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Selbstständig im Gesundheitswesen

"Gründen im Team" heißt eine Initiative, die beim Start in die Selbstständigkeit hilft. Barbara Lehmann (der Name wurde aus Datenschutzgründen geändert), Pädagogin für Pflege- und Funktionskräfte in Krankenhäusern will Angestellte im Gesundheitswesen weiterbilden. Doch ohne einen festen Job geben die Banken ihr keinen Kredit für die Existenzgründung. Doch Barbara Lehmann will ihr Geschäftsmodell nicht aufgeben.

Von Andrea Groß | 09.10.2006
    Ein Computerraum in einem Haus in einem Gewerbegebiet nahe Köln. Barbara Lehmann hat einen EDV-Kurs für arbeitslose Handwerker gegeben. Jetzt führt sie das Klassenbuch.

    "Das ist ein Kurs für die Arbeitsagentur und die Teilnehmer absolvieren diesen Kurs in Teilzeit, das heißt vormittags über vier Wochen und es geht um Grundkenntnisse im Bereich EDV."

    Barbara Lehmann gibt solche Weiterbildungskurse als Freiberuflerin auf Honorarbasis. Eigentlich will sie sich im Bereich Weiterbildung im Gesundheitswesen selbstständig machen, aber da hakt es zur Zeit an verschiedenen Stellen.

    "Im Gesundheitswesen wird immer mehr Personal reduziert und jetzt haben wir ja aktuell noch die Problematik durch die Ärztestreiks, die wirken sich natürlich auf meinen Bereich sehr negativ aus. Dadurch ist ein Minus entstanden, was nur durch Personaleinsparungen wieder ausgeglichen werden kann."

    Für die alleinerziehende Mutter verschlechtert das die Aussichten auf eine Festanstellung im Gesundheitswesen. Genau die braucht sie aber paradoxerweise, um ihre Existenzgründung vorantreiben zu können.

    "Wenn ich jetzt zu einer Bank gehe und versuche, dort einen Kredit zu bekommen, dann wird das mit Sicherheit negativ verlaufen, weil ich ja keine Sicherheiten bieten kann."

    Für einen leistungsstarken Laptop, für einen Beamer und einen Moderationskoffer, für Büroeinrichtung und einen ordentlichen Dienstwagen - kurz, für ein professionelles Equipment braucht Barbara Lehmann rund 50.000 Euro Betriebskapital. Ohne Sicherheiten, wie eine Immobilie oder ein geregeltes Einkommen, spielen die Banken da nicht mit.

    Das Einstiegsgeld, das seit August für Existenzgründer aus der Arbeitslosigkeit gezahlt wird, würde ihr da nicht weiterhelfen. Die rund 150 Euro, die sie dadurch jeden Monat mehr im Portemonnaie hätte, täten vielleicht ihrer Haushaltskasse ganz gut, reichen aber nicht, um einen Kredit abzubezahlen. Aber selbst wenn Barbara Lehmann das Geld bekäme und sich selbstständig machen könnte: Die Krise im Gesundheitswesen hält die Branche auch davon ab, ihre Akteure weiterbilden zu lassen.

    "Die Sache hat zwei Aspekte: es ist kein Geld da um Personal überhaupt fort- und weiterzubilden, trotz des gesetzlichen Druckes, dass bestimmte Qualifikationen, bestimmtes Knowhow auch da ist und der andere Faktor, der noch eine Rolle spielt: Selbst wenn das Geld da ist, ist die Personaldecke teilweise so dünn gefahren, dass man sich nicht mehr erlauben kann, einen Mitarbeiter für zwei Tage oder auch länger zu einer Fortbildung zu schicken."

    Mit einer solchen Perspektive droht nun Barbara Lehmanns gesamtes Geschäftsmodell ins Rutschen zu geraten. Trotzdem möchte sie ihre Pläne nicht aufgeben, sondern sich lieber breiter aufstellen. Seit längerer Zeit schon orientiert sie sich auch zum Sektor Altenpflege hin.

    "Wir haben immer mehr ältere Menschen, die auch Betreuung und Pflege benötigen. Und da ist vielleicht eher ein Arbeitsfeld, als im Krankenhauswesen, wo ich ja die meiste Zeit meines Berufslebens tätig war."

    Barbara Lehmann ist zuversichtlich, dass der Markt sich in den nächsten Jahren verändern wird. Auch glaubt sie, dass sie im Kölner Raum mehr Möglichkeiten hat, als am Niederrhein, wo sie vorher gewohnt hat. Durch ihre freiberufliche Honorartätigkeit hat sie inzwischen so viele Kontakte geknüpft, dass sie ohne mühselige Kundenacquise in einer Selbständigkeit direkt durchstarten könnte. Wäre da nicht das fehlende Betriebskapital. So schreibt sie weiter Bewerbungen und hofft auf den Job, der ihr den ersehnten Bankkredit ermöglicht.