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Seltene Spuren aus einer wüsten Zeit

Geologie. - Mutter Erde bringt es inzwischen auf das stolze Alter von 4,55 Milliarden Jahren. Geologen unterteilen diese ungeheure Spanne in vier verschiedene Abschnitte, von denen vermutlich das Erdmittelalter das geläufigste ist. Das weit gehend unbekannte Archaikum dagegen ist die älteste und mit anderthalb Milliarden die mit Abstand längste der vier Phasen. Neben den Lagerstätten von Gold, Diamanten, Nickel oder Eisen entstand damals auch das Leben. Auf einer Tagung im australischen Perth erörtern Geo-Forscher derzeit die wenigen Zeugnisse aus dieser Zeit.

    Alle 100 Millionen Jahre ändert unser Planet sein Antlitz - innerhalb dieser Dauer sind etwa die Meeresböden in den Untergrund abgedrängt worden und öffnen sich an anderer Stelle neue Ozeane. Die so in die Tiefe gedrückten Massen werden dabei stark aufgeheizt und durchgewalkt, während andernorts lange Verborgenes wieder das Tageslicht erblickt. Der ewige Wandel der Erde macht es Geologen nicht gerade leicht, an Details aus grauer Vorzeit zu gelangen, dennoch finden sich immer wieder Steine selbst aus dem ältesten Zeitraum der Erdgeschichte, dem Archaikum. Entsprechend widersprüchlich sind denn auch die Meinungen der Wissenschaftler darüber, wie es damals auf der Erde ausgesehen haben mag. So geht eine gängige Theorie davon aus, dass das Wasser zum Großteil mit dem so genannten Großen Bombardement - einer Phase heftiger Asteroideneinschläge - hierhin gelangte.

    Doch die Expertenmeinung steht im Umbruch, denn Gesteinsfunde sprechen eine andere Sprache: Eine bestimmte Form vulkanischen Gesteins beispielsweise, der so genannte Komatit, besitzt einen hohen Gehalt an Magnesium. Das Mineral macht den Komatit so zähflüssig, das er heute in der Tiefe quasi stecken bleibt. Im Archaikum dagegen wurde das Gestein noch an die Oberfläche befördert - nach klassischer Lesart ein Hinweis auf eine erheblich höhere Temperatur im Erdinneren. Maarten de Wit von der Universität Kapstadt interpretiert dies allerdings anders: "Möglicherweise besaß das Erdinnere damals einen größeren Wasseranteil und hielt so die Schmelze länger flüssig." Der Geologe meint, dass der hohe Magnesiumgehalt auch ein Hinweis auf den damaligen Gehalt an flüchtigen Elementen im Erdinneren sein könnte. Diese Theorie untermauern feine Gasbläschen, die in fast allen Komatiten gefunden wurden und von flüchtigen Verbindungen, wie Wasser oder Kohlendioxid, zeugen.

    Handele es sich bei den mysteriösen Beimengungen aber um Wasser, dann hätte dies allerdings schon während der Entstehung des Planeten im Erdinneren gespeichert werden müssen - lange vor dem Großen Bombardement. In diese Richtung weisen auch die bis zu 3,8 Milliarden alten Gesteine aus dem grönländischen Isua hin: Neue Untersuchungen belegen, dass die Basalte schon in einem bis zu einen Kilometer tiefen Meer ausgeflossen sein müssen und nicht, wie bisher angenommen, als kleine Inseln aus nur flachen Gewässern ragten. Wenn aber schon damals ein gut entwickeltes Meeressystem existierte, dann müsste sich die Erde schneller als bisher angenommen abgekühlt haben. Die Ära einer Welt mit dem höllischen Antlitz einer einzigen Vulkanlandschaft wäre dann aber auch sehr viel kürzer gewesen, spekulieren Experten.

    [Quelle: Dagmar Röhrlich]