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Selfmade-Milliardär elektrisiert Österreich

In Kanada machte er mit dem Autozulieferer Magna ein Vermögen. Jetzt will Frank Stronach in seiner Heimat mit einer neuen Partei die Wiener Politik aufmischen. Meinungsforscher trauen ihm ein Wählerpotenzial von zehn Prozent zu. Mit dem nötigen Kleingeld gehe er auf Politiker-Shoppingtour, behaupten seine Kritiker.

Von Tim Gerrit Köhler |
    Politische Bescheidenheit sieht wohl anders aus: Ausgerechnet die mondäne Kulisse seines eigenen Golfplatzes wählte Frank Stronach, um das Wachstum seiner neuen Partei zu dokumentieren. Erst vor drei Wochen hatte der Milliardär angekündigt, selbst in die Politik einzusteigen, nun hat er schon vier Abgeordnete auf seiner Seite. Der Fraktionsstatus im Nationalrat, dem österreichischen Parlament, rückt in greifbare Nähe.

    Die Neueste im Bunde, die Hinterbänklerin Elisabeth Kaufmann-Bruckberger, lächelt vor gepflegtem Grün und künstlich angelegtem See in die Kameras. Sie kommt, wie zwei weitere Stronach-Unterstützer, aus dem BZÖ, dem Bündnis Zukunft Österreich, einer Abspaltung der rechtsgerichteten FPÖ. Ob das Bündnis bei den Wahlen im kommenden Jahr tatsächlich noch eine Zukunft hat, erscheint fraglich, momentan dümpelt es in den Umfragen bei zwei Prozent – und damit deutlich unter der Vier-Prozent-Hürde, die in Österreich gilt. Entsprechend groß ist der Frust im BZÖ, Bundesgeschäftsführer Markus Fauland schimpft den Abtrünnigen hinterher:

    "Das ist eine Frage der Moral, dass wenn ich für eine Liste kandidiere, für eine Partei kandidiere, wenn ich für eine politische Gesinnung eintrete, diese nicht zu verlassen habe."

    Und sein Parteichef Josef Bucher legt noch einen drauf: Bei einem Treffen mit Frank Stronach im Februar habe dieser ihn kaufen wollen:

    "Das erste Gespräch, das ich mit ihm geführt habe, war so, dass er gleich nach zehn Minuten 500.000 Euro angeboten hat, und ich gesagt habe, das BZÖ braucht kein Geld – und ich schon gar nicht."

    Stronach weilt derzeit in Kanada, wohin er in den 50er-Jahren ausgewandert war. Dort gründete er den Autozulieferer Magna und machte ein Vermögen. Erst im Laufe des Monats will Stronach wieder nach Österreich kommen, lässt aber mitteilen, dass die Geschichte mit den 500.000 Euro wahr sei. Allerdings sei es nur darum gegangen, das BZÖ im Falle einer Zusammenarbeit im Wahlkampf finanziell zu unterstützen. Kaufen wollen habe er Bucher nicht. Doch genau dieses Bild wollen die anderen Parteien nun von ihm zeichnen: der Milliardär beim Politiker-Shopping. BZÖ-Chef Bucher erinnert nur zu gerne an die sogenannte Goldene Regel, die Stronach einmal für seinen Magna-Konzern ausgab:

    "Erinnern Sie sich: 'Wer das Gold hat, bestimmt die Regeln.' Da geht's nicht um Wahrheit, Transparenz und Fairness, sondern da geht's um Macht, Einfluss und Geld. Gute Nacht, Demokratie Österreich, kann ich da nur sagen!"

    Nein, ums Geld sei es ganz sicher nicht gegangen, sagt Elisabeth Kaufmann-Bruckberger:

    "Hab ich nicht bekommen, wir haben einen Familienbetrieb, und das ist Auffangnetz genug."

    Dennoch, die Gerüchte wollen nicht verstummen: 15.000 Euro monatlich biete Stronach den Überläufern. Illegal wäre das derzeit noch nicht – erst ab dem kommenden Jahr werden Abgeordnete Beamten gleichgestellt und dürfen dann nicht mehr – wie man in Österreich sagt – "angefüttert" werden. Sein Reichtum könnte für den Austrokanadier Stronach Fluch und Segen zugleich sein. Einerseits bietet er der etablierten Politik eine Angriffsfläche – andererseits aber verfügt er über finanzielle Möglichkeiten, von denen andere nur träumen können. Und das wird Folgen haben, sagt der Politikwissenschaftler Fritz Plasser:

    "Geld ist ein zentraler politischer Erfolgsfaktor."

    Stronach will bis zu 25 Millionen Euro für den Wahlkampf ausgeben. Zwar dürfen in den letzten Wochen vor der Wahl nur noch maximal sieben Millionen investiert werden, aber für die Zeit davor gibt es keine Grenzen:

    "Das heißt, er kann dann 18 Millionen in mediale Auftritte, in Eventmarketing, in Informationsbroschüren, in Werbung investieren und ist an keine Auflagen gebunden. Diese 25 Millionen sind für einen Neustart einer Partei eine beispiellose Größe, weil alle anderen bisherigen Parteigründungen haben nur Bruchteile dieser finanziellen Ressourcen zur Verfügung gehabt."