichtig, also meistens diese Fineliner, dass ich dann auch echt überlege: Welche Farbe brauche ich da gerade? Also das ist so ein Spielchen für mich.
Rustemeyer: Auf den Flowerpornoes-Alben gibt´s immer Gitarren. Auf dem neuen Solo-Album wird die Gitarre ersetzt. Man hört sie gar nicht. Sie wird ersetzt durch ´ne Ukulele. Geht das überhaupt? Kann eine Ukulele auf Albumlänge eine Gitarre ersetzen?
Liwa: Ich finde schon. Mit der Ukulele hat das auch eine ganz spezielle Bewandnis. Das hängt auch wieder zusammen mit dieser Liebesgeschichte. Ich habe der Mutter meines jüngsten Sohnes irgendwann einmal eine Ukulele geschenkt zu Weihnachten. Und dann hat dann sehr zu meiner Freude angefangen, da lustige, kleine Liedchen drauf zu schreiben. Und wir haben immer gedacht: Die nehmen wir irgendwann mal auf. Und als wir dann in dieser Phase der vorläufigen Trennung waren und ich mich aber einfach nicht ablenken wollte, ich wollte nicht aussteigen, sondern ich wollte das alles für mich bewusst haben, habe ich halt entschieden: Eine Art für mich mit ihr verbunden zu sein und gleichzeitig sie aber nicht zu sehen und bei ihr zu sein, ist mich mit diesen Songs zu beschäftigen. Das heißt: Ich bin ins Studio gegangen und habe angefangen, ihre Songs vorzuproduzieren, die halt alle auf Ukulele geschrieben waren. Und dabei habe ich mich eigentlich erst so richtig in das Instrument verliebt und habe halt gemerkt, dass ich zuhause keine Lust hatte, Gitarre zu spielen, sondern hab´ dann auch Ukulele gespielt. Und dann kamen dann auch die Songs. Also da ist dann einfach auch dieser Zusammenhang. Ukulele hat ein komisches Image, ich weiß. Man denkt entweder an Hawaii oder an Stefan Raab. Man hat entweder die humoristische Variante oder das Folkloristische.
Rustemeyer: Ja, aber es ist was sehr Unbeschwertes, was ja in Ihrer Musik auch drin vorkommt. Aber es geht auf dem Album ja auch um diesen Kreislauf "Das Leben – Der Tod". Da würde man normalerweise keine Ukulele erwarten.
Liwa: Ach, Hawaii hat da gerade aber auch eine schöne Funktion. Sogesehen ist das auch so ein Sicherheitsnetz, so ein doppelter Boden, weil man kann auf dieser Ukulele halt viel trauriger spielen – und trotzdem sind da diese fröhlichen Untertöne, weil immer irgendwie Insel mitschwingt. Davon abgesehen hat die Ukulele noch diesen riesigen Vorteil, dass man Songs sogar beim Autofahren schreiben kann, weil man nicht das Fenster runterkurbeln muss und die Polizei sieht dahinten einen Gitarrenhals raus. Und man kann bei großen skandinavischen Möbelhäusern einkaufen gehen und dabei Ukulele spielen. Und die meisten Menschen finden es sogar noch irgendwie süß. Also die Ukulele ist sehr kompatibel für den Alltag im 21. Jahrhundert. Die kann eigentlich überall mit hin. Auch das war ein sehr großer Vorteil beim Schreiben halt.
Rustemeyer: Sie sind ja nicht nur Musiker und Buchautor. Sie organisieren in Ihrer Heimatstadt ein Kulturfest. Sie haben Meditationsseminare gegeben. Und Sie leiten ja auch Songwriter-Workshops. Was kann man da lernen? Ich dachte immer, das wäre angeboren.
Liwa: Bei den Songwriting-Seminaren gehe ich eigentlich davon aus, dass viele Leute gar nicht talentlos sind, sondern einfach nur verstopfte Kanäle haben. Und dass es so ein bisschen darum geht, wie man damit umgeht, wenn man da was schreibt: Dass man das abends total super findet. Und am nächsten Morgen kommt man noch mal drauf und denkt: Das ist totale Scheiße. Also einfach mal Kriterien zu finden, ein bisschen Abstand zu dem eigenen Schreiben zu kriegen und im entscheidenden Moment Inspirationen von außen zuzulassen. Also zum Beispiel einfach mal wahllos ein Buch aus dem Regal zu greifen und aufzuschlagen und beim ersten interessanten Satz, den man findet, mal zu kucken: Was hat der eigentlich zu tun mit dem, wo ich da gerade eh dran schreibe?Wenn ich über meine Gefühle singen oder schreiben will, dann erstmal genau hinzukucken: Was sind eigentlich meine Gefühle? Also überhaupt bei sich selber anzufangen und zu kucken: Wo lüge ich mir da einen in die Tasche? Und das sind nämlich häufig die interessantesten Themen – so da, wo es wehtut, wo Wunden sind. Ganz generell im Leben und beim Schreiben auch ist ganz hilfreich sich zur Maxime zu erheben, seine Wunden zu seinen größten Stärken zu machen. Also gerade da, wo es wehtut und wo es komisch ist, wo es sich seltsam anfühlt, ist meistens was zu finden.
Tom Liwa: Die Trilogie war eigentlich nicht als Trilogie geplant. Es hat sich einfach so ergeben, dass über einen Zeitraum von ein paar Jahren die Platten, bei denen ich mich für eine Veröffentlichung entscheiden konnte, halt welche waren, die mit derselben Liebesgeschichte zu tun hatten – mit dem Beginn dieser Geschichte auf "Komm Jupiter", dann mit einer ersten vorläufigen Trennung auf "Eine Liebe ausschließlich", die uns dann aber wieder zusammengeführt hat, und der endgültigen Trennung in einer allerdings sehr frühen Phase auf "Goldrausch". Also die Platte ist entstanden in einer Phase, ja, so ein hässliches Wort: "Beziehungspause". Also wir haben uns darauf geeinigt, uns drei, vier Wochen nicht zu sehen, was dann wie ganz häufig in so Fällen der Anfang vom Ende war. Aber ich erzähl´s eigentlich auch nur, weil´s Auswirkungen auf die Platte hat, weil bei mir dann noch jede Menge Optimismus war, weil bei mir noch so der Grundtenor war: Hey, lass´ es uns einfach noch mal probieren! Lass´ uns das nicht alles hinwerfen! Und ich habe diese Songs sehr schnell geschrieben – auch so ein bisschen so, um ihr die wie eine tote Maus vor die Tür zu legen, wenn sie fertig waren. Also innerhalb von zehn Tagen sind die gesamten Songs auf der Platte entstanden. Aber bei diesen drei Platten war es so: Die sind einfach wie so ein Blitz in mein Leben geprallt und ich musste sie schreiben und habe sie geschrieben und fertig gemacht und eben veröffentlicht. Die hängen mit derselben Lebensphase, mit derselben zeitweiligen Lebenspartnerin zusammen.
Rustemeyer: Jetzt schreiben Sie ja schon seit vielen Jahren Texte. Hat sich da eine Gesetzmäßigkeit ergeben? Das ist ja eigentlich immer schrecklich: Gesetzmäßigkeit beim Songschreiben. Das soll ja eher intuitiv sein. Aber haben Sie festgestellt: Es gibt Alltagssituationen, Tageszeiten, wo die besten Ideen kommen? Also ich weiß zum Beispiel: Sie joggen um einen See herum. Ist das ´ne Möglichkeit, um auf Ideen zu kommen oder wo sich was entwickelt?
Liwa: Also das Joggen hat was sehr Kontemplatives, weil man halt einfach unterwegs ist und gleichzeitig natürlich auch irgendwo ein Ziel hat, aber man da einfach nur läuft und Dinge um einen herum kreisen lassen kann, die sich dann setzen. Aber ganz speziell bei mir würde ich sagen hat sich an meinem Schreibverhalten auch einiges geändert. Also wie ich gerade schon gesagt habe sind die letzten Sachen in so Schüben entstanden. Das war früher anders. Also vor zehn Jahren ungefähr noch war es so, dass ich viel regelmäßiger geschrieben habe. Da kam dann ein Song im Monat. Und irgendwie nach einem Jahr war dann halt ein Album beisammen oder auch mal mehr oder weniger, aber so einfach kontinuierlicher. Und das ist seit ein paar Jahren so, dass es auch durchaus mal vorkommen kann, dass ich ein halbes Jahr oder länger gar nichts schreibe, ohne dann aber auch in Panik zu verfallen. Das macht mir nichts. Ich hab' dann nicht Angst vor einem writer´s block oder vor irgendwas. Ich weiß: Das wird im entscheidenden Moment kommen. Also rein theoretisch: Wenn da mal gar nichts mehr kommen sollte, ist mir auch egal. Wenn ich nicht das Gefühl habe, ich muss Songs schreiben und jemand anderem was mitteilen, dann brauche ich mich dadrum auch nicht zu bemühen. Es gibt so viele Songs da draußen und ich selber habe schon so viele geschrieben. Hand aufs Herz: Die Welt wartet nicht wirklich auf einen Song von mir. Da gibt´s Leute, die warten vielleicht drauf, aber es muss nicht wirklich sein. Und der Fortbestand der menschlichen Rasse hängt nicht davon ab, ob ich noch ein Album und noch ein Album und noch ein Album mache. Ansonsten mit dem Schreiben: Es geht eigentlich in jeder Situation. Besonders habe ich das gemerkt, als ich Vater geworden bin. Also meine älteste Tochter ist jetzt 13. Und damals war so ein entscheidender Moment, dass ich vor ihrer Geburt dachte: Hey, wie ist das eigentlich, wenn du da so ein schreiendes, kleines, süßes Baby rumliegen hast, was du total liebst?! Aber du willst deine Songs schreiben und du kommst zu gar nichts mehr. Und da habe ich gemerkt, in der ersten Zeit, nachdem Mathilda geboren war, dass die Songs zu mir wollen, dass es gar nicht so ist, ich will zu denen – die wollen zu mir. Da habe ich dann teilweise auch tagelang extrem wenig geschlafen, aber trotzdem gemerkt: Wenn alles getan war und alle waren ruhig, Mama und Baby lagen im Bett und haben geschlafen und ich hätte mich einfach auch sofort hinlegen müssen, dann war da plötzlich ´ne Idee und ich habe mich in den Wintergarten gesetzt und geschrieben, geschrieben, geschrieben. Und dann war es fertig und gut.
Rustemeyer: Die Songideen: Im günstigen Fall ist da jetzt eine Idee. Wie geht´s dann weiter? Haben Sie zum Beispiel ganz altmodisch einen Notizblock? Gibt es Stichworte, die Sie sich aufschreiben? Wie hat sich die Arbeitsweise in den ganzen Jahren entwickelt?
Liwa: Meistens so, dass ich eben genau zum Anfang einer neuen Phase irgendwann den mpuls habe, mir ein Heft oder ein Buch zuzulegen, ein Notizbuch – was dann dazu führt, dass ziemlich viele von diesen Büchern bei mir rumliegen und auf den ersten 20 Seiten ist irgendwas. Und dann kommt gar nichts mehr. Aber das muss dann immer ein Neues sein. Und da bin ich auch in der Hinsicht recht materialistisch: Das muss schön sein. Das muss mich ästhetisch ansprechen. Ich habe da sehr gerne halt irgendwelche Sachen mit handgeschöpftem Papier und in so einem schönen Einband. Der Stift ist auch wichtig, also meistens diese Fineliner, dass ich dann auch echt überlege: Welche Farbe brauche ich da gerade? Also das ist so ein Spielchen für mich.
Rustemeyer: Auf den Flowerpornoes-Alben gibt´s immer Gitarren. Auf dem neuen Solo-Album wird die Gitarre ersetzt. Man hört sie gar nicht. Sie wird ersetzt durch ´ne Ukulele. Geht das überhaupt? Kann eine Ukulele auf Albumlänge eine Gitarre ersetzen?
Liwa: Ich finde schon. Mit der Ukulele hat das auch eine ganz spezielle Bewandnis. Das hängt auch wieder zusammen mit dieser Liebesgeschichte. Ich habe der Mutter meines jüngsten Sohnes irgendwann einmal eine Ukulele geschenkt zu Weihnachten. Und dann hat dann sehr zu meiner Freude angefangen, da lustige, kleine Liedchen drauf zu schreiben. Und wir haben immer gedacht: Die nehmen wir irgendwann mal auf. Und als wir dann in dieser Phase der vorläufigen Trennung waren und ich mich aber einfach nicht ablenken wollte, ich wollte nicht aussteigen, sondern ich wollte das alles für mich bewusst haben, habe ich halt entschieden: Eine Art für mich mit ihr verbunden zu sein und gleichzeitig sie aber nicht zu sehen und bei ihr zu sein, ist mich mit diesen Songs zu beschäftigen. Das heißt: Ich bin ins Studio gegangen und habe angefangen, ihre Songs vorzuproduzieren, die halt alle auf Ukulele geschrieben waren. Und dabei habe ich mich eigentlich erst so richtig in das Instrument verliebt und habe halt gemerkt, dass ich zuhause keine Lust hatte, Gitarre zu spielen, sondern hab´ dann auch Ukulele gespielt. Und dann kamen dann auch die Songs. Also da ist dann einfach auch dieser Zusammenhang. Ukulele hat ein komisches Image, ich weiß. Man denkt entweder an Hawaii oder an Stefan Raab. Man hat entweder die humoristische Variante oder das Folkloristische.
Rustemeyer: Ja, aber es ist was sehr Unbeschwertes, was ja in Ihrer Musik auch drin vorkommt. Aber es geht auf dem Album ja auch um diesen Kreislauf "Das Leben – Der Tod". Da würde man normalerweise keine Ukulele erwarten.
Liwa: Ach, Hawaii hat da gerade aber auch eine schöne Funktion. Sogesehen ist das auch so ein Sicherheitsnetz, so ein doppelter Boden, weil man kann auf dieser Ukulele halt viel trauriger spielen – und trotzdem sind da diese fröhlichen Untertöne, weil immer irgendwie Insel mitschwingt. Davon abgesehen hat die Ukulele noch diesen riesigen Vorteil, dass man Songs sogar beim Autofahren schreiben kann, weil man nicht das Fenster runterkurbeln muss und die Polizei sieht dahinten einen Gitarrenhals raus. Und man kann bei großen skandinavischen Möbelhäusern einkaufen gehen und dabei Ukulele spielen. Und die meisten Menschen finden es sogar noch irgendwie süß. Also die Ukulele ist sehr kompatibel für den Alltag im 21. Jahrhundert. Die kann eigentlich überall mit hin. Auch das war ein sehr großer Vorteil beim Schreiben halt.
Rustemeyer: Sie sind ja nicht nur Musiker und Buchautor. Sie organisieren in Ihrer Heimatstadt ein Kulturfest. Sie haben Meditationsseminare gegeben. Und Sie leiten ja auch Songwriter-Workshops. Was kann man da lernen? Ich dachte immer, das wäre angeboren.
Liwa: Bei den Songwriting-Seminaren gehe ich eigentlich davon aus, dass viele Leute gar nicht talentlos sind, sondern einfach nur verstopfte Kanäle haben. Und dass es so ein bisschen darum geht, wie man damit umgeht, wenn man da was schreibt: Dass man das abends total super findet. Und am nächsten Morgen kommt man noch mal drauf und denkt: Das ist totale Scheiße. Also einfach mal Kriterien zu finden, ein bisschen Abstand zu dem eigenen Schreiben zu kriegen und im entscheidenden Moment Inspirationen von außen zuzulassen. Also zum Beispiel einfach mal wahllos ein Buch aus dem Regal zu greifen und aufzuschlagen und beim ersten interessanten Satz, den man findet, mal zu kucken: Was hat der eigentlich zu tun mit dem, wo ich da gerade eh dran schreibe?Wenn ich über meine Gefühle singen oder schreiben will, dann erstmal genau hinzukucken: Was sind eigentlich meine Gefühle? Also überhaupt bei sich selber anzufangen und zu kucken: Wo lüge ich mir da einen in die Tasche? Und das sind nämlich häufig die interessantesten Themen – so da, wo es wehtut, wo Wunden sind. Ganz generell im Leben und beim Schreiben auch ist ganz hilfreich sich zur Maxime zu erheben, seine Wunden zu seinen größten Stärken zu machen. Also gerade da, wo es wehtut und wo es komisch ist, wo es sich seltsam anfühlt, ist meistens was zu finden.