Löschenkohl - der Name allein ist schon die halbe Miete. Löschenkohl hat der österreichische Krimiautor den finsteren Gastwirt in seinem gerade verfilmten Krimi "Der Knochenmann" genannt, warum, das weiß er selbst nicht, sagt er. Irgendwann wird er schon einmal über Hieronymus Löschenkohl gestolpert sein. Wolfgang Kos, den Leiter des Wien Museums, würde es nicht wundern.
"Löschenkohl ist indirekt international bekannt, denn von ihm stammen die Silhouetten der Künstler, Komponisten, Opernsängerinnen, auch die berühmte Mozart-Silhouette stammt aus seiner Werkstatt, und auch die Haydn-Silhouette, die man heuer immer wieder sieht."
Silhouetten waren, als der Parvenü aus Elberfeld 1781 nach Wien kam, der letzte Schrei, sie wurden an jeder Ecke angeboten. Löschenkohl aber rühmte sich, so ein Konterfei in drei Minuten anfertigen zu können - und zwar ein erkennbares. Das ganze Ensemble des Josefstädter Theaters hat er, nur ein Beispiel, so verewigt, und man muss die Originale sehen, um festzustellen, wie sprechend und lebendig diese eigentlich unsichtbaren Gesichter sind. Aber Löschenkohls einzigartiger Erfolg beruhte nicht auf prominenten Profilen, er stieg bald auf Kupferstiche mit populären Themen um, und mit konkurrenzlosem Tempo und Spürsinn mischte er die eingesessene Wiener Szene der Silhouettenschneider und Kupferstecher auf.
"Er ist bezeichnet worden als Reporter zwischen Rokoko und Biedermeier, als Gauner, als Kupferstecher, Bilderverkäufer, Fächerfabrikant. Er war ein Mann, der wusste was sein Markt war, und das war nicht nur der höfische, auch nicht nur der großbürgerliche, sondern ein ziemlich breiter Markt."
Seinen Durchbruch hatte Löschenkohl mit einer Szene, die die letzten Stunden der Kaiserin Maria Theresia darstellte - so wie sie gewesen sein könnte. Die Blätter gingen reißend, 7000 Stück verkaufte der Meister zu erschwinglichen Preisen, und was gut ging, verarbeitete er auch auf Dosendeckeln, Tapeten, Fächern. Er war nicht der einzige, der von den beschleunigten Vervielfältigungstechniken des Kupferstichs, der Radierung und schließlich der Lithografie profitierte, aber nur vor seinem Laden drückten sich die Leute zu Hunderten die Nasen platt. Dort hingen sie aus, die schnellen und bunten Bilder von Ereignissen, die gerade erst, vielleicht erst vor Tagen, stattgefunden hatten: Die Ankunft des marokkanischen Botschafters, ein endloser Lindwurm von Reitern, Sänften und Soldaten. Der vernichtende Brand eines Vergnügungstheaters. Der missratene Start des Fesselballons von Monsieur Blanchard aus Paris. Das Neujahrsfest am Wiener Hof - alle hohen Persönlichkeiten im Bilduntertitel genannt, Stars ihrer Epoche. Und immer wieder Apotheosen auf Joseph II., der als entschiedener Aufklärer mit Regierungsantritt die Zensur gelockert hatte - Löschenkohl blieb ihm ewig dankbar, versagte aber auch den Nachfolgern des früh gestorbenen Kaisers die Ehrfurcht nicht. Obwohl:
"Es ist schon Satire dabei, es ist schwer heute zu sagen, kann sein, dass das, was wir als ganz normale Hofdarstellungen sehen, dass das ganz subversive Elemente hatte."
Huren und Freier, Hinrichtungen und Liebesszenen, Schlachten und Feste: Ein ganzes Unternehmen Löschenkohl mit über 200 Helfern arbeitete daran, die Schaulust der Leute zu befriedigen, die erstmals nicht nur gerüchteweise über Tagesereignisse informiert wurde, sondern von zahllosen Broschüren und Flugblättern. Löschenkohl lieferte die Bilder dazu. Wolfgang Kos:
"Ich glaube dass die Bilder Löschenkohls ein Gefühl dafür geben, dass Wien nicht nur um 1900 eine international bemerkenswerte Stadt war, sondern auch um 1800. Im 18. Jahrhundert war Wien die sechstgrößte Stadt der Welt, es war eine internatonale Stadt, eine moderne Stadt, auch eine chaotische Stadt. Man spürt, welche Rolle die Massen spielen, die Spektakel, die Hinrichtungen auch, aber auch das Flanieren."
Eine neue urbane Öffentlichkeit fand hier den Stoff, mit dem noch heute Boulevard- und Bildjournalismus gemacht wird, aber eben auch eine neue Freiheit des Sehens. Die Darstellung einer scheußlichen Hinrichtung befeuerte die Diskussion über die Abschaffung von Tortur und Todesstrafe. Auf die bunten Karikaturen der französischen Revolutionäre antwortete Löschenkohl mit staatstreuen Bilderfindungen. Schließlich hatte er, der Zuwanderer, unter den Habsburgern sein Glück gemacht.
Ausstellung im Wien Museum am Karlsplatz
vom 24. 4. bis 16. 8. 2009
"Löschenkohl ist indirekt international bekannt, denn von ihm stammen die Silhouetten der Künstler, Komponisten, Opernsängerinnen, auch die berühmte Mozart-Silhouette stammt aus seiner Werkstatt, und auch die Haydn-Silhouette, die man heuer immer wieder sieht."
Silhouetten waren, als der Parvenü aus Elberfeld 1781 nach Wien kam, der letzte Schrei, sie wurden an jeder Ecke angeboten. Löschenkohl aber rühmte sich, so ein Konterfei in drei Minuten anfertigen zu können - und zwar ein erkennbares. Das ganze Ensemble des Josefstädter Theaters hat er, nur ein Beispiel, so verewigt, und man muss die Originale sehen, um festzustellen, wie sprechend und lebendig diese eigentlich unsichtbaren Gesichter sind. Aber Löschenkohls einzigartiger Erfolg beruhte nicht auf prominenten Profilen, er stieg bald auf Kupferstiche mit populären Themen um, und mit konkurrenzlosem Tempo und Spürsinn mischte er die eingesessene Wiener Szene der Silhouettenschneider und Kupferstecher auf.
"Er ist bezeichnet worden als Reporter zwischen Rokoko und Biedermeier, als Gauner, als Kupferstecher, Bilderverkäufer, Fächerfabrikant. Er war ein Mann, der wusste was sein Markt war, und das war nicht nur der höfische, auch nicht nur der großbürgerliche, sondern ein ziemlich breiter Markt."
Seinen Durchbruch hatte Löschenkohl mit einer Szene, die die letzten Stunden der Kaiserin Maria Theresia darstellte - so wie sie gewesen sein könnte. Die Blätter gingen reißend, 7000 Stück verkaufte der Meister zu erschwinglichen Preisen, und was gut ging, verarbeitete er auch auf Dosendeckeln, Tapeten, Fächern. Er war nicht der einzige, der von den beschleunigten Vervielfältigungstechniken des Kupferstichs, der Radierung und schließlich der Lithografie profitierte, aber nur vor seinem Laden drückten sich die Leute zu Hunderten die Nasen platt. Dort hingen sie aus, die schnellen und bunten Bilder von Ereignissen, die gerade erst, vielleicht erst vor Tagen, stattgefunden hatten: Die Ankunft des marokkanischen Botschafters, ein endloser Lindwurm von Reitern, Sänften und Soldaten. Der vernichtende Brand eines Vergnügungstheaters. Der missratene Start des Fesselballons von Monsieur Blanchard aus Paris. Das Neujahrsfest am Wiener Hof - alle hohen Persönlichkeiten im Bilduntertitel genannt, Stars ihrer Epoche. Und immer wieder Apotheosen auf Joseph II., der als entschiedener Aufklärer mit Regierungsantritt die Zensur gelockert hatte - Löschenkohl blieb ihm ewig dankbar, versagte aber auch den Nachfolgern des früh gestorbenen Kaisers die Ehrfurcht nicht. Obwohl:
"Es ist schon Satire dabei, es ist schwer heute zu sagen, kann sein, dass das, was wir als ganz normale Hofdarstellungen sehen, dass das ganz subversive Elemente hatte."
Huren und Freier, Hinrichtungen und Liebesszenen, Schlachten und Feste: Ein ganzes Unternehmen Löschenkohl mit über 200 Helfern arbeitete daran, die Schaulust der Leute zu befriedigen, die erstmals nicht nur gerüchteweise über Tagesereignisse informiert wurde, sondern von zahllosen Broschüren und Flugblättern. Löschenkohl lieferte die Bilder dazu. Wolfgang Kos:
"Ich glaube dass die Bilder Löschenkohls ein Gefühl dafür geben, dass Wien nicht nur um 1900 eine international bemerkenswerte Stadt war, sondern auch um 1800. Im 18. Jahrhundert war Wien die sechstgrößte Stadt der Welt, es war eine internatonale Stadt, eine moderne Stadt, auch eine chaotische Stadt. Man spürt, welche Rolle die Massen spielen, die Spektakel, die Hinrichtungen auch, aber auch das Flanieren."
Eine neue urbane Öffentlichkeit fand hier den Stoff, mit dem noch heute Boulevard- und Bildjournalismus gemacht wird, aber eben auch eine neue Freiheit des Sehens. Die Darstellung einer scheußlichen Hinrichtung befeuerte die Diskussion über die Abschaffung von Tortur und Todesstrafe. Auf die bunten Karikaturen der französischen Revolutionäre antwortete Löschenkohl mit staatstreuen Bilderfindungen. Schließlich hatte er, der Zuwanderer, unter den Habsburgern sein Glück gemacht.
Ausstellung im Wien Museum am Karlsplatz
vom 24. 4. bis 16. 8. 2009