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Sepp Blatter und die Medien

Kritische Fragen der Journalisten waren - wie immer - auch beim diesjährigen FIFA-Kongress unerwünscht. Denn ähnlich diktatorisch wie die Machtverhältnisse innerhalb der FIFA ist auch ihr Umgang mit den Medien.

Von Eleni Klotsikas |
    "Ich dachte das wäre eine Pressekonferenz, auf der man seine Fragen stellen darf?"

    Erst hatten die Journalisten auf der Pressekonferenz des FIFA-Kongresses eine halbe Stunde auf Sepp Blatter warten müssen und dann blieben sie auf ihren Fragen sitzen. Doch der Prostest von ARD-Reporter Florian Bauer beeindruckte den FIFA-Chef wenig.

    "I will not go into a discussion with people who like to create problems.” "

    Er wolle keine Einzeldiskussionen mit Leuten führen, die nur Probleme bereiten, erklärte Blatter in belehrendem Ton, dann beendet er die Konferenz. Szenen wie diese sind Journalisten von der FIFA gewohnt. Schlimmer noch: Für seine kritische Berichterstattung hat der schottische Journalist Andrew Jennings seit mehreren Jahren Akkreditierungsverbot. Seinen Recherchen nach ist ein Drittel der 24 FIFA-Exekutivmitglieder, darunter auch Sepp Blatter, in Korruptionsfälle verwickelt. Stimmenkauf bei der Vergabe von Weltmeisterschaften, Verwicklungen im Ticket-Schwarzmarkt. Doch die Mauern des Schweigens sind hoch. Das weiß auch Ex-FIFA-Mitglied Guido Tognoni:

    ""Es gibt zum Glück einige wenige Journalisten, die sich schon seit vielen Jahren mit diesen Themen befassen, aber ein Journalist wird ja zu einem großen Teil belogen, ob das jetzt in der Industrie geschieht, in der Politik oder im Sport und es ist nun einfach so, dass man nur schwierig an diese fast geheimbündlerischen Tätigkeiten herankommt."

    Tognoni gilt als einer den wenigen Kritiker, der die FIFA von innen kennt und deren internen Machenschaften selbst zum Opfer gefallen ist. Als ehemaliger Marketing- und Pressechef wurde er für die schlechte Medienberichterstattung über Blatter persönlich verantwortlich gemacht und von diesem fristlos entlassen. Als Insider redet er heute offen über Korruption im Weltfußballverband und auch darüber, welche Macht dieser auf der politischen Bühne besitzt. Ob von Prinz Charles oder Bundeskanzlerin Angela Merkel - Blatter wird überall in der Welt empfangen wie ein Staatsoberhaupt der Nation Fußball, sagt Tognoni:

    "Es ist unglaublich, wie sehr sich Regierungen verbiegen vor einem Sportverband, um eine Weltmeisterschaft zu bekommen. Ein fast unwürdiges Schauspiel. Um für eine FIFA-Weltmeisterschaft kandidieren zu können, braucht es derartige Verrenkungen, dass man das als Normalbürger schon kaum mehr erfassen kann."

    Den Aufstieg des Fußballs zum Wirtschaftsgut Nummer eins hat die FIFA vor allem den Medien zu verdanken, denn diese zahlen von Mal zu Mal immer höhere Preise für die Übertragungsrechte der WM. Während die WM 1990 in Italien der FIFA 57 Millionen Euro an TV- und Sponsorengeldern einbrachte, waren es 2010 in Südafrika 2,3 Milliarden. Das entspricht einer 40ig fachen Wertsteigerung innerhalb von 20 Jahren. Das Geld fließt zum Teil auch in satte Boni für die Exekutivmitglieder, weiß Guido Tognoni. 42 Millionen in den letzten 2 Jahren, da erblasst sogar jeder Banker vor Neid. Ein Schweizer Journalist traute sich Blatter einmal nach seinem Gehalt zu fragen. Zunächst versuchte er es zaghaft mit einer Schätzung.

    "Nein, es gibt keine Schätzungen, es gibt spezifische Zahlen und diese werde ich, wenn ich konkret gefragt werde, aber die Frage wurde mir noch gar nie gestellt.
    "Ich stelle sie jetzt. Wie viel beziehen Sie pro Jahr?"
    "Ich gebe diese Antwort via Finanzkommission dem Exekutivkomitee."

    Wie nicht anders zu erwarten blieb auch diese Frage des Journalisten unbeantwortet. Wie die vielen Fragen nach den Bestechungsskandalen auch. Von einer hausinternen Ethikkommission, die Blatter selbst ernannt hat, wurde er kurz vor seiner Wiederwahl von allen Vorwürfen freigesprochen. "FIFA-Wahl geriet zur Farce" titelten fast einstimmig alle Zeitungen. Doch im Staate Fußball gelten nach wie vor die eigenen Gesetze.