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Sendereihe Rathaus 2.0
Folge 2: Vernetzte Amtsstube

Immer mehr Stadtverwaltungen wollen ihren Bürgern klassische Behördengänge ersparen und durch digitale Angebote ersetzen. Auf dem Feld dieses sogenannten E-Governments gilt Coburg heute als gelungenes Paradebeispiel. Das ist auch der Online-Managerin der Stadt zu verdanken.

Von Piotr Heller | 10.03.2014
    Wenn man jemanden fragt, was er mit der Stadt Coburg verbindet, bekommt man am ehesten die gleichnamige Versicherung als Antwort. Mache nennen die Veste Coburg, eine der größten Burgen Deutschlands. Andere können mit der fränkischen 41.000-Einwohner-Stadt gar nichts anfangen. Fragt man aber in E-Government-Kreisen, ist Coburg fast jedem ein Begriff. Denn die Stadt hat sich bei ihrer Webseite einiges einfallen lassen und gilt als gelungenes Beispiel für die digitale Verwaltung. Einen wichtigen Beitrag dazu hat Karin Engelhardt geleistet. Sie ist seit 13 Jahren die Online-Managerin Coburgs.
    "Wir haben als Verwaltung die Aufgabe, den Bürger in seinem alltäglichen Tun zu unterstützen. Das überlege ich mir dann auch immer aus ganz verschiedenen Richtungen: Was braucht ein Coburger, der ein Kind hat bis hin zu jemandem, der einen Platz sucht. Und das versuchen wir, auf der Internetseite abzubilden."
    Dazu hat Engelhardt ein sogenanntes Lebenslagen-Konzept eingeführt. Wer auf Coburg.de auf "Geburt" oder auf "Umzug" klickt, bekommt alle Ansprechpartner und Formulare auf einer Seite. Mit diesem Konzept umgeht Coburg einen häufig genannten Kritikpunkt an digitalen Verwaltungen. Oft heißt es nämlich, E-Governement mache den Nutzer zu einer Art Projektmanager. Er müsse selbst organisieren, zu welchem Amt er mit seinem Anliegen muss oder welche Formulare er braucht.
    Einfachheit als wichtiges Kriterium
    Ebenfalls auf einer simplen Seite fließen im Online-Angebot Coburgs Informationen von Einrichtungen wie Kitas oder Pflegeheimen ein. Dazu gibt es die sogenannten Börsen: Wer etwa einen Pflegeplatz sucht, der findet auf der Pflegeplatz-Börse eine Karte mit freien Angeboten:
    "Man sieht hier sofort auf der ersten Seite, wo in Coburg oder der Umgebung die Pflegeheime sind. Ich kann mir dann schon einen groben Überblick zur Entfernung von meinem Wohnort verschaffen. Ich kann dann drauf klicken, bekomme dann die Ergebnisse und kann mir dann hier sehr schnell einen Überblick über das Angebot von dieser Pflegeeinrichtung verschaffen. Fotos, Lage, freien Plätze, Tagessätze, Angebote."
    Neben den Börsen gibt es noch ein digitales Fundbüro, eine Liste von Baustellen und gut 250 weitere Anwendungen auf Coburg.de. Um zu erfahren, ob die User damit überhaupt klarkommen, lässt Engelhardt regelmäßig Testnutzer auf die Seite los und nimmt ihre Mausbewegungen per Video auf:
    ""Hier sucht er gerade, versucht den Reisepass zu finden, hat es über die Stichwortsuche auch geschafft, mit einem Klick. Also R wie Reisepass. Und hat jetzt hier eine Auflistung: Benötigte Unterlagen, was er mitbringen muss: Lichtbild, Ausweis. Der war 25 Jahre alt und war nach eigenen Angaben im Internet versiert. Wir haben aber auch Tests mit Senioren."
    Doch wie holt man die Senioren überhaupt ans Internet? Dafür hat sich Coburg das digitale Stadtgedächtnis einfallen lassen: eine Web-2.0-Anwendung, bei der Zeitzeugen Geschichten aus Coburg erzählen und Jugendliche ihnen bei der technischen Umsetzung helfen. So beschreibt etwa eine Lehrerin, wie sie 1945 ihre Arbeit begann, und in einer Bildergalerie kann man sich die ältesten Klassenfotos Coburgs ansehen. Mit diesem Angebot hat die Stadt einen E-Government-Wettbewerb des Städte- und Gemeindebundes gewonnen - und gezeigt, dass E-Government über bloße Online-Verwaltung hinausgehen kann.
    Doch Coburg versucht nicht nur die Angebote für die Bürger ins Internet zu bringen. Auch die Verwaltung selbst wird zurzeit digitalisiert. Das Ziel: Akten, bislang ein Sammelsurium aus einzelnen Papierdokumenten mit langen Reiserouten durchs Rathaus, sollen vollständig elektronisch werden.
    In einem kleinen Raum des Coburger Rathauses erklärt Kristina Tapfer von der Online-Abteilung der Stadt Coburg einer Kollegin aus der Steuer-Abteilung das neue Dokumentenmanagementsystem.
    Tapfer schult nach und nach alle Kollegen der Coburger Ämter, wie sie das Dokumentenmanagementsystem nutzen können. Doch so eine Umstellung dauert lange: Bisher nutzen in Coburg das Sportamt, das Hauptamt und der Personalrat die digitalen Dokumente. Als Nächstes folgt das Stadtarchiv. Bis alle Ämter dieser kleinen Stadt mit digitalen Akten arbeiten, werden laut aktueller Planung noch vier Jahre vergehen.
    Karin Engelhardt ist seit 13 Jahren die Online-Mangerin Coburgs und dort für das E-Government zuständig. Diese Angebote anderer digitaler Verwaltungen gefallen ihr besonders:
    Karin Engelhardt im Coburger Rathaus
    Karin Engelhardt im Coburger Rathaus (Piotr Heller)
    Online-Angebot der Stadt Erlangen
    Ein sehr gutes Beispiel für mobile Kommunikation: Erlangen betreibt zum Beispiel einen eigenen Twitter-Kanal. Der e-ticker auf der Website zeigt alle Kanäle an. Die Website ist "responsive", das heißt, man kann sie auf mobilen Geräten anschauen geanu so gut wie auf einem Desktop anschauen.
    http://www.erlangen.de/
    Service-Portal Stuttgarts
    Das E-Government-Portal von Stuttgart bietet viele verschiedene Börsen, um den Bürgern umfangreiche Informationen und einen Überblick aus verschiedenen Gesichtspunkten zu geben.
    https://service.stuttgart.de/
    Die Schweizer Behörden Online
    Ein Schweizer Beispiel für Online-Behörden mit ungewöhnlichem Design.
    https://www.ch.ch/de/
    Das virtuelle Amt in Wien
    Österreich ist Vorreiter im Thema E- und Open-Government. Schön ist zum Beispiel das Video zur Erklärung, was es bei einer Betriebseröffnung zu beachten gibt. Bewährt hat sich die Handy-Signatur.
    http://www.wien.gv.at/amtshelfer/
    Und für die Wirtschaft hat Wien ein eigenes virtuelles Amt.
    http://www.wien.gv.at/amtshelfer/wirtschaft/
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