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"Seit heute hat der Warschauer Pakt aufgehört, zu existieren"

Vor knapp 20 Jahren, am 1. Juli 1991, trafen sich in Prag die noch verbliebenen Staaten des Warschauer Paktes: Polen, Ungarn, die Tschechoslowakei sowie Rumänien und Bulgarien. Sie leiteten damals die Auflösung des Warschauer Paktes ein - und damit das Ende der sowjetischen Vorherrschaft.

Von Stefan Heinlein | 28.06.2011
    "Heute Vormittag haben wir das Protokoll über das Ende des Warschauer Paktes unterzeichnet. Das heißt – seit heute hat der Warschauer Pakt aufgehört zu existieren."

    Der 1. Juli 1991. Es ist der größte außenpolitische Erfolg von Vaclav Havel. Der ehemalige Dissident verkündet als Präsident der tschechoslowakischen Republik die Auflösung des Warschauer Paktes. Fast 40 Jahre nach seiner Gründung endet damit die militärische Zwangsgemeinschaft unter dem russischen Oberkommando. Es beginnt ein neues Kapitel der europäischen Geschichte:

    "Unsere heutige Entscheidung ist in der Tat historisch, weil wir uns definitiv von der Ära verabschieden in der Europa durch ideologischen Hass gespalten wurde. Vor uns steht die Vision eines vereinigten, demokratischen und friedlichen Europas."

    Tatsächlich ist für die junge Demokratie in der damaligen Tschechoslowakei das offizielle Siegel unter das Ende des sowjetischen Militärimperiums ein weiterer Akt der Befreiung. Im August 1968 waren die Truppen des Warschauer Paktes in das Land einmarschiert und hatten die Reformbewegung des Prager Frühlings brutal beendet. 75.000 Soldaten der Roten Armee waren seither im Land stationiert. Erst im Sommer 1991 verließ der letzte sowjetische Besatzungssoldat das Land. Auf der symbolträchtigen Prager Bühne folgt das Ende des Warschauer Paktes. Psychologisch und politisch ein wichtiger Schritt, so der heutige tschechische Außenminister Karel Schwarzenberg:

    "Das Ende des Warschauer Paktes hat unsere Sicherheit von Wladiwostok bis zum Ärmelkanal verstärkt und das ist keine Kleinigkeit. Es hat nicht nur die deutsche Wiedervereinigung ermöglicht, sondern vor allem auch die europäische Einigung und die dauerhafte Unabhängigkeit der Staaten Osteuropas."

    Zwei Tage lang wird auf der Prager Konferenz über die Ursachen und Folgen der neuen europäischen Sicherheitsarchitektur debattiert. Mit dabei sind Politiker von beiden Seiten des Eisernen Vorhangs. Ein Veteranentreffen unter anderem mit den ehemaligen Außenministern aus Polen, Ungarn und Großbritannien. Vaclav Havel musste aus Gesundheitsgründen seine Teilnahme in letzter Minute absagen. In einer Grußbotschaft erinnert sich der Schriftsteller an die sicherheitspolitische Zeitenwende in Europa.

    "Unmittelbar nach dem Fall des Eisernen Vorhangs war die Medienfreiheit und die wirtschaftliche Privatisierung bereits möglich. Die Forderung nach dem Ende des Warschauer Paktes war aber noch undenkbar. Ich erinnere mich an viele Gespräche mit den Präsidenten Bush und Mitterand und anderen Politikern. Man war sich damals noch nicht einig. Es musste aber etwas geschehen, denn es brauchte eine Entscheidung, wie die künftige sicherheitspolitische Ordnung Europas aussehen sollte. "

    Die Konferenz in Prag ist Teil einer Woche der Freiheit, mit der in Tschechien in diesen Tagen an den 20. Jahrestag des Abzuges der russischen Soldaten erinnert wird. Zum Abschluss gibt es ein großes Freiluft-Konzert mit Musikern aus allen Ländern des ehemaligem Warschauer Paktes. Der Eintritt ist frei.