
In Italien schüttelt man nur den Kopf über Claudio Lotito. Vom Lazio-Ultra bis zur Trainer-Vereinigung finden alle die Verhaltensweise des Lazio-Präsidenten "lächerlich", "merkwürdig" oder "seltsam". Lotito hatte Vladimir Petkovic kurzerhand ein Arbeitsverbot ausgesprochen, nachdem der Trainer sich mit dem Schweizer Verband über die Nachfolge Ottmar Hitzfelds geeinigt hatte.
Lotito fühlte sich hintergangen. Er hält es für nicht korrekt, sich während des laufenden Spielbetriebs mit einem anderen Arbeitgeber einzulassen. Wenn man das doch tue, müsse man seinem Präsidenten Bescheid geben, meint er.
Genau dies tat Petkovic aber nicht. Er informierte Lotito erst am Tag der Unterschrift.
Juristisch hat er nicht einmal etwas falsch gemacht. Zwar verbietet das italienische Sportrecht einem Trainer Vertragsverhandlungen während der laufenden Saison mit einem anderen Verein. Im Regelwerk ist aber nur von einem "anderen Verein", nicht von einem "anderen Arbeitgeber" die Rede. Auf diesen feinen Unterschied macht Renzo Ulivieri, Präsident der Trainervereinigung AIAC, aufmerksam. Hätte Petkovic statt des Schweizer Verbandes mit einem Klub verhandelt, hätte er sich eines Vergehens schuldig gemacht. Weil es sich um einen nationalen Verband handelte, ist alles rechtens. Ein Geschmäckle freilich bleibt.
Einen drauf setzte nun aber noch Lotito. Weil er Petkovic das laut Vertrag ausstehende Gehalt nicht zahlen möchte, entließ er ihn nicht einfach, sondern stellte ihn nur von seinen Aufgaben frei. Das führte zu der bizarren Situation, dass Petkovic trotz seiner Entmachtung das Recht gehabt hätte, am Montag seine alte Mannschaft im Ligaspiel gegen Inter Mailand zu coachen. Kurz bevor die Geschäftsstelle der Serie A heute Nachmittag die Pforten schloss, traf dort aber die Nachricht mit der offiziellen Entlassung Petkovics ein. Nachfolger Edy Reja, der seit 30. Dezember das Training leitet, darf nun am Montag auch an der Seitenlinie stehen.
Der Streit zwischen Petkovic und Lotito ist indes nicht beigelegt. Um die ausstehenden Prämien und Gehälter wird demnächst vor dem Arbeitsgericht gerungen. Genannt werden Summen zwischen 400.000 Euro und 900.000 Euro. Hat Lotito dort Erfolg, wäre auch für andere sparwillige Präsidenten der Weg frei. Denn ein Motiv, sich hintergangen zu fühlen, findet sich im Fußballgeschäft ganz schnell. Vor allem, wenn das Beleidigtsein gleich das Gehalt für den nächsten Trainer einbringt.