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Senioren
Über den Kaffeetisch gezogen

Kaffeefahrten haben einen schlechten Ruf. Versprochen werden Geselligkeit und gute Unterhaltung, oft gibt es nur dreiste Verkaufsveranstaltung. Wer trotzdem mitfahren will, sollte wissen, was auf ihn zukommt.

Von Gudrun Holtz | 05.02.2014
    "Auf einmal hieß es, man würde uns zum Mittagessen einladen. Da war dann ein Redner, der uns erzählte, dass wir bestimmte Dinge besonders günstig bekommen sollten, zum Beispiel Rheumaunterwäsche. Bei meinen Mitfahrern, da standen manchmal drei bis vier Leute von der Firma und zeigten ihnen, wo sie unterschreiben sollten. Ich habe mich geweigert."
    Eine Verkaufsveranstaltung hatte der 69-Jährige nicht gebucht, sondern eine Kaffeefahrt. Er unterschrieb nichts. Für Senioren sind Kaffeefahrten besonders verlockend: Sie freuen sich auf Geselligkeit. Wer einen Tagesausflug mit einem bestimmten Ausflugsziel bucht, hat ein Recht darauf, am geplanten Ort anzukommen. Ansonsten kann er auf die Erstattung des Reisepreises klagen. Die Kaffeefahrt, die sich als Verkaufsfahrt entpuppte, geht ihm nicht aus dem Kopf.
    "Die anderen haben etwas gekauft. Der neben mir saß, der wohl auch die Post bekommen hatte, der war sich nachher gar nicht mehr im Klaren, was er sich alles gekauft hat. So eine Fahrt möchte ich nicht noch einmal machen."
    Emil Zlatnik traute sich nicht, den Verkaufsraum zu verlassen, obwohl das natürlich jedem zusteht. Als Kaffeefahrten und Tagesausflüge getarnte Verkaufsveranstaltungen haben nach wie vor Konjunktur, denn die Branche hat sich gewandelt, sagt Ulrike Brunswicker-Hoffmann, Leiterin der Verbraucherzentrale Düsseldorf.
    "Was in den letzten Jahren deutlicher geworden ist, ist dass diese Einladungen zu Kaffeefahrten oder auch die Gewinnversprechungen, die damit auch verschickt werden, dass da quasi als Absender Rechtsanwälte draufstehen, sodass die Verbraucher schon denken, das ist etwas seriöses, da kann ich mich dran beteiligen, das hat sich sicherlich verändert. Sodass die Verbraucher da stärker verunsichert werden."
    Besser gar keinen Vertrag unterschreiben
    Erfahrungen bestätigen: Die Verkaufsprofis nutzen die Nöte überwiegen bei älteren Verbrauchern schamlos aus. Etwa dann, wenn angeblich gesundheitsfördernde Produkte vertrieben werden. Wenn die heilende Wirkung nachweislich nicht existiert, verstößt der Verkäufer damit gegen das Heilmittelwerbegesetz. Die Folge: Unterschreibt ein Verbraucher einen derartigen Vertrag, ist dieser unwirksam, und er muss den Kaufpreis nicht bezahlen. Für den Fall, dass er bereits gezahlt hat, kann er das Geld zurückverlangen. Er muss jedoch nachweisen, dass die Werbeaussagen des Verkäufers falsch sind.
    "Wer an einem Tagesausflug teilnimmt und bestimmte Versprechungen nicht eingehalten werden, dann hat er natürlich das Recht, Preisminderungen für die Tagesfahrt einzufordern, im Rahmen des Pauschalreiserechtes. Und eben auch der Einkauf auf Kaffeefahrten kann rückgängig gemacht werden, durch die Widerrufsbelehrung innerhalb von vierzehn Tagen."
    Im Rahmen des Widerrufsrechts kann der Verbraucher in den ersten zwei Wochen einen Vertrag ohne Begründung auflösen. Die Widerrufsfrist ist sogar vier Wochen gültig, wenn die Belehrung darüber erst nach Vertragsschluss mitgeteilt wurde. Aber hier gilt: Dies muss der Käufer nachweisen. Zudem:
    "Wenn der Verbraucher etwas abgeschlossen hat, sollte er genau prüfen, ob das Datum der Verkaufsfahrt, also dann, wenn er den Vertrag unterschrieben hat, auch richtig notiert worden ist. Weil, das ist in letzter Zeit häufig vorgekommen, das dann im Nachhinein die Daten vorverlegt werden, sodass dann angeblich die vierzehntägige Widerrufsfrist nicht mehr möglich ist."
    Weigern sich die Firmen, einen Vertrag zu lösen, sollten sich die Personen an die Verbraucherzentralen oder an einen Anwalt wenden.
    "Das Beste ist natürlich, wenn man keinen Vertrag unterschreiben würde."
    Teilnehmer von Kaffeefahrten sollten allenfalls kaufen, was auch direkt vor Ort zu sehen ist, rät Ulrike Brunswicker-Hoffmann. Wer bei einer Kaffeefahrt etwas kauft, sollte immer die Vertragsdurchschrift mit der vollständigen Adresse des Verkäufers verlangen.